Kapitel 4 - Ein überreiztes Blatt
06. Mai 1998, früher Abend
Die letzten Tage waren für Hermine und für alle anderen ein wahrhaftiger Alptraum gewesen. Viele Todesser waren in der Schlacht von Hogwarts besiegt worden. Gefangene gab es keine - doch auch viele Mitglieder des Ordens und gar Schüler waren im Kampf gefallen. Ein kleines Treffen des Ordens war für den heutigen Abend geplant, wo Kingsley über alle ihm zu Ohren oder Augen gekommen Vorfälle der letzten Tage Bericht erstatten wollte. Hermine hatte die letzten Tage im Fuchsbau verharrt, zusammen mit Harry, Ginny und Ron und war vormittags nach Hogwarts appariert, um Madam Pomfrey unter die Arme zu greifen.
Die Weasleys hatten den Fuchsbau schon mehrmals magisch vergrößert, das Haus war verschachtelter und provisorischer als je zuvor. Arthur und Molly hatten versucht, all ihre Kinder zu sich zu holen. Viel zu groß war die Angst, dass ein Todesser einem von ihnen auflauern könnte, sollten sie allein bleiben. Bill und seine Frau Fleur wohnten seitdem aus Liebe zu den Eltern im dritten Stock des Fuchsbaus, welcher magisch eingefügt worden war. Percy hatte sich tränenreich mit seiner Familie versöhnt, während Charlie es als einziger bevorzugt hatte, vorerst im Rumänien zu bleiben. Hermine konnte auch ihn verstehen, die Stimmung war angespannt, doch man bemühte sich, den jeweils anderen nicht zu nah zu treten.
Auch Hermine und Harry hatten wieder wie selbstverständlich ein Zuhause bei den Weasleys gefunden. Kingsley ging eigentlich ein und aus, doch in den letzten Tagen hatte er sich nicht blicken lassen, genauso wie Minerva McGonagall, die nun da Hogwarts todesserfrei war, provisorisch zur Schulleiterin ernannt wurde. Niemand wusste von wem. Kingsley hatte eines Abends angedeutet, dass McGonagalls Ernennung fragwürdig sei, da eine formelle Ernennung nur durch den Minister erfolgen könne. Dieser hatte jedoch momentan wichtigere Dinge zu regeln, den Ausbruch der Dementoren beispielsweise und noch immer wusste niemand, wie loyal Zaubereiminister Thicknesse gegenüber Voldemort eigentlich gewesen war. Man rechnete mit dem Schlimmsten.
„Remus, mein Guter! Schön, dass du es geschafft hast." Dieser begrüßte alle mit Handzeichen.
Molly und Arthur hatten alle Neuankömmlinge und alte Freunde mit offenen Armen empfangen, auch wenn Molly sich in ihrer Trauer um den verlorenen Sohn stark zurückgezogen hatte. Arthur übernahm seitdem die Aufgaben, die Molly nicht mehr ausfüllte. Selbst das Bemuttern hatte er sich angeeignet, sodass er vom Tisch aufstand und einen Teller Suppe vom übrig geblieben Abendessen füllte. Remus lehnte zwar ab, aber nachdem Arthur das Essen magisch erhitzt und einen Löffel eingetaucht hatte, entschloss er sich doch, das Essen nicht weiter zu verweigern, aus Angst sonst gefüttert zu werden. Mürrisch ließ er sich auf den freien Platz neben Hermine fallen.
„Es wurde entschieden, dass das St. Mungos erst einmal geschlossen bleibt und nicht unmittelbar wieder aufgebaut wird", berichtete Kingsley, der sich am Vormittag unter größter Vorsicht im Ministerium umgehört hatte.
Die Todesser waren aus den Mauern Hogwarts geflüchtet, als sich ihre Niederlage abgezeichnet und ihre Verbündeten sich von ihnen abgewandt hatten. Unter den Ordensmitglieder hatte der desolate Zustand der Todesser Euphorie hervorgerufen. Die Schlacht konnten sie als Sieg verbuchen.
Doch der Gegner war nicht vernichtet und gar grausamer, als die meisten es sich vorgestellt hatten. Der Angriff auf das St. Mungos hatte die medizinische Infrastruktur der britischen Zauberergesellschaft zerrüttet. Zwar gab es kleine Apotheken und ein paar wenige selbstständige Heiler, doch der Großteil der Medi-Magier waren im Hospital beschäftigt gewesen und die größte Bibliothek von Jahrhunderte alte Literatur über Heilzauber und -tränke hatte sich im Kellergeschoss des St. Mungos befunden. Die Heiler waren nun tot und die Bücher verbrannt.
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Moral und Wahnsinn - In der Gegenwart meiner Feinde
FanfictionMitten in der Schlacht von Hogwarts verschwindet Voldemort und er erwacht, seiner Magie beraubt, in Muggellondon. Zur selben Zeit lernt Draco unfreiwillig eine geheime Organisation von innen kennen. Hermine nimmt schnell die Suche nach Antworten auf...