Sam konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Dieses ungute Gefühl, dass er irgendetwas familiäres gespürt hatte, beunruhigte ihn. So wie jeder Weltenwanderer spürte er es, wenn einer seinesgleichen in seiner Nähe war. Aber dieses mal war es anders. Es tauchte so plötzlich auf, als ob es vorher noch nicht da gewesen wäre. Und es war ihm in gewisser Weise ähnlich. Egal wie oft Sam sich auch einredete, dass er sich sicher war, dass er bei seiner Ankunft in der Welt Arista keinen anderen Weltenwanderer gespürt hatte, konnte er diesen Gedanken einfach nicht loslassen, dass er doch nicht alleine war.
Die schlaflose Nacht ging an ihm spurlos vorüber, als ob er sich angewohnt hätte, des Öfteren nicht schlafen zu gehen. Er kramte seinen, von seinem besten Freund gebauten Walkman, der ähnlich wie ein I-Pod aussah, mit unendlich viel Speicherkapazität aus seiner Manteltasche, steckte die Kopfhörer in seine Ohren und wählte irgendein Lied aus. Aus den Kopfhörern ertönte "Gonna Fly Now", als er die Straße betrat und sich unter das Volk mischte. Er joggte zwischen einzelnen Gruppen umher, lief Treppen herauf und achtete recht wenig auf die Menschen um sich herum. Er fühlte sich für diesen einen Moment von all seinen Sorgen befreit. Sam lief zum Ende des Liedes eine riesige Treppe herauf und reckte seine beiden Arme in die Luft. "Wie Rocky Balboa." dachte er lächelnd.
Doch in der nächsten Sekunde brachten ihn die Blicke der Menschen um ihn herum in die Realität zurück. Für sie hatte er sich anscheinend gerade zum Affen gemacht, doch er dachte sich nur "Kulturbanausen", wählte ein anderes Lied aus und spazierte ungestört weiter.
"Power of Love" ertönte laut aus seinen Kopfhörern, als er weniger belustigt als vorher weiterging. Trotzdem hielt es ihn nicht ab, für sich selbst ein wenig zum Takt zu tanzen und sich seine Füße zu vertreten. Er ließ sich von gar nichts ablenken, bis ihn eine laute Stimme aus seinen Gedanken riss.
"DIE PRINZESSIN WILL EUCH SEHEN!" schrie ihm eine Person ins Ohr.
"Ja, ja. Schon in Ordnung, Was will sie von mir?" fragte er den ungefähr vierzig Jahre alten Mann, welcher ihm, wenn Sam sterblich gewesen wäre, den nervigsten Tinnitus aller Zeiten verpasst hätte.
"Das wird sie Euch schon selbst sagen." antwortete er in einem sehr abfälligen Ton. "Und keine falschen Anmerkungen, sonst rollt euer Kopf."
"Nee, wird er nicht." antwortete Sam ihm trocken und lächelte.
"Wir werden sehen." antwortete ihm der kleine Mann und sah strafend zu ihm herauf.
Sam stapfte zum Schloss. Er vermisste es überhaupt nicht, in irgendeiner Art und weise sich mit einer Prinzessin zu streiten. Es war für ihn zur Normalität geworden, und es machte ihm sogar Spaß, die "jungen, ungezogenen Gören", wie er sie nannte, zu triezen.
Aber dieses mal war es nicht so. Er wurde fröhlich empfangen.
"So sehen wir uns also wieder." meinte er mit einen leicht hämischen Grinsen.
"Ich habe Fragen an Euch, Weltenwanderer." fasste die Prinzessin sich kurz. "Und Ihr werdet sie mir beantworten."
"Ich habe ebenfalls Fragen an Euch." entgegnete er ihr.
"Sehr schön. Ich hoffe, sie beantworten zu können." Sie klang gleichzeitig voller Hoffnung und Angst.
"Ich hätte da eine Frage zu diesem Gemälde." meinte Sam und zeigte auf ein Bild, das eine erwachsenes Paar mit zwei jungen Mädchen zeigte. "Sind das Eure Eltern und Eure Schwester?" fragte er sie.
"Ja, das sind meine Eltern. Mutter ist verstorben, als ich vierzehn Jahre alt war, Alia war zu der Zeit dreizehn. Er verließ daraufhin das Königreich, viele erzählten, dass er in den Krieg gegen Estalia zog, der viele Opfer forderte. Er soll dort gekämpft und getötet worden sein, heißt es bis jetzt." erzählte sie. Aus ihren Augen kamen Tränen. "Meine Schwester Alia lief weg, als ich siebzehn Jahre alt war, und kam seitdem nicht wieder." sie weinte bitterlich. "Man erzählt sich zwar, dass sie bei Prinz Èste in Kitar lebt, aber niemand weiß, ob diese Gerüchte stimmen."

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Die Weltenwanderer-Chroniken Band 1: Wer wir sind
Ciencia FicciónDie Geschichten aus den "Weltenwanderer-Chroniken" handeln von den Abenteuern verschiedener "Weltenwanderer". "Weltenwanderer" sind Menschen mit magischen Fähigkeiten und einer unendlichen Lebensspanne. Ihre "Spezialitäten" liegen in verschiedenen B...