▪︎Kapitel 28▪︎ Alte Bekannte

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PoV Becc

Ich will nicht, dass sie hier ist. Ich will und kann ihr nicht mehr in die Augen sehen. Warum muss ich genau jetzt eine Person treffen, die mich an mein altes Leben erinnert? Kann ich nicht einmal einfach glücklich sein?
Ich bin in einer perfekten Beziehung meine mentale Gesundheit ist... naja ganz gesund bin ich nicht, ich erinnere nur an den Suizidversuch, aber in diesem Moment bin ich ziemlich stabil. Also so fern man das so nennen kann.

Irgendwie konnte ich mich jetzt auch nicht mehr lange auf dem Klo verstecken. Vielleicht sollte ich einmal meinen Ängsten stellen? Wäre glaube ich mal ein guter Anfang.
Schließlich war sie wirklich einmal extrem lieb zu mir, also bevor mir das Dilemma mit der Trennung meiner Eltern und dem Kontaktabbruch mit meinem Vater passierte.
Davor war ich ein gesunder Mensch. Ich hatte Freunde, ziemlich viele sogar und allgemein hatte niemand etwas gegen mich. Nach der Trennung und dem Verlust meines Vaters war alles anders:

Ich zog mich immer mehr zurück, begann mich selbst zu verletzen und ließ niemanden mehr an mich ran. Keine meiner Freundschaften hat so lange bestanden, irgendwann konnte ich mich mehr oder weniger damit anfreunden und ich war einfach der Creep, die Komische, die niemand mochte. Ebenfalls war ich die Person, die gerne für ihr Aussehen fertig gemacht wurde.
Einer der Gründe warum ich mir auch meine Haare komplett abrasierte. Sollten sie doch lachen, über mich reden, lästern, es war mir irgendwann egal und ich begann sogar es zu provozieren.
Durch diese Situation verlor ich auch den letzten Menschen, der hinter mir stand... Jenny. Sie war die Letzte, die verschwand.

Ich versuchte mich zusammen zu reißen, verließ die Toilette und ging zu ihr zurück. Ich setzte mich neben sie und einige Minuten herrschte eine angespannte Stille.
Plötzlich wandte sie sich an mich :"Becc, ich wollte das Alles nicht! Es tut mir so unendlich Leid! Alles was da passierte war niemals meine Absicht!"
"Was erwartest du jetzt von mir?", fragte ich den Tränen nahe :"Denkst du wirklich ich kann dir vom einen auf den anderen Moment verzeihen?"
"Ich weiß, wir haben dich zerstört. Und nein, das erwarte ich natürlich nicht von dir. Aber ich hoffe, dass wir zumindest so miteinander auskommen können, dass wir zusammen arbeiten können."
"Klar, um das geht es dir wieder.", antwortete ich eingeschnappt und eiskalt :"Deine Leistung zählt für dich und dafür gehst du über Leichen!"
"Das stimmt nicht.", versuchte sie mir verzweifelt zu erklären.

Aber wir beide wussten, dass ich Recht hatte. Schon immer war sie extrem ehrgeizig und ließ dafür auch mal ihr Umfeld sitzen.
Dennoch war sie einer der besten Menschen damals, in meinem Leben und ich denke das weiß sie auch.
"Nein, ich habs nur falsch ausgedrückt. Ich will natürlich nicht nur, dass es für meine Leidtung gut ist, sondern du sollst auch davon profitieren.", fügte sie hinzu.
"Plötzlich bin ich wieder wichtig?", fragte ich hönisch:
"Warum war ich dir nicht wichtig, als du abgehauen bist? Warum bist du gegangen? Hast mich einfach sitzen lassen? Mich mit den Anderen ersetzt?"

"Becc, ich habe mich geändert. Ich bin kein solcher Mensch mehr.", erklärte sie mir. Ja, das sagen sie alle: Du akzeptierst es, freundest dich wieder mit ihr an und dann stehen sie hinter dir. Natürlich, weil die Kugel von vorne kommt. In dieser Welt kannst du niemanden trauen.
"Natürlich.", antwortete ich genervt. :"Du hast dich genauso geändert wie die anderen: Lena, Lucie, Felix, Madleen und alle anderen die ich vor noch gar nicht so langer Zeit meine Freunde nannte."
"Lass mich es dir beweisen: Deine Freundin und du seid extrem süß.", erwiderte mit einem Lächeln auf den Lippen.

"Danke, aber du weißt, dass das nun wirklich kein Beweis ist, oder? Eher Stalking.", erklärte ich ihr.
"Ja, ist mir klar. Aber vielleicht interessiert es dich, dass ich mit den Anderen nicht mehr befreundet bin?", versuchte sie mich zu überzeugen.
"Ne ehrlich gesagt interessiert es mich nicht wirklich, sorry.", gab ich ich sehr deutlich zu verstehen. Sie stand auf und drehte sich mit den Worten :"Ich hab mich geändert, aber du bist immernoch die Gleiche geblieben." um und ging schnellen Schrittes von mir weg.
Ich sah ihr verdutzt, aber auch verletzt hinterher. Das konnte doch nicht wahr sein. Tränen stiegen mir in die Augen. Eigentlich war mir ihre Meinung ziemlich Schnuppe, aber der letzte Satz war doch äußerst verletzend.

Denn ich habe mich geändert. Ich habe mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, aber was weiß sie schon. Oder stimmt es wirklich? Bin ich immer noch der selbe Idiot wie früher? Kann sein.
Ich sah zu Boden, plötzlich sah ich ein paar Schuhe in meinem Blickfeld. Es waren ohne Zweifel Jacks abgenutzte Turnschuhe. Er bemerkte wahrscheinlich meine miese Laune, da er sich neben mich setzte und einen Arm um mich legte.
Eine Zeit lang schwiegen wir nur, aber letztendlich fragte er mich dann doch was denn los sei und ich entgegnete ihm nur, dass alles okay war und ich mir nur etwas Sorgen wegen Bella machte. War ja auch nicht gelogen, ich hatte enorme Angst um sie. Um meine Freundin. Diese Worte brachten mich immer noch zum Lächeln. Sie war wirklich das schönste, was mir jemals passierte.
Eine der Personen für die es sich wirklich lohnt weiter zu leben. Nicht aufzugeben, sich nicht von irgendeiner psychischen Krankheit kaputt machen zu lassen.

Eine Träne lief mir über die Wange. Leider musste ich wirklich zugeben, dass ich krank bin und ich Behandlung bräuchte. Aber es gibt sicher Menschen, denen es viel schlechter geht. Vielleicht gehe ich zu diesem Psychologen und er schickt mich sofort wieder heim, da ich keine Probleme habe, die groß genug wären.
Dieser Gedanke wurde vom aufschwingen der Op Saaltür unterbrochen. Einer der Ärzte kam auf uns zu, während die anderen Bella in ihrem Bett wieder zurück auf ihr Zimmer fuhren.

Das erste Mal sah ich einen Arzt lächelnd auf mich zu gehen.
"Die Op ist sehr gut verlaufen. Wir konnten alles flicken und wahrscheinlich kann sie wieder laufen. Sie müssen wissen, die Kleine ist eine echte Kämpferin!"
Hinter mir hörte ich den Freudenschrei ihrer Mutter.

Ich und Jack sahen uns an und schrien ebenfalls vor Freude. Sie hat diesen Kampf gewonnen. Sie ist am Leben und ab jetzt für immer meine Freundin. Klar, vor ihr hatte ich schon einige Beziehungen mit anderen Mädchen, trotzdem habe ich  noch nie so eine schöne Persönlichkeit treffen dürfen. Sie ist der Mensch mit dem ich alt werden will. Sie ist der Mensch mit dem ich den Aufenthalt im Altersheim gemeinsam verbringen will.
Das erste Mal in meinem Leben spüre ich durch sie den Wunsch eine Familie zu gründen, ein großes Haus mit Garten zu bauen, vielleicht eine Weltreise zu machen, allgemein das erste und einzige Mal mit einem anderen Menschen glücklich zu werden.

It's kind of crazy [girlxgirl] || ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt