▪︎Kapitel 37▪︎ Idiot

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PoV Becc

Warum hat mich dieses Mädchen so plötzlich geküsst? Was zum Teufel sollte das? Warum hat sie das getan?
Was genau hat sie davon mich einfach so zu küssen?
Aber klar: Sie wollte meine Beziehung ruinieren. Sie mochte mich von Anfang noch nie, wir hatten vielleicht auch nicht umbedingt den besten Start. Aber warum würde sie Bella und mir jetzt alles verderben wollen?
Ihr ist durchaus bewusst wie schlimm es Bella wegen Sophias Tod geht, aber anscheinend ist nachtreten wenn jemand am Boden liegt in einer solchen Freundschaft eine Art Brauch.

Anstatt sich unterstützen machten sie sich gegenseitig immer fertig. Klar, noch nie war ich ein Profi in Freundschaften, aber sogar mir ist klar, dass so etwas ziemlich runterzieht.
Auf Sophias Beerdigung habe ich Isabella nicht begleitet, da es mir dadurch wahrscheinlich noch schrecklicher ergehen würde. Normal halte ich nicht so viel von Selbstmitleid, aber zur Zeit war ich wirklich am Ende. Völlig am Ende.
Eine Woche war Sophias Tod her und seitdem hatte ich mit niemanden Kontakt. Den ganzen Tag saß ich in meinem Zimmer und machte mir Vorwürfe. Gerade mir sollte zwar klar sein, dass niemand niemals an einem Suizid Schuld sein könnte.

Trotzdem glaubte ich, dass es bei diesem Tod anders war. Ich war mit Schuld an ihrem Tod. Sie hätte sich nicht umgebracht, wenn ich niemals in diese Stadt gekommen wäre. Oder etwa doch?
Leise klopfte es an der Tür und Noah betrat mein Zimmer. Ohne irgendetwas zu sagen setzte er sich neben mich und legte seinen Arm um meine Schultern. Meistens konnte niemand mich mit unendlich vielen Worten trösten, aber eine Umarmung zum Beispiel vollbrachte bei mir Wunder.

Das wusste er genau. Kleine Gesten wie diese liebte ich so an ihm. Er war so einfühlsam und wusste meistens genau was andere Menschen empfanden. Allgemein war ich extrem stolz auf meinen kleinen Bruder. Er war das genaue Gegenteil von mir: In der Schule waren seiner Arbeiten so gut wie jedes Mal unter den Besten zu finden, er liebte es sich sportlich zu betätigen, liebte es sich über Themen zu informieren und er konnte extrem gut mit anderen Personen umgehen.
Ich bin sein glattes Gegenteil, in der Schule war ich noch nie besonders gut, Sport war auch noch nie umbedingt mein Fall und beim Thema Sozialkompetenz sollte ich lieber gar nicht anfangen.

Gerade eben habe ich sogar eine Person in den Suizid getrieben, indirekt meine Freundin verletzt und allgemein überforderte mich gerade jeder Versuch einen klaren Gedanken zu fassen. Der restliche Tag zog einfach an mir vorbei, da ich einfach nichts weiter machte, als in meinem Bett zu liegen und eingerollt in meiner Bettdecke zur Zimmerdecke zu starren. Gegen Abend fasste ich mein letztes Fünkchen Motivation zusammen und plante Isabella anrufen. Doch diese unterließ es nicht nur abzunehmen, nein sie drückte meinen Anruf sogar weg.

Da sie normal immer wie ein Wasserfall sprechen wollte nahm ich an, dass sie entweder traurig war oder etwas über die Angelegenheit mit Michelle mitbekommen hatte.
Eigentlich war mein Plan es ihr selbst irgendwie beizubringen. Ich wollte Michelle nicht küssen, nie im Leben. Von Anfnag an mochte ich Michelle nicht und in der Regel ändere ich meine Einstellung zu anderen Personen nicht besonders schnell.
Denn wenn mich jemand irgendwie schlecht behandelt, kann ich diese Person auch nicht umbedingt gut in meiner Nähe ertragen.

Nach einiger Zeit vergeblichen versuchens Bella zu erreichen, beschloss ich einfach zu ihr zu gehen. Möglicherweise war sie einfach so fertig wegen Sophia, dass sie sich einfach abschotten wollte. Trotzdem hatte ich irgendwie das Gefühl nach dem Rechten sehen zu müssen.
Normalerweise nahm sie meine Anrufe immer ab, egal wie es ihr ging. Schon immer gehörte sie eher der Gruppe Menschen an, die gerne über ihre Gefühle oder Probleme sprachen und normal nichts verbergen würden.

Was das anging war sie mein komplettes Gegenteil: Noch nie war ich eine Person, die offen ihre Gefühle ansprach, geschweige denn über meine Probleme reden wollte.
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Körper aus als ich die Haustür hinter mir schloss. Irgendwie kam mir diese gesammte Angelegenheit etwas seltsam vor.
Seit dem ungewollten Kuss mit Michelle fühlte ich mich extrem schuldig.

Niemals wollte ich wieder der Mensch werden, der seine Freundin jemals betrügen würde.
Bisher war ich in meinem Leben so gut wie immer ein Mensch, dem man nicht vertrauen konnte. Einige meiner Exfreundinnen können das wahrscheinlich bestätigen.
Ich war einfach untreu und unter dem Strich ein Idiot. Ständig habe ich Menschen verletzt und irgendwie spürte ich so langsam wieder, wie mich meine Vergangenheit wieder einholte.
Wahrscheinlich vor allem durch Jenny. Als sie plötzlich wieder in mein Leben eintrat beschäftigte ich mich automatisch mit meiner Vergangenheit. Daran zurück zu denken war schrecklich für mich, nein ich war ein schrecklicher Mensch.
Mein ehemaliges Leben war zusammengesetzt aus, von anderen Menschen verletzt werden und ich reagierte darauf, indem ich ebenfalls eiskalt wurde und einige Menschen verletzte.

Als ich die Straße überquerte stockte ich kurz. Hier geschah es. An diesem Ort hatte sie ihren Unfall. Durch diesen wurden wir eigentlich erst so zusammengeschweißt, dass ich dachte nichts auf dieser Welt könnte uns jemals wieder trennen. Leider konnte ich es einige Wochen später nicht mehr bestätigen: Vielleicht wusste sie von dem Kuss? Vielleicht hat es Michelle erzählt, um uns zu schaden. Unserer Beziehung. Das einzige was mir in diesem Universum noch als wichtig erschien.
Vor ihrem Haus angekommen hörte ich mein Herz bis zum Hals klopfen. Ein enormes Schuldgefühl lastete auf meinen Schultern. Natürlich wollte ich Michelle nicht küssen, war mit der Sitation völlig überfordert und habe sie am Ende des Tages trotzdem geküsst.

Ihre Lippen waren auf meinen und somit konnte ich mich nicht einmal irgendwie rausreden oder es ihr vielleicht sogar verheimlichen. Eine Weile stand ich vor der Tür, dann hörte ich Schritte und der Schlüssel wurde umgedreht.
"Hallo, Becc.", begrüßte mich ihre Mutter mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Ich erwiederte auch ein leises "Hallo" und fragte, ob Isabella da wäre.
"Nein, ist sie nicht, außerdem will sie dich nachdem, was du ihr angetan hast wahrscheinlich nicht sehen. Tut mir Leid.", erklärte sie mir und wollte die Tür schon wieder schließen.

Ich stellte aus Reflex meinen Fuß dazwischen und versuchte ihr zu erklären, dass es nicht meine Absicht war. Doch sie glaubte mir überhaupt nichts und ich hatte das Gefühl sie sei sehr enttäuscht von mir. Genauso wie ich es war. Wie jeder es war. Von mir enttäuscht.

It's kind of crazy [girlxgirl] || ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt