Die erste Prüfung

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Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete. Was war die erste Prüfung? War dieses Aufnahmeritual wirklich so schwer? Was würde passieren, wenn ich es nicht schaffte? Hatte ich dann noch überhaupt eine Chance ein Serpent zu werden? Üble Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum, doch dank Jughead hatte ich eigentlich das Gefühl, dass ich es schaffen könnte. 

"Wärst du dann soweit?", fragte Jug mich. Er war etwas früher gekommen, damit ich mich noch mit ihm vorbereiten konnte. "Jaja, wir können jetzt los." Ich ging zu meiner Mutter und gab ihr einen Abschiedskuss. "Wir fahren jetzt, Mum." "Alles klar, aber seid vorsichtig." "Ich pass schon auf", versicherte Jug meiner Mutter. "Das weiß ich, Juggie." Ich fand es lustig, dass meine Mutter Jughead Juggie nannte. Sie verstanden sich einfach sehr gut. Für Jug war meine Mutter so etwas wie eine Ersatzmutter, da seine ja nicht hier war.

Ich hatte mich an das Motorrad Fahren mit Jughead echt gewöhnt. Es ist ein tolles Gefühl mit ihm so zu fahren. Der Weg zum Whyte Whyrm verging schnell. Ich war zu aufgeregt, um die Bar zu betreten. "Na komm schon Anni. Du wirst das überleben. Da bin ich mir sicher." "Wenn nicht, musst DU dann alles meiner Mutter erklären." Jughead lachte kurz, bevor er mich dann in die Bar zerrte. Die ganzen Serpents schienen schon bereit zu stehen. Ich konnte auch Toni sehen. Als ich in der Mitte des Raumes stand, kamen fünf Typen mit Schlangen-Masken auf mich zu. Einer von ihnen rief: "Du übernimmst die Vormundschaft für das Biest!" Bevor ich nachfragen konnte, wer das Biest sei, kam schon ein kleiner strubbeliger Hund auf mich zu gelaufen. Ich ging auf die Knie, um ihn zu streicheln. Die Typen mit den Masken verschwanden wieder. Jughead kam mit einer Leine auf mich zu. "Hier, das wirst du brauchen." "Das ist die erste Prüfung?", fragte ich ungläubig. "Jap, das ist Hot Dog der III. Jeder neue Rekrut kümmert sich um ihn." "Wie soll ich das bloß meiner Mutter erklären?" "Sowas musst du halt in Kauf nehmen, wenn du eine Serpent werden willst." "Und wie bring ich ihn jetzt nach Hause? mit dem Motorrad geht das wohl schlecht." "Dann musst du laufen." "Den ganzen Weg zu Fuß?" "Davor können wir noch kurz zu mir." "Na gut. Komm Hot Dog." Ich befestigte Hot Dog an der Leine und ging mit ihm nach draußen. 

Der Trailerpark, in dem Jughead wohnte, war nicht weit weg vom Whyte Whyrm. Es war irgendwie merkwürdig diese ganzen Trailer hier zusehen. Du verstehst einfach, dass manche Menschen, Menschen so wie Jug es wirklich schwer hatten. Das Problem bei Jughead war, dass sein Vater trank und seine Mutter und seine Schwester nach Toledo gezogen waren. "Da wären wir. Mein kleines Heim." "Wohnt dein Vater nicht bei dir?" "Er ist eigentlich nie da, also können wir auch in Ruhe üben." "Üben?", wiederholte ich. "Ja, du lernst jetzt die Serpent Gesetze." Hot Dog rannte voraus, da er Jugheads Trailer anscheinend schon gut kannte. Jug erzählte: "Hot Dog kann manchmal sehr sturr sein, aber eigentlich ist er sehr lieb." "Hab ich schon gemerkt. Ich freue mich schon auf den Gesichtsausdruck meiner Mutter und Ander, wenn ich mit ihm nach Hause komme." 

In Jugheads Trailer war es etwas unordentlich, doch wir machten es uns in der Küche gemütlich. Hot Dog legte sich auf das Sofa. "Das erste Gesetz ist: Ein Serpent zeigt niemals Feigheit. Sprich es mir nach." "Ein Serpent zeigt niemals Feigheit." So ging es dann weiter. Am Ende hatte ich mir alle Gesetze notiert, damit ich sie lernen konnte:

1. Ein Serpent zeigt niemals  Feigheit

2. Ein Serpent steht niemals allein

3. Landet ein Serpent im Gefängnis oder stirbt, kümmern sich die anderen um seine Familie

4. Ein Serpent fährt niemals aus der Haut

5. Kein Serpent wird je dem Tod überlassen

6. Ein Serpent betrügt niemals seinesgleichen

7. In der Einheit liegt die Stärke

Jughead erzählte mir, dass ich diese Gesetze bei meiner nächsten Prüfung laut aufsagen musste. Die nächste Prüfung war schon übermorgen. Da musste ich mich ranhalten, damit ich diese Gesetze nicht vergaß, wenn es drauf ankam. "Es wird spät und ich muss ja noch nach Hause laufen. Mit dem Bus kann ich ja auch nicht fahren, wegen Hot Dog. Und ich möchte nicht, dass Ander oder Mum mich hier abholen müssen. Die haben bestimmt besseres zu tun." "Dann begleite ich dich. Ich lass dich doch nicht allein durch die Southside spazieren." "Wie fürsorglich von dir." "Ich hab doch deiner Mutter versprochen auf dich aufzupassen", lachte Jughead. 

Hot Dog war schon ganz aufgeregt, als wir nach draußen gingen. Das war das erste Mal, dass ich die Straßen auf der Southside lang lief und jetzt merkte ich auch wie dreckig und düster es wirklich hier war. Hier allein rumzulaufen wäre wirklich beängstigend. Bevor wir zu mir nach Hause liefen, gingen wir noch zu einem Laden und kauften Hundefutter für Hot Dog. Ich kaufte ihm auch noch ein Kauspielzeug, damit er bei uns was zu spielen hatte. Eine halbe Stunde später standen wir auch schon vor meinem Haus. "Möchtest du noch mit rein kommen?", fragte ich Jug. "Nein, ich denke ich gehe lieber, aber danke für die Einladung." "Na dann, bis morgen." "Bis morgen und pass gut auf Hot Dog auf." "Mach ich. Das ist doch jetzt meine Aufgabe." 

Jetzt kam der Moment vor dem ich etwas Angst hatte. Wie sollte ich meiner Mutter erklären, warum ich auf einmal ein Hund bei mir hatte? Als ich die Tür öffnete, rannte Hot Dog schon neugierig rein und beschnupperte alles. "Bin wieder da", rief ich vorsichtig. "Hi, hast du hunger?", fragte meine Mutter. Ich nahm Hot Dogs Leine ab. Er freute sich darüber und lief unglücklicherweise direkt in die Küche und kurze Zeit später ertönte auch schon der Aufschrei meiner Mutter, den ich erwartet hatte. Schnell rannte ich Hot Dog hinterher und rief: "Ich kann das erklären." "Was macht dieser Hund hier?!", fragte meine Mutter beängstigend. "Ich habe ihn gefunden und wollte ihn für ein paar Tage zu uns nach Hause nehmen, bevor ich ihn ins Tierheim bringe." Meine Mutter beruhigte sich etwas. "Wenn er etwas kaputt macht, haftest du dafür verstanden?" Sie nahm es völlig ernst. Ich nickte. Dann nahm ich Hot Dog auf den Arm und streichelte ihn. Meine Mutter kam zu mir und streichelte ihn auch vorsichtig. "Wenn er nur für ein paar Tage hier bleibt, könnte ich mich vielleicht sogar mit ihm anfreunden." "Er wird keinen Ärger machen. Das verspreche ich." 

Mum und ich saßen am Esstisch, als Ander nach Hause kam. Erst, als er in die Küche kam, erblickte er Hot Dog, der gerade auf einer Decke lag und an seinem Kauspielzeug kaute. Verwirrt sah er uns an. "Warum haben wir auf einmal einen Hund?" "Erklär du es ihm Mum." "Also langsam finde ich euren Streit wirklich lächerlich. Könnt ihr euch nicht vertragen?" "Erst wenn Ander sich bei mir entschuldigt." "Warum ich? Ich habe nichts gemacht", rief Ander empört. Mum sah Ander böse an. "Ist ja gut... Es tut mir Leid Anni." Ich lächelte. "Entschuldigung angenommen." Ander setzte sich zu uns. "Und was ist jetzt mit dem Hund?", fragte er. "Ich habe ihn gefunden und werde ihn für ein paar Tage hier behalten." "Und du hast das erlaubt Mum?" "Ja, aber nur, weil er so süß ist und nur für ein paar Tage bleibt." "Das hätte ich wirklich nicht gedacht, aber okay", meinte Ander. Ich war sehr erfreut darüber. Das machte diese Prüfung um einiges leichter. Ich fragte mich, was wohl die nächste sein wird.

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