Kapitel 30
Gegen 16 Uhr klingelte mein Handy und ich musste wohl oder übel aufstehen. Justin wollte mich noch zurück halten aber ich war schneller. Als ich den Namen von meiner Pflegemama ließ wurde mir ganz anders. "Hallo?" fragte ich vorsichtig ins Telefon. "Grace kannst du mir mal bitte verraten wo du bist? Mila steht vor der Tür und du hast auch nicht bei ihr geschlafen" panisch blickte ich zu Justin der sich langsam auch wieder hingesetzt hatte. "Ich komme nach Hause und erklär euch alles" somit legte ich auf. "Was ist los?" wollte Justin wissen. "Anna fragt wo ich bin und Mila steht vor der Tür, jetzt muss ich ihr auch noch erklären wo ich die ganze Nacht war und zusätzlich kann ich ihr dann direkt sagen das ich einen Freund habe" Justin sprang halb aus dem Bett und kam auf mich zu. "Du hast also einen Freund?" ich verdrehte gespielt die Augen. "Ja und der sollte jetzt die Finger von mir lassen, sonst bekomme ich Zuhause noch mehr ärger" Justin ließ mich sofort los. "Soll ich mitkommen?" ich schüttelte sofort den Kopf. "Aber du kannst mich nach Hause fahren" kicherte ich, Er grinste leicht. "alles was du willst Babe" er griff zu seiner Jogginghose und wir zogen uns beide an.
Die ganze Autofahrt zerbrach ich mir den Kopf darüber was ich meinen Eltern und vor allem Mila gleich sagen soll. Mila dachte schließlich ich hätte mit Justin abgeschlossen, aber leider war es das komplette Gegenteil. "Alles okay?" riss Justin mich aus meinen Gedanken und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. "Ja" ich schenkte ihn ein leichtes lächeln. Langsam wurde mir bewusst das ich nun wieder in mein Leben zurück muss. Ich musste vergessen was da gestern passiert ist, aber wie vergisst man sowas? Und wie würde es weiter gehen? Müsste ich jede zweite Woche Angst haben fast umgebracht zu werden? Ich wusste das ich mit Justin darüber reden muss, aber ich wusste nicht wie und gerade war defintiv nicht der richtige Moment dafür. Ich musste das jetzt erstmal mit Mila klären, ich wollte nicht auch noch meine Beste Freundin verlieren. In diesem Moment kam mir Luke in den Kopf, scheiße. Er würde morgen schon wieder kommen, wie konnte ich das vergessen? Wie konnte ich mich so auf Justin konzentrieren das ich fast alles um mich vergessen hatte. Als wir vor meinem Haus parkten wurde mir so einiges klar, Justin hatte zu viel Kontrolle über mein Leben. "Danke fürs Fahren" ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. "Kein Problem Baby" er beugte sich zu mir rüber und drückte seine Lippen auf meine. Ich löste mich vorsichtig wieder von ihm. "Ich melde mich bei dir" sagte ich bevor er überhaupt was sagen konnte. Dann stieg ich so schnell wie möglich aus. Was ist nur in den letzten Wochen aus meinem Leben geworden?
Nervös schloss ich die Haustür auf, ich wusste was jetzt kommen würde. "Grace bist du es?" hörte ich Jens seine Stimme. "Ja" ich versuchte nicht eingeschüchtert zu klingen, aber bis jetzt hatte ich mich nur ein mal mit Anna und Jens gestritten und das ging nicht gut aus. "Wir sind in der Küche" bis jetzt klang seine Stimme nicht sehr wütend, aber ich wusste das sich das schnell ändern kann. Als ich in die Küche kam starrten mich meine Pflegeeltern und meine beste Freundin an. "Hi" sagte ich verlegen. "Hi? Mehr hast du nicht zu sagen?" Anna ihre Stimme wurde von Wort zu Wort lauter. Ich seufzte. "Es tut mir leid" ich senkte meinen Kopf. Heute war mein Geburtstag, einfach ein scheiß Tag. "Wo warst du?" wollte Mila wissen. Jetzt oder nie. Wie sollte ich Ihnen sagen das ich mit einen Verbrecher zusammen bin? "Ich ... also ich war bei Justin" ich schloss kurz meine Augen nachdem diese Worte meinen Mund verlassen hatte. "Du warst was?" Mila war außer sich. "Mila bitte.." sie unterbrach mich. "Wie kannst du freiwillig bei so einem Kerl Zuhause sein? Grace, ich habe mich umgehört, dieser Kerl soll gefährlich sein" ich riss meine Augen auf, sie hat sich über ihn Erkundigt? Bis jetzt wusste sie von mir nur das er im Kinderheim Sozialstunden macht. "Kann uns vielleicht jemand aufklären?" fragte Jens und ich war überrascht wie ruhig er noch ist. Ich wollte gerade was sagen, als Mila schon anfing los zu reden. "Grace trifft sich mit einen Verbrecher, der in ihrem Kinderheim Sozialstunden macht" ich funkelte meine Beste Freundin an. "Wieso macht er Sozialstunden?" shit. "Ich weiß es nicht" versuchte ich es . Mila lachte auf. "Natürlich weißt du warum er Sozialstunden macht" fauchte sie mich an, eigentlich wusste ich es wirklich nicht. Die Geschichte mit den Drogen glaub ich Justin eh nicht mehr. "Ich weiß es echt nicht, er geht der Frage aus dem Weg" ich senkte meinen Kopf. "Du treibst dich mit einem Kerl rum von dem du keine Ahnung hast?" fragte Anna aufgebracht. "Ich lebe ja noch" solangsam wurde ich sauer. Anna schüttelte aufgebracht den Kopf. "Wieso lügst du uns an?" wollte sie wissen. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich wollte es euch in Ruhe erklären" versuchte ich es. "Grace ich möchte nicht das du dich mit solchen Leuten triffst" ich schaute Jens schockiert an. "Ich bin volljährig" und das seit heute, aber das schien hier niemanden zu interessieren. "Solange du in meinem Haus wohnst entscheide ich wer hier ein und aus geht" nun wurde Jens lauter und ich wusste das ich jetzt besser nichts mehr sagen sollte, aber ich war so sauer. Ich wusste doch selbst das Justin mir nicht gut tut, aber es nochmal zuhören ist ein Schlag in die Fresse. "Grace bitte, wir wollen doch nur nicht das dir was passiert" diese Worte trafen mich mehr als sie sollten. Ich musste die Tränen unterdrücken, mir wurde erst jetzt klar das es dort doch noch Menschen gibt die sich um mich Sorgen. "Ich geh in mein Zimmer" ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Ich lief die Treppe hoch und schloss mich in mein Zimmer ein.
Wie konnte ich die ganze Zeit so blind sein? Justin sein Leben war nicht nur gefährlich, es war schon fast geisteskrank. Wieso war ich so naiv? Ich versuchte die Tränen unter Konrolle zu kriegen, aber umso mehr ich über meine Situtation nachdachte wurde mir bewusster das das mit Justin eigentlich aussichtslos ist.
Wie sollte sowas eine Zukunft haben, wahrscheinlich landet er irgendwann für all das was er getan hat im Knast. Ich wollte darüber nicht mehr nachdenken. Als mein Handy klingelte und Justin sein Name aufleuchtete wurde mir ganz anders. >> Baby ist alles okay bei dir? Meld dich<< ich weinte nur noch mehr. Wieso konnte dieser Junge nicht einfach ganz normal sein und nicht fast täglich irgendwelchen Menschen die Birne wegschießen. Ich antwortete nicht, wollte ihn nicht anlügen und wollte ihn ebenso nicht erzählen wie es mir geht. Ich brauchte jemanden zum reden, ich musste mit jemanden reden der mir vielleicht weiter helfen kann. Jai, ich weiß nicht wie ich auf ihn gekommen bin und die Gefahr bestand das er Justin erzählen würde das ich ihn geschrieben habe, aber ich versuchte es trotzdem. >> Hey, ich bins Grace. Können wir reden? Sag Justin bitte nichts<< ich hatte das Gefühl das er wusste was in mir vor geht und so bescheuert es sich auch anhört, ich vertrau ihm. Keine zwei Minuten später kam eine Antwort. >> Hey? ja klar, soll ich dich einfach abholen?<< ich schrieb ihn noch das er in 30 Minuten da sein kann und versuchte mich dann einigermaßen fertig zu machen.
Ich versuchte so leise wie möglich mich aus dem Haus zu schleichen und war froh das mich niemand erwischte. "Was ist los?" fragte Jai direkt als ich mich neben ihm ins Auto setzte. "Ich brauch deine ehrliche Antwort" er nickte nur, schien aber immer noch verwirrt zu sein. "Würde Justin das verkraften wenn ich ihn verlassen würde?" Jai riss sofort seine Augen weit auf, damit hatte er ganz bestimmt nicht gerechnet. Er brauchte einen Moment um zu verstehen was ich gefragt hatte. Irgendwann hatte er sich wieder gefangen und blickte nun auf die Straße. "Weißt du, ich weiß nicht wie viel Justin dir schon von seinem Leben erzählt hat" naja eigentlich gar nichts. "... aber Justin ist kein Mensch der gerne Gefühle zulässt" ja das hatte ich auch schon gemerkt. "Aber er liebt dich, er liebt dich mehr als er jemals jemanden lieben wird" ich musste schlucken. "Bei Fiona war ihn so vieles egal, sie durfte nicht mal seine Freunde kennenlernen" erst jetzt merkte ich das ich so vieles von Justin nicht wusste. "Ich passe einfach nicht in seine Welt" diese Worte waren so wahr und ich wusste das ich innerlich eigentlich schon meine Entscheidung getroffen hatte. Ich konnte mein altes Leben nicht so aufs Spiel setzten. Jai seufzte. "Grace du musst wissen was du tust, aber ich glaube es würde ihn den Boden unter den Füßen wegziehen" ich schloss meine Augen um nicht direkt wieder los zu heulen. "Ich kann nicht ständig mit der Angst leben das er irgendwann tod ist, ich will nicht darauf warten das mich irgendwann jemand von euch anruft und es mir sagt" ich hatte mich wieder gefangen. "Und ich weiß auch das Justin sich niemals gegen seinen Job entscheiden würde" und das tat weh. Ich wollte nicht mal das er das aufgibt was ihm anscheined am Leben hält, aber ich würde mir trotzdem so sehr wünschen das er nicht dieser Verbrecher wäre, sondern einfach ein ganz normaler Junge. "Grace überleg es dir gut, du weißt das du damit nicht nur ihn weh tust, sondern dir selber auch" er hatte Recht. "Ich weiß doch" ich senkte meinen Blick. Es war lange Stille, eigentlich war alles gesagt und trotzdem wollte ich nicht gehen. "Du wirst das richtige tun Grace".
Nachdem Jai weder abgehauen war lag ich einfach auf meinem Bett und starrte die Decke an, ich wollte mit niemanden reden und wollte auch niemanden sehen. Ich wollte eigentlich nur das mein Herz mir nun mal sagt was ich tun soll. Ich konnte nicht leugnen das Justin mir schon bei den Gedanken ihn zu verlassen fehlt und trotzdem würde ich niemals mit seinem Lebensstill klar kommen. Jetzt wäre es noch früh genug den Schlussstrich zu ziehen, jetzt würde ich vielleicht noch drüber hinwegkommen. Mein Kopf hatte jede zwei Minuten andere Gedanken und ich bekam langsam Kopfschmerzen. Mein Handy klingelte nun schon zum fünften mal, ich wusste das es Justin war, aber ich wollte nicht mit ihm reden, wollte seine Stimme nicht hören. Zu sehr würde es weh tun. Anna und Jens hatte ich seit unserem Streit nicht mehr gesehen und auch von Mila kam keine Nachricht, das war aber typisch für sie, sie würde niemals den ersten Schritt machen.