▪︎Kapitel 10▪︎ Krankenhaus

1.6K 88 2
                                    

PoV Becc

Also über diese Situation von gestern wollt ich ehrlich gesagt gar nicht nachdenken. Warum darf ich keine abrasierten Haare haben? Ist das jetzt verboten oder was?
Immer diese Menschen, selbst des Todes langweilig sein und dann auf anderen rumhacken, weil sie ja nicht perfekt aussehen. Was bringts ihnen?
Plötzlich vibrierte mein Handy, eine Nachricht von Isabella, na endlich ich dachte schon sie sei irgendwie gestorben, weil sie mir lange nicht mehr zurückschrieb. Eigentlich gar nicht ihre Art.
"Hey, ja ich würde mich liebend gerne mit dir treffen, aber gerade liege ich noch im Krankenhaus und bleibe da bis Morgen."

"Ach du Scheiße!", schoss es mir durch den Kopf, was wenn etwas schlimmes passiert war, ich muss dahin.
Den Weg zum Krankenhaus kannte ich ja, da ich noch nicht das erste Mal in diesem Haus lebte. Also entschied ich mich sie zu überraschen, könnte vielleicht schief gehen, aber jetzt habe ich endlich die Möglichkeit ihr Blumen zu schenken ohne das es dumm kommt, dachte ich mir mit einem Lächeln auf den Lippen.
Ich wusste zwar nicht ganz was sie hatte, aber das werde ich schon noch herausfinden. Schließlich konnte sie noch schreiben, also wird es schon nicht so schlimm sein.
Zuerst ging ich in den Blumenladen neben unserem Haus und ließ mir einen schönen Strauß aus verschiedenen Blumenarten zusammenstellen.
Dann schrieb ich meinem Vater wo ich hinwollte und wartete auf den Bus, der einmal täglich in Richtung Krankenhaus fuhr. Es ist wirklich lustig, ich fand zu nächsten Krankenhaus, aber niemals zum Supermarkt.

Lag wahrscheinlich an der Sache, die meinem Cousin Vincent vor ein paar Jahren passierte. Ich habe sehr gemocht. Bei ihm wurde eines Tages Leukämie diagnostiziert und dann ging es nur noch bergab. Von einem Arzt zum anderen, dann wieder wechseln, wieder einen Neuen suchen und letztendlich konnte ihm niemand helfen. Nach vier Jahren tapferem Kampf erlag er seiner Krankheit, in diesem Krankenhaus.
Ehrlich gesagt wusste nicht recht viel mehr als die Lage des Krankenhauses, denn ich war zu diesem Zeitpunkt, auch erst sechs Jahre alt und verstand sowieso nicht ganz was da im Detail passierte.
Außerdem wurde in meiner Familie nie darüber gesprochen, es wurde einfach totgeschwiegen. Eigentlich war ich auch noch nie sehr traurig darüber, wahrscheinlich, weil ich als Kind nicht wusste wie ich damit umgehen sollte.

Am Krankenhaus angekommen fragte ich an der Rezeption nach ihr und wurde ins Zimmer 233 auf der Kinderstation verwiesen. Als ich das letzte Mal hier war, war alles so anders, heute ist alles schön verziert und im Gegensatz zu damals, gab es hier wirklich nette Pfleger und Ärzte.
Dann sah ich eine Jobanzeige für Pfleger hier, war eigentlich nichtmal so eine schlechte Idee dachte ich mir und fotografierte die Anzeige ab.
Endlich war ich am richtigen Zimmer angekommen. Ich klopfte, wahrscheinlich genauso nervös wie es mein Herz gerade tat.
Dann betrat ich den Raum und eine Mädchenstimme rief mir entgegen :"Hey, Becc, mit dir habe ich eigentlich gar nicht gerechnet, freut mich, dass du hier bist! Komm her lass dich umarmen!"

Ich umarmte sie und überreichte ihr die Blumen mit einem kurzen: "Hier, für dich!" Sie bekam leuchtende Augen und erzählte mir aufgeregt, dass sie eigentlich noch nie Blumen bekommen hätte.
Ich fand es immer unnormal süß wenn sie rot wurde, während sie mit mir sprach.
Ich fragte sie warum sie hier sei und sie erklärte mir lachend, dass sie sich eigentlich nur in den Finger schnitt und sofort im Krankenhaus landete.
Irgendwie kam mir ihre Fröhlichkeit, anders wie sonst sehr gestellt vor,
aber vielleicht ist sie auch etwas angeschagen wegen der Krankenhaussituation.
Ich erzählte ihr, dass ich vielleicht vorhatte mich hier als Pflegerin zu bewerben und bekam von ihr zurück, dass es sicher ein schöner Beruf für mich wäre, da ich sehr gut mit Menschen umgehen konnte.
Diese Aussage brachte mich so zum lachen, dass ich fast weinen musste. Ich und gut mit Menschen klarkommen?

Ich will daran erinnern: meine Mam warf mich vor ein paar Wochen raus und ich schmiss einer ihrer Freundinnen vor kurzem einen Ball ins Gesicht und sie fand trotzdem ich könne gut mit Menschen umgehen?
Dann klopfte es an ihrer Tür. "Deine Eltern, oder?", fragte ich leicht panisch, da Eltern normal nie mit mir auskamen. "Eigentlich nicht, die sind kurz bevor du kamst gefahren.", antwortete sie und mir fiel ein Stein vom Herzen.
Dann betraten drei Mädchen das Zimmer, ich kannte sie alle drei vom Handballtraining. Ich verdrehte die Augen, kann ich bitte gehen? Die eine war Michelle, die anderen beiden mussten dann Nora, die die ein Ball im Gesicht traf und Mia sein, die mich nachdem ich Nora mit dem Ball traf beschimpfte.

"Oh sorry, wusste gar nicht, dass du Besuch von deiner Lieblingslesbe hast, wenn ihr beschäftigt seid können wir ja wieder gehen.", fragte Michelle provozierend.
Ein "Verzieht euch!", lag schon auf meiner Zunge, aber Isabella versuchte etwas zu sagen, bevor ich es tat :"Bitte nennt sie nicht so, sie ist es nämlich nicht einmal.", sagte sie, ich sah sie entgeistert an, aber als sie dann nach meiner Hand griff war ich auch schon ruhig.
"Eigentlich sind wir ja hier um mit dir zu reden. Unter acht Augen!", entgegnete sie und sah mich argwöhnisch an. Isabella erklärte aber, es gäbe nichts was ich nicht wissen dürfte und sie könnten anfangen.
"Also", fing das dritte Mädchen, Nele, an, "wir wollten uns eigentlich entschuldigen". Alle drei nickten zustimmend, was ich etwas komisch fand, da es wie einstudiert auf mich wirkte.

"Akzeptier diese Entschuldigung nicht, akzeptier diese Entschuldigung nicht, sie haben es nicht einmal begründet!", versuchte ich Isabella via Gedankenübermittlung zu erklären.
"Warum sollte ich euch verzeihen, Nele?", fragte sie das Mädchen, das gesagt hat sie wären zum entschuldigen da.
"Weil wir deine Freunde sind und du uns brauchst... und wir dich auch", gab sie dann endlich zu. Dies brachte Isabella auch schon dazu, dass sie die Entschuldigung annahm.
Klar, ist alles ihre eigene Meinung, aber ich würde es niemals als Entschuldigung akzeptieren. Deshalb habe ich wahrscheinlich auch fast keine Freunde, naja okay. 
Nach einigen relativ uninteressanten Gesprächswechseln, gingen sie auch schon wieder. Ich sah Isabella mit einem komischen Blick von der Seite an. "Naja was hätte ich den anderes tun sollen? Sie mit einem Ball abwerfen?", fragte sie mich provokativ. Ich boxte sie liebevoll in die Seite und sie lächelte mich an.
Wir sahen uns eine Zeit lang in die Augen und unsere Gesichter näherten sich. Sie unterbrauch es aber plötzlich: "Tut mir Leid, ich bin noch nicht so weit, glaube ich.", erklärte sie verlegen. "Nimm dir alle Zeit der Welt, niemand setzt dich unter Druck.", lächelte ich etwas enttäuscht zurück und legte mich neben sie ins Bett. In der Regel hasste ich kuscheln oder allgemein Körpernähe zu spüren, aber bei ihr fühlte es sich wirklich gut an.
Mit ihr Zeit zu verbringen war sowieso die schönste Beschäftigung, die ich mir vorstellen konnte.
Sie wuchs mir innerhalb so kurzer Zeit extrem ans Herz. Man könnte fast sagen, ich hätte mich ein bisschen in dieses Mädchen verguckt.

It's kind of crazy [girlxgirl] || ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt