Memories

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Es ist mittlerweile Abend geworden. Jenna habe ich seit dem Streit weder gesehen, noch gehört. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass sie mir so etwas unterstellt hat. Ich meine okay, bei meiner Vergangenheit und die tatsache, dass ich Alkohol trinke und Drogen nehme, kann ich es ihr eigentlich nicht verübeln. Aber mit dieser Aussage hat sie mir vorhin echt einen draufgesetzt. Mit der Zeit hätte ich mich eigentlich schon daran gewönnen müssen. Immer wenn zu Hause Geld verschwunden ist oder wenn meiner Mutter aufgefallen ist, dass ihr Stoff weg ist, wurde ich beschuldigt, obwohl ich es nicht war. Ich hatte immer den verdacht, dass einer ihrer Kerle was mitgenommen hat, oder sie es selbst schon verbraucht hat, anders kann ich es mir nicht erklären. Immer war ich schuld, obwohl ich nichts dafür konnte und allein schon der Gedanke an die Nächte, in denen ich mich deswegen in den Schlaf weinen musste, verursachen bei mir Flashbacks. Langsam schließe ich meine Augen und denke an mein zuhause.

Die 4 kahlen Wände meines Zimmers ziehen an mir vorbei, kein Licht, keine wärme und zugezogene, Verstaubte Vorhänge an den Fenstern. Außer einem alten Kleiderschrank und einem Bett besitze ich keine Möbel. Es ist Winter und die Zimmer, des Hauses sind eiskalt. Kommt davon, wenn man das ganze Geld, dass man vom Amt bekommt in Drogen und Alkohol verschwendet. Der Kühlschrank ist so leer, wie mein Magen und niemand, der sich um mich kümmert oder nach mir sieht. Naja, bis auf einer....

Von Draußen ist ein Knacken zu hören und ich erwache aus meinem Flashback. Mit schweißperlen auf der Stirn versuche ich mich langsam
vom Sofa aufzusetzten doch mein Kopf beginnt zu Dröhnen. Ich fühle mich schrecklich, obwohl ich die letzten 2 Tage eigentlich fast nur geschlafen habe. Mein Magen beginnt zu grummeln und dabei fällt mir ein, dass ich auch seit langem nichts mehr gegessen habe. Mir etwas zu essen zu machen kann ich sowieso nicht und Jenna darum zu bitten, ob sie mir etwas zu essen kochen kann, kann ich auch vergessen, dafür bin ich zu stolz.

Mein Gehirn versucht mir sogar schon streiche zu spielen, ich könnte schwören, etwas zu essen riechen zu können. Aber irgendwie ist der Geruch zu echt, das kann keine Einbildung sein, das muss echt sein. Zum weiter denken komme ich aber nicht. Schritte sind von draußen zu hören und sie kommen immer näher. Was geht hier ab ? Sie würde doch niemals, nach so einer Aktion für mich kochen, oder will sie mich weiter quälen und mir nichts abgeben. Die Wohnzimmertür öffnet sich und das Licht, welches vom Flur in den Raum strömt blendet mich.

Meine Augen gewöhnen sich langsam an das ecklige Licht und da steht sie, selbstbewusst wie immer, am Türrahmen angelehnt mit ihren Eisblauen Augen auf mich gerichtet, abwartend, dass ich etwas sage.

Das kann sie aber vergessen, ich werde nicht wieder den ersten Schritt machen. Ich habe nichts falsches getan, ich bin hier das Opfer.

Die Stille bringt mich noch um, aber zum glück merkt sie das und kommt letztendlich doch einen Schritt auf mich zu und sieht mir prüfend in die Augen. Ich merke, dass sie zum reden ansetzen will, zögert aber noch. Das kann nichts gutes bedeuten...

Es ist immer noch still zwischen uns. Keiner von uns traut sich den ersten Schritt zu machen, etwas zu sagen oder auf den anderen zu zugehen. Jenna ist glaube ich endlich klar geworden, dass ihre anschuldigung von heute mittag nicht gerechtfertigt war und sie auf mich zugehen muss. Das merke ich, denn sie beißt sich immer wieder auf die Unterlippe. Letztendlich macht sie doch den Mund auf. ,,Hast du Hunger?" Kommt es von ihr leicht hilflos und mehr erzwungen, als freiwillig. Von mir kommt erst mal keine Reaktion, wie auch ? Ich hätte jetzt wirklich mit allem gerechnet, aber damit echt nicht. Ich dachte sie würde mich anschreien, mich rausschmeißen, oder mir eine Ohrfeige geben. Anders, als erwartet gebe ich ihr ein nicken, als antwort. Bewegen kann ich mich aber irgendwie nicht, von mir kommt keine reaktion mehr, als wäre ich eingefroren. Ich bin immer noch zu sehr in Gedanken und bemerke nicht mal, wie sie mir näher gekommen ist und mir ihre Hand ausgestreckt hat.

Langsam und noch abwesend hebe ich meinen Kopf und sehe ihr in die Augen, um ihre Emotionen zu deuten. Wenn man wissen möchte, wie es Jenna geht, muss man ihr einfach nur in die Augen sehen, sie spiegeln eben ihre emotionen wieder. Wenn sie lügt merkt man es sofort, sie senkt dann ihren Blick, denn sie hasst es zu lügen, nur mal so, als beispiel. Ich kann reue und hoffnung erkennen. Reue wahrscheinlich, weil sie wirklich erkannt hat, dass sie mich zu unrecht vorhin so angefahren hat und hoffnung, dass ich ihr verzeihe. Wir haben schon viel damals durchgemacht, wie zum Beispiel, bei meinem Entzug. Da ich mich damals schon geweigert habe, in Therapie zu gehen, war ich 4 Wochen lang bei Jenna unter dauerbetreuung. Zum einen, wegen dem Alkohol, zum anderen, wegen den Drogen. Es hat länger gedauert, weil ich am anfang ein paar mal rückfällig wurde. Die Zeit war echt schwer. Bis heute frage ich mich, wie sie es mit mir ausgehalten hat. Ich war ein richtiges Wrack und musste die ganze Zeit brechen.
Unruhe, Schweißausbrüche und Schwäche waren auch meine begleiter durch den Entzug. Mit Jenna's hilfe, habe ich es am ende doch geschafft und war sogar Clean. Naja bis zu dem vorfall.

Jenna wedelt mitlerweile mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum, ich muss wohl eben richtig abgedriftet sein. Ihr leises kichern entgeht mir aber trotzdem nicht. Ich merke, wie ich rot werde und versuche mein Gesicht etwas zu verstecken. Sie hilft mir hoch und wir beide laufen in ihre Küche. Obwohl ich immer noch sehr unsicher bin, und nicht weiß, was ich sagen oder machen soll.

In der Küche angekommen erwarten uns schon 2 Pizzen auf dem Esstisch. Mir läuft das Wasser im Mund und Jenna kichert erneut. Mir war das egal, hauptsache endlich etwas zu essen. Wir beide setzen uns an den Tisch und fangen direkt an, zu essen.

Nachdem wir beide unser letztes Stück gegessen haben, merken wir wieder, wie ruhig es eigentlich ist. Jenna aber überwindet sich und durchbricht die stille. ,,Paige es tut mir wirklich leid, was ich heute Mittag gesagt habe, ich wollte nicht" ,,Jenna hör auf. Es ist alles gut" unterbreche ich sie. ,,Wenn ich du gewesen wäre, hätte ich vielleicht das gleiche gedacht. Ich war am Anfang echt sauer und enttäuscht aber hey....passiert." Sie sieht bedauernd auf ihr leeres Glass, welches sie in der Hand hält und seufzt. ,,Aber weshalb sahst du dann so aus, wie du ausgesehen hast, du hattest rote Augen und warst sehr abwesend?"

Wieder in gedanken versunken, überlege ich, wie und ob ich es ihr überhaupt erzählen soll. Langsam sammeln sich meine Gedanken wieder und ich komme zu dem entschluss ihr erst mal nicht zu sagen und eine Ausrede zu erfinden. ,,Können wir morgen darüber reden? Ich bin echt müde." Mit dieser Antwort ist sie wahrscheinlich nicht zufrieden aber ganz gelogen habe ich nicht, ich bin tatsächlich müde. Jenna macht eine Pause, um nachzudenken, gibt letzendlich aber nach und nickt wiederwillig. Sie steht auf, um das Geschirr weg zu räumen und ich beobachte dabei jede ihrer Bewegungen, bis ich bemerke, dass ich etwas brauche.

,,Ich komm gleich, ich geh noch schnell auf die toilette" flunkere ich und Jenna scheint nichts zu hinterfragen, mein glück. Auf dem weg nehme ich mir meine Tasche und schließe mich im Bad ein. Ich habe nur ein Problem, wenn ich jetzt etwas rauche, wird sie es riechen. Das heißt ich muss mir etwas spritzen und scheiße verdammt ich habe angst vor Spritzen. Nur im Notfall, wenn ich nichts anderes mehr habe spritze ich es mir, aber in diesem fall ist es ein Notfall. Nachdem, was vorhin passiert ist, kann ich nicht nochmal so eine Situation provozieren. Ich bringe es schnell hinter mich und merke, wie sich meine anspannung löst. Meine Tasche verstaue ich in einem der Badezimmerschränke und betätige die Toilettenspülung. Bevor ich die Türklinge runterdrücke kommt mir eine wichtige frage auf.

Werde ich auf dem Sofa schlafen oder mit ihr im Bett? Naja, ich werde es sehen. Vorsichtig schaue ich mich um, wo sich Jenna befindet und werde in ihrem Schlafzimmer fündig. Verunsichert bleibe ich an der Tür stehen und warte auf eine anweisung, von ihr. Ich bin in ihrem Blickfeld und sie deutet mit ihrem Finger auf ihr Bett. ,,Na komm, du bist doch müde". Ein leichtes, aber ehrliches lächeln formt sich auf ihren Lippen und ich fühl mich gleich noch wohler. Sie legt sich zuerst ins Bett und ich gleich danach. Jenna streckt sich zum Nachttisch neben ihr und schaltet die Lampe aus. Jetzt ist der Raum ganz dunkel, nur der Vollmond und die vielen, kleine Sterne um ihn herrum strahlen durch die Balkontür. Es ist wirklich eine klare und ruhige Nacht. Es ist nur ab und zu ein Hunde jaulen zu hören. Diese stille macht mich dann doch ein bisschen unruhig, es ist einfach komisch. Vorsichtig drehe ich mich auf die Seite, ich will Jenna nicht wecken, vielleicht schläft sie schon.

Von hinten schlingen sich zwei arme um mich und sie kuschelt sich fest an mich. Wow es ist so ein schönes Gefühl, mein Bauch kribbelt und die angespanntheit ist komplett verflogen. Jenna verteilt mehrer Küsse auf meinem Nacken und legt schließlich ihren Kopf auf meine Schulter ,,Gute Nacht, schlaf schön kleines". 

Unexpected (TxS / GxG)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt