Kapitel 6 - Hiob zu Besuch
06. Mai 1998, im Fuchsbau
Nachdem sie morgens aufgewacht war, musste sie bemerken, dass sie allein im Bett lag. Ron war bereits aufgestanden. Doch er musste kurz bevor sie aufgewacht war, aufgestanden sein – wahrscheinlich war sie seinetwegen aufgewacht – denn als sie sich für den Tag fertig machte, begegnete sie ihm im Bad. Während sie beide vor dem Spiegel standen, lächelte er sie an. Sein Lächeln war zart und ließ ihn gleich ein paar Jahre jünger und kindlicher wirken. Es war wunderlich, wie sehr sich Menschen von einer Sekunde auf die nächste verändern konnten. Aus dem lustigen Kind war ein junger, ernster Mann geworden und in der Sekunde, in der sie vor dem Spiegel im Bad standen, Ron sich die Zähne putze und Hermine versuchte, ihre Haare zu bändigen, war alles wie früher.
Als er die Zahnbürste ablegte, rutschte er näher an sie heran und sprach mit leiser Stimme, als befürchtete er belauscht zu werden: „Das Ordenstreffen gestern hat sich komisch angefühlt. Nicht so wie früher, meine ich. Als Dumbledore noch lebte, waren alle irgendwie optimistischer gewesen."
Sie nickte zustimmend. Es war ihr auch schon aufgefallen, auch wenn sie beide die ersten Ordenstreffen vor der geschlossenen Tür verbracht und mit den Langziehohren spioniert hatten.
„Ich kann es keinem verübeln. Ehrlich, ich muss selbst aufpassen, dass ich nicht allzu sehr ins Grübeln gerate. Ich mache mir so viele Gedanken. Nachts kann ich nicht mehr einschlafen, ohne dass mich diese Grübeleien in den Schlaf verfolgen", gab Hermine zu. Ron strich ihr kurz über den Rücken, als wolle er sie beruhigen.
Er seufzte. „Aber Harry und Ginny...", wechselte er das Thema. Anstatt den Satz zu beenden, nahm er Hermines Bürste und zog sie sich durch sein Haar.
„Was ist denn mit Harry und Ginny, Ron?"
„Na ja, sie wirken so verliebt. Manchmal nervt es mich und manchmal ... schäme ich mich. Und dann frag ich mich, wie wir auf Außenstehende wirken. Was meine Eltern wohl denken? Oder was deine sagen würden?"
Hermine lachte leise. „Mach' dir darüber keine Gedanken. Meine Eltern werden dich lieben. Wenn der Krieg erst einmal vorbei ist, du wirst schon sehen. Und Harry und Ginny... wahrscheinlich wirken wir ähnlich." Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und ging zum Frühstück, wo sie bereits von Arthur begrüßt wurde, der Eierkuchen für alle gemacht hat.
Kurz nach zehn Uhr drücke sie die Klingel. Dennis und Colin hatten im letzten Jahr eine Wohnung in einem Stadtteil angemietet, in dem nur Muggel wohnten. Mit dem Fideliuszauber war ihre Wohnung auch einigermaßen geschützt gewesen. Trotzdem hatten sie sich regelmäßig aus alltäglichen oder außergewöhnlichen Gründen nach draußen gehen müssen. Es polterte hinter der Tür und nach einigen Sekunden erschien ein entweder gerade erst aufgestandener oder übermüdeter Dennis. „Hallo, Hermine. Wenn du noch was vor hast oder gleich weiter willst, musst du die Schuhe nicht ausziehen."
„Ach, ich wollte nur sehen, wie es dir geht. Ich habe von Colins Verschwinden gehört."
„Ja, das habe ich mir schon gedacht." Sie hörte einen unterschwelligen Vorwurf heraus, sie habe ihn nur aus Sensationsgier aufgesucht. So ganz verneinen konnte sie es nicht. Sie entschied, nicht weiter auf seine Anmerkung einzugehen und bei der geplanten Befragung besonders feinfühlig zu sein.
„Möchtest du was trinken? Ich habe Kaffee."
Sie schüttelte den Kopf. „Ein Glas Wasser reicht mir."
Dennis ging in die Küche und sie folgte ihm. Die Küche war klinisch sauber. Einer oder beide Creevey - Brüder waren wohl sehr geschickt mit Reinigungszaubern. Sie selbst hatte es nie geschafft die Fenster so glanzvoll zu polieren, ohne nochmals mit der Hand nachzugehen. Dann entdeckte sie in einer Ecke Glasreiniger und weiteres Putzzeug.
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Moral und Wahnsinn - In der Gegenwart meiner Feinde
FanfictionMitten in der Schlacht von Hogwarts verschwindet Voldemort und er erwacht, seiner Magie beraubt, in Muggellondon. Zur selben Zeit lernt Draco unfreiwillig eine geheime Organisation von innen kennen. Hermine nimmt schnell die Suche nach Antworten auf...