PoV Isabella
Irgendwie konnte ich es immer noch nicht fassen: eine meiner besten Freundinnen hat sich umgebracht. Und ich konnte den Grund ebenfalls immer noch nicht nachvollziehen.
Also wirklich nicht. Was soll das? Bin ich Schuld? Ist die Beziehung von mir und Becc Schuld? Ich kann es beim besten Willen nicht verstehen.
Niemals wollte ich damit leben jemanden im Prinzip umgebracht zu haben, aber wer um alles in der Welt würde es bei einer scheinbar glücklichen Person vermuten? Irgendwie ist es immernoch unfassbar.Eine Woche ist ihr Tod schon her und seitdem komme ich nicht mehr aus der Trauer heraus. Ich vermisse sie einfach enorm und ich mache mir gerade nur noch Vorwürfe. Nein, ich kann nicht Schuld sein. Ich darf nicht Schuld sein. Ohne irgendetwas zu tun saß ich auf meinem Bett. Ich saß einfach da, nichts weiter und dachte über ihren tragischen Tod nach.
Beim besten Willen konnte ich sie nicht verstehen. Was hat das Leben so grauenhaftes, das es nicht mehr lebenswert macht?Gerade eben habe ich noch in einem Krankenhaus um mein Leben gekämpft und nun nimmt sie sich ihres? Warum? Natürlich wünschte ich mir immer für sie, dass sie glücklich wäre. Bis zu meinem Lebensende wollte ich an ihrer Seite bleiben und heute ist ihre Beerdigung.
Sie wird zum Grabe getragen. Mit gerade einmal sechzehn Jahren.
Irgendwie ist das Universum grausam und düster, es versieht bereits so junge Menschen mit psychischen Krankheiten. Becc, Jack, anscheinend auch Sophia, sie alle haben Probleme in ihrem Leben und ihre Psyche wollte logischerweise irgendwann nicht mehr. Muss das sein? Warum muss solch tollen Menschen so ein schreckliches Schicksal bereitet werden.Heute musste ich auf Sophias Beerdigung. Also wischte ich mir meine Tränen beiseite und stand auf.
Wenn sie von dort oben wirklich über mich wachen sollte, werde ich wenigstens noch irgendwie angemessen auf ihrem Abschied aussehen. Glücklicherweise hatte mir meine Mutter schon ein schwarzes Kleid herausgelegt und ich musste es nur noch anziehen.
Ehrlich gesagt verzichtete ich darauf mich zu schminken, selbst der Gedanke daran widerte mich an: Seit Tagen sah ich aus wie ein Zombie und jetzt würde ich sicherlich wieder weinen. Natürlich war mir mein Aussehen gerade auch ziemich gleichgültig.Meine Mutter fuhr mit mir und Jack, der irgendwie einmal wieder bei uns wohnte, weil er Stress mit seinem Freund hatte. Von Becc hatte ich seit Tagen nichts mehr gehört. Inständig hoffte ich, dass nichts geschehen war, aber wahrscheinlich brauchte sie einfach etwas Abstand von allen.
Am Friedhof angekommen stiegen wir aus und mir wurde ganz unwohl in meiner Magengrube. Sophias Eltern kamen auf uns zu und begrüßten uns weinerlich. Verständlich, ich würde auch so empfinden, wenn ich ein Kind verlieren würde. Aber sie war eine meiner besten Freundinnen und mit ihr ist ebenso ein Teil von mir gestorben.Schweigend betraten wir den Friedhof, da meine Mutter wusste, dass ich ein äußerst emotionaler Mensch bin reichte sie mir ein Taschentuch. Diese Messe war schrecklich, also natürlich nicht inhaltlich, sie war wirklich gut durchgeführt, aber nebenbei ihre ehemaligen Lieblingslieder im Hintergrund zu hören, machte mich noch trauriger.
Karaoke war eine unserer Leidenschaften. Zwar konnten wir beide noch nie anständige Töne über unsere Lippen bringen, aber es machte einfach Spaß. Schief singen, alle Texte der aktuellelsten Songs auswendig zu kennen, einfach Spaß haben. Mit ihr. "Leider ist das nun nicht mehr möglich.", schoss es mir durch den Kopf, als ich die ersten Töne, ihres und meines Liedes, unseres Lieblingsliedes ertönten. Von diesem Moment an konnte mich nichts mehr halten. Ich weinte, weinte und weinte. Eigentlich wusste ich gar nicht wie ich es noch nach draußen auf den eigentlichen Friedhof schaffte. Irgendwie war ich aber doch dort. Alles fühlte sich so anders an. Extrem seltsam.
Als ich ihren Sarg sah schluchste ich wieder, Jack lagte einen Arm um mich und versuchte mir zumindest irgendwie zu beruhigen.Er schaffte es aber nicht und ich sah einen Kran den Sarg langsam in den Boden heben. Durch einen sehr dumpfen Aufprall wurde mir klargemacht, dass der Sarg ganz unten angelangt war. Alles war vorbei. Ihr Leben. Unsere Freundschaft. Einfach alles, ohne jegliche Ausnahmen.
Dieses Krachen als der Sarg ganz unten war ging durch Mark und Bein. Der Aufprall wiederholte sich in meinem Kopf wieder und wieder, fast wie ein Echo in meinen Ohren.
Ich habe sie sie endgültig verloren. Für immer.Jack drücke mich fester an sich, da er wusste wie schrecklich das Ganze für mich sein würde. Es war unerträglich: Jetzt musste ich mit dem Gewissen leben eine meiner besten Freundinnen getötet zu haben.
Warum sie? Sie hätte sicher noch einen Partner, eine Partnerin oder allgemein jemanden gefunden. Niemals wäre sie für ihr gesammtes Leben alleine geblieben. Aber vielleicht war es gar nicht das? Vielleicht war es etwas anderes? Nicht wir, Becc und ich? Schulstress zum Beispiel, da sie ja jedes Jahr bisher fast durchfiel, aber wäre das ein triftiger Grund sich das Leben zu nehmen? Ich weiß ja nicht.Ich sah ihre Eltern auf uns zugehen. Ihr Vater hielt einen Zettel in der Hand, mit ihrer Handschrift, definitiv hatte ihn Sophia geschrieben. Ja, es war ein Abschiedsbrief. Niemals würde oder wollte ich diesen lesen. Mein Herz pochte schneller in meiner Brust und ich tat so als ob ich niemanden gesehen hätte.
"Isabella?", fragte mich eine Stimme und ein Schauder lief durch meinen gesammten Körper. Ich blickte auf und ihr Vater stand vor mir, Sophias Vater. "Dein Name wird da drinnen nicht nur einmal erwähnt. Weißt du vielleicht genaueres warum sie sich umgebracht hat? Kennst du zufällig eine "Becc"? Die wird auch öfter erwähnt."Verdammt. Ich bin wirklich Schuld daran. Ich allein bin Schuld daran, dass meine beste Freundin starb.
Tränen kullerten mir uber die Wagen und ich brach innerlich sowie äußerlich zusammen.
Ich habe sie getötet!
Mit einem "Ist schon okay, ich wollte dich nicht damit noch mehr an sie erinnern.", nahm mich ihr Vater in den Arm. Nach einigen Minuten löste er die Umarmung wieder und ging wortlos weg. Irgendwie war diese Situation gerade extrem unangenehm, nein abscheulich für mich. Ihr Vater fragte mich indirekt, ob ich oder Becc etwas mit ihrem Tod zu tun hätten. Ich denke, dass ist eine Frage, die man niemals gestellt bekommen will.In diesem Moment war ich dermaßen geschockt, von dem Fakt, dass er mich so etwas fragte, sodass meine Kehle wie zugeschnürt war. Ich konnte nicht mehr sprechen. Nein, ich wollte nicht mit ihm darüber sprechen.
Selbst wenn er nicht mit ihrem Abschiedsbrief vor mir herumrum gefuchtelt hätte, würde ich nicht darüber sprechen wollen.
Also drehte ich mich relativ schnell um und sah zu, dass ich mich wieder zu meiner Mutter und Jack begab.
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It's kind of crazy [girlxgirl] || ABGESCHLOSSEN
RomansaEigentlich ist Isabellas Leben ziemlich gewöhnlich, sie besucht die Oberstufe eines Gymnasiums, hat eine liebevolle Familie und ist in einer glücklichen Beziehung. Trotzdem fehlt ihr etwas, doch sie findet, bis zu dem Zeitpunkt zu dem Becc (Rebecca...