▪︎Kapitel 21▪︎ Not alone

1.1K 64 0
                                    

PoV Becc

Kaum versah ich mich, saß ich auch schon wieder im Auto. In Richtung Krankenhaus. Ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob das jetzt wirklich die beste Entscheidung war, gleich wieder dorthin zu fahren. Ob ich gerade dazu fähig bin eine Entscheidung zu treffen, ist wahrscheinlich das andere Frage.
Das Auto wurde immer schneller und wir fuhren auf die Autobahn.
Mal wieder überforderte mich der Gedanke, an sie in diesem Bett liegend und mir kullerten Tränen über meine Wangen. Ich will nicht, dass sie stirbt. Ich würde es nicht verkraften können.

Als ich aus dem Fenster sah, sah ich einen sternenklaren Himmel. Dunkelblau mit schönen hellen Punkten darauf, Sternen. Dann entdeckte ich sogar eine Sternschnuppe und ich denke jedem war klar was ich mir in diesem Moment sehnlichst wünschte.
Mein Vater telefonierte gerade mit Isabellas Mutter über unsere Freisprechanlage, anscheinend kannten sie sich. Wusste ich gar nicht und um ehrlich zu sein gab es gerade Dinge, die mir wichtiger waren. Zum Beispiel Bellas Leben beziehungsweise, dass sie alle diese Torturen überlebte.

Ich wandte mich lieber wieder zu dem wunderschönen Sternenhimmel. Denn er war so perfekt, so markellos. Vielleicht wachten gestorbene Menschen wirklich von dort oben über ihre Geliebten? Vielleicht wird Isabella bald von dort oben über mich wachen? Wieder rollten mir Tränen über die Wangen und tropften auf meinen Schoß. Noch nie war ich ein gläubiger Mensch, aber inzwischen betete ich wirklich für sie, für Isabella. Sie muss es einfach überleben. Ohne sie will ich nicht weiter in diesem Universum existieren.
Dann kam das gressliche Weiß des Krankenhauses in meinen Blickwinkel. Eigentlich hätte es meine neue Chance werden sollen.

Mit meinem neuen Job sprich meiner neuen Lebensgrundlage.
Jetzt ist es aber nur noch Schauplatz einer meiner schlimmsten Albträume.
Immer noch konnte ich es nicht in Worte fassen, was da passiert war. Ich wusste nicht wie ich es mir erklären sollte. Warum musste plötzlich dieser Person, die innerhalb extrem kurzer Zeit eine der Wichtigsten in meinem Leben wurde, so etwas geschehen?
Relativ abrupt hielt mein Vater den Wagen an und fragte mich, ob wir noch ein bisschen sitzen bleiben sollten. Zumindest solange bis ich mich beruhigt hatte.

Nach wenigen Minuten stiegen wir aus dem Auto. Auf einmal lag ein sehr bedrückendes Gefühl und eine enorme Schwere auf mir, durch welche mir jeder Schritt näher zu diesem Haus schwerer fiel. Ich kam mir vor, als hätte ich eine Eisenkugel am Fuß. Mein Vater merkte, dass etwas nicht mit mir stimmte und fragte ob ich das wirklich machen wollte.
Ich entgegnete ihm, dass ich es ihr wirklich schuldig wäre und sie nicht verlieren wolle. Er nickte und legte seine Hand unterstützend auf meine Schulter. Als wir an der Rezeption ankamen, sprach mein Vater für mich, da ich inzwischen wirklich nicht mehr in der Lage dazu gewesen wäre.

Als wir auf dem Weg in Richtung ihres Zimmers waren, begann mein Körper wieder zu zittern. Davor angekommen schlug mein Herz wie ein Hammer in meiner Brust.
Mein Vater sagte mir, er würde wieder nach Hause fahren, da es aus hygienischen Gründen untersagt wäre viele verschiedene Personen gleichzeitig zu ihr zu lassen.
Ich drückte also die Türklinke mit einem mulmigen Gefühl und sah sie und einen Jungen bei ihr sitzen. Wortlos setzte ich mich zu den Beiden und nahm ihre Hand.
Einige Minuten saßen wir einfach wortlos da. Tränen liefen mir über die Wangen, während ich über ihre Hand strich. Ich konnte es immernoch nicht fassen, warum gerade ihr dieses Elend widerfahren musste.

Der Herzschlagmesser schlug regelmäßig aus und einige andere Geräte piepten ebenfalls. Sonst war alles still, totenstill.
"Du bist Becc, oder?", ich blickte auf und sah direkt in ein himmelblaues Augenpaar mit einem traurigen Blick.
"Ja.", sagte ich kurz angebunden und blickte wieder zurück auf Isabella. Sie war einfach so perfekt, immer wenn ich sie ansah, dachte ich es mir. Selbst jetzt, als sie mit einigen Schläuchen und anderen Verkabelungen zugepflastert war. Mein Blick wanderte über ihren verwundeten Körper hoch zu ihren Lippen. Ich würde alles dafür geben ihre Lippen nochmals auf meinen spüren zu dürfen.

"Ich bin übrigens Jakob, aber nenn mich ruhig Jack.", antwortete der Junge, der mir gegenüber saß. "Becc, sie hat dich wirklich geliebt, nein sie liebt dich wirklich! Ständig hat sie über dich gesprochen, es war fast schon etwas nervig, aber jetzt würde ich dafür sterben, dass sie mich weiter damit oder allgemein mit irgendetwas nerven würde."
"Von dir hat sie auch schonmal erzählt.", antwortete ich wieder und ich gab zu: "Da ich bisher nur auf dich eifersüchtig war, weil du mit ihr zusammen warst, weiß ich aber trotzdem nicht sehr viel von dir."
"Alles gut, über mich gibts auch nicht viel zu erzählen. Außer vielleicht, dass ich es wirklich süß finden würde, wenn ihr zusammen wärt. Ihr wärt das perfekte Paar. Du tust ihr wirklich gut."

Seine letzte Aussage war nun wirklich gelogen, ich tue niemanden gut. Ich verletze schnell Menschen und bin nicht sehr einfühlsam und breche so teilweise auch Herzen.
Trotzdem antwortete ich:
"Ich wär auch sehr gern mit ihr..."
Von einem heftigen Pipen wurde ich unterbrochen. Binnen Sekunden liefen einige Ärzte und Krankenschwestern herein und  schickten uns hinaus, während sie den Defibrillator, zum wiederbeleben hereinholten. Ich schrie nur noch. Es konnte doch nicht wahr sein. Tränen rannen nur so aus meinen Augen. Plötzlich hielt mich jemand mit einem festen Griff von hinten fest.
"Becc, beruhig dich! So hilfst du ihr auch nicht!", schrie mich Jack an. Der Herzschlagmesser piepte nun regelmäßiger und das Krankenbett wurde fertig zum Wegschieben gemacht. Alle riefen durcheinander, ich und Jack waren beide wie gelähmt. Wir saßen kurz nachdem sie sie weggebracht hatten einfach nur da, auf dem Boden und diese Ungewissheit, ob sie noch lebte oder nicht war schrecklich.
Er bat mir seine Hand an und ich legte meine in seine. Wir standen auf und setzten uns in den Wartebereich vor den Op in dem sie war, als ihre Mutter zu uns stieß.
Hektisch fragte sie uns was passiert sei und ihre Augen wurden wieder ganz glasig.

Jack antwortete ihr wir hätten absolut keine Ahnung, nur, dass irgendein Gerät ausschlug und sie den Defibrillator holten. Sie schrie auf und begann wieder zu weinen. Jack und ich sahen uns fragend an, aber wir wussten natürlich, dass es sicher nichts Gutes bedeuten könnte.
"Warum meine Tochter? Warum Isabella?", weinte ihre Mutter. Jack stand nun auf, nahm sie in den Arm und versuchte sie irgendwie zu beruhigen. Das konnte doch alles nicht war sein!
Dann trat der operierende Arzt zu uns heran. Er hatte einen ziemlich traurigen beziehungsweise bedrückten Blick und er sah betrübt nach auf den Boden.
"Es tut mir wirklich sehr Leid, aber ihre Tochter hat fast gar keine Überlebenschance mehr. Ihre Gehirnaktivität ist schon ziemlich heruntergefahren. Vielleicht wollen sie noch zu ihr? Dann müssen wir leider auch einmal über die lebensverlängernden Maßnahmen und das Abstellen der Geräte sprechen."

Die letzten Worte waren wie ein Schuss in mein Herz, und ich sackte auf den Boden.
Isabellas Mutter brach ebenfalls sofort in Tränen aus. Ich konnte es immer noch nicht fassen. Vielleicht werde ich sie jetzt das letzte Mal sehen und dann niemals wieder.

It's kind of crazy [girlxgirl] || ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt