▪︎Kapitel 20▪︎ I wanna wake up!

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PoV Becc

Ich kann es immer noch nicht fassen, sie hatte einen Unfall. Sie könnte in jedem dieser Momente sterben. Und ich Idiot habe ihr gesagt, dass ich sie hasse. Das war das letzte was ich zu ihr sagte. Ehrlich gesagt ging es mir mal wieder so richtig mies, ich nahm die Schuld an unserem Streit wieder komplett auf mich und machte mir extreme Vorwürfe, ich hätte etwas tun sollen.
"Becc, du kannst mit zu ihr kommen, wenn du willst. Also auf die Intensivstation.", sagte ihre Mutter, als sie auf mich zuging und wischte sich ihre Tränen etwas aus dem Gesicht. Mir stockte der Atem. Klar, ich wollte bei ihr sein, aber ich kann gerade nicht. Ich kann das Alles nicht mehr.

Trotzdem, obwohl sich alles in mir dagegen sträubte ging ich mit auf die Intensivstation, in der sie jetzt lag. Je mehr Schritte ich ging desto schwerer wurden meine Füße. Sie zitterten als ich durch das Fenster auf ihr Bett hin sah. Da lag sie, so unschuldig, so liebenswürdig und trotzdem ließ dieses Universum ihr den Himmel auf den Kopf fallen.
Mit einer Sondergenehmigung durften wir jetzt schon, einige Minuten nach der Op, zu ihr. Ihre Mutter griff, kurz bevor sie die Türklinke öffnete, meine Hand.
"Becc, ich denke das ist jetzt wirklich schwer für uns beide." Ich nickte nur, da ich in Gedanken schon wieder den Tod im Eck ihres Zimmers stehen sah. Grässlich und Grauenvoll, wie er in ihrem Zimmer stand und nur darauf wartete, dass sie aufgab.

Aber sie wird kämpfen, sie muss kämpfen.
Als wir den Raum betraten stockte mein Atem. Sie war an sämtliche Kabel, Schläuche und Monitore angeschlossen. Und sie war entubiert, sprich sie hatte einen riesigen Schlauch in ihrer Luftröhre.
Bei diesem Anblick wurde mir schlecht, ich wollte nur noch weinen, nein besser nicht mehr in diesem blöden Universum leben. Sie hat nichts in ihrem Lebeb falsch gemacht, keiner Fliege was zu Leide getan und trotzdem wird sie so vom Leben bestraft?
Ich hätte es sein sollen. Ich hätte anstelle ihrer dort liegen müssen. Denn ich habe im Gegensatz zu ihr schon sehr viel Mist in meinem Leben gebaut.

Diese Situation macht mich einfach so extrem fertig: Normalerweise kümmern mich andere Menschen nicht wirklich viel, aber diese Person ist die Erste, die anders ist. Vielleicht kann ich es nicht mich an andere Personen zu binden, vielleicht wäre ich besser allein. Aber ich liebe sie. Ich brauche sie. Ich kann sie nicht verlieren.
Ich setzte mich zu ihrer Mutter und ihr ans Bett und hielt ihre Hand. Als ich diese warme und weiche Hand in meiner spürte wurde mir alles zu viel. Ich konnte nicht mehr. Mir wurde alles zu viel. Tränen tropften aus meinen Augen und rannen meine Wangen herunter. Ich hörte nichts mehr um mich herum, gar nichts mehr.

Warum musste das passieren?! Warum diesem Menschen?! Sie ist doch so perfekt. Ich will nicht, dass ihr so etwas passiert.
Plötzlich nahm mich jemand auf den Arm. Ich hatte weder ein Zeit noch ein Raumgefühl mehr. Ich wurde von ihr weggezogen, meine Hand glitt duch ihre bis zu ihren Fingerspitzen und dann griff sie ins Leere. In diesem Moment nahm ich meine Umwelt einfach nicht mehr war. Die Person, warscheinlich mein Vater oder so, setzte mich ins Auto.
Ich wollte nichts mehr fühlen, nein ich tat es auch nicht mehr.

Zuhause angekommen wurde ich ins Wohnzimmer getragen und auf die Couch gesessen. Mein ganzer Körper begann zu zittern.
Ich hörte mein Herz immer schneller werden und mir liefen Tränen über die Wangen. Ich will nur noch zu ihr, zurück ins Krankenhaus, ihre Hand halten, ihr beim kämpfen zur Seite stehen. Aber ich kann nicht. Ich bin mental nicht wirklich dazu in der Lage.
Natürlich, ich bin wieder die, die bei dem kleinsten Anzeichen von dem, dass mich jemand bräuchte Leine zieht.
Ich will aufwachen, kann das alles bitte ein Albtraum sein? Kann ich einfach wieder aufwachen unnd alles wird wieder normal? Ich würde mich bei ihr für alles entschuldigen, wir würden uns wieder treffen, sie würde mich wieder küssen... nein. Das Schicksal hat sich mal wieder mit einem Grinsen dazu entschieden mir einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Was wenn das gerade das letzte Mal war, dass ich ihre Hand halten durfte. Was wenn sie in diesem Moment stirbt?
"Becc? Beccy? Liebling?", fragte mein Vater mich als er sich neben mich auf die Couch setzte. Ich konnte nicht antworten, in diesem Augenblick wollte ich, nein konnte nicht sprechen. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und Tränen liefen mir die Wangen runter und tropften auf das Sofa. Nach einigen Minuten verharren und in die Leere starren flüsterte ich :"Wenn sie jetzt stirbt... war das letzte was ich zu ihr sagte, ich hasse dich. Ich werde mir das nie verzeihen.".

Bei diesen Worten begann mein ganzer Körper zu beben. Ich sagte wirklich, ich hasse dich.
Mein Vater versuchte mich aufzumuntern, aber vergeblich. Gerade wollte ich mich nicht ablenken lassen. Ich war enttäuscht von jedem und allem und am meisten von mir selbst. Von der Person die ich täglich im Spiegel sehen muss. Langsam bin ich es Leid. Warum existiere ich noch? Warum lebe ich noch? Was soll das Ganze? Ich will weg von hier. Auf der Stelle!
Stunden oder Tagelang lag ich auf diesem Sofa und redete mit keinem. Ich aß auch nichts. Ich fühlte nichts mehr. Gar nichts mehr.
Noah kam zu mir auf die Couch und versuchte mit mir ein Gespräch zu beginnen :"Becc, du musst mir jetzt ganz genau zuhören: Ich habe so etwas schonmal gelesen. In einem Märchen. Da war ein Mädchen, eine Prinzessin, welche sich an einer Nadel stach und in einen hundertjährigen Schlaf fiel. Und dann kam da ein Prinz, also hier eine weitere Prinzessin und befreite sie von ihrem Leid durch einen Kuss. Verstehst du mich nicht? Das seid ihr, Isabella und du! Ich glaube sie kann auch durch eure Liebe gerettet werden."

Bei seinen Worten stiegen mir wieder Tränen in die Augen, eigentlich war er doch noch so klein. Aber er konnte teilweise etwas besser erklären, als so mancher Erwachsener. Leider befinden wir uns hier nicht in einem Märchen. Es ist die bittere Realität. Sie hat im Prinzip fast keine Überlebenschance, wenn sie die Blutungsstörung nicht auch noch hätte wäre ihre Chance höher. Aber so ist sie nahezu bei Null.
Trotzdem hat er Recht. Ich muss zu ihr, sofort. Auf der Stelle. Ich kann ihr zwar bei ihrem Kampf um Leben und Tod nicht helfen, aber ich kann ihre Hand halten. Ich will für sie da sein. Ihr beistehen. Sie ist zwar eine Kämpferin, aber etwas Rückendeckung ist für jeden hilfreich. Eine Person, die an dich glaubt, die die Hoffnung niemals aufgibt. Bis zum Schluss.

"Papa? Kannst du mich ins Krankenhaus bringen?", fragte ich wie geplant meinen Vater. Der war zwar etwas verblüfft von meinem doch sehr plötzlichen Umdenken, aber willigte letztendlich doch ein.
"Okay, ich kann dich fahren, aber du musst mir versprechen ruhig zu bleiben, okay? Also zumindest so ruhig wie es geht."

It's kind of crazy [girlxgirl] || ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt