Kapitel 7- Das Gegenteil von Gut

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„Tut mir leid, dass ich das jetzt so unverhohlen ausspreche, aber es ist dringend notwendig. Du brauchst eine Dusche. Unbedingt.", sagte sie. Ihre Nase kräuselte sich, doch ihre Mundwinkel zuckten. Sie war wie ausgewechselt, seit sie sich das letzte Mal gesehen haben. Draco erinnerte sich mit Schaudern an die Schlacht von Hogwarts und an ihr unaufhörliches Weinen. An die Verwundung ihrer Schwester. An ihren grimmigen Vater.

„Wie geht es Daphne?", fragte er mit belegter Stimme, mit sich ringend, darüber ob er die Antwort wirklich wissen wollte. Wenn er besser aufgepasst hätte, dann müsste er sich diese Frage gar nicht stellen. Greyback war aus der Richtung herangesprungen, in die er in diesem Moment geblickt hatte. Er hätte ihn sehen müssen. Das hatte er aber nicht. Er hätte sie verteidigen können. Er konnte sich nicht erklären, wie er das hatte zulassen können. Doch er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen.

Wie hatte Crabbe das Dämonenfeuer entzünden können? Im Unterricht hatten sie einen solchen Zauber nicht mal bei den Carrows gelernt. Er hatte ihn in all den Jahren nie mit einem Buch in der Hand gesehen, was nicht für die Hausaufgaben bestimmt gewesen war.

Astoria zuckte mit ihren zarten Schultern. „Vater war schnell bei Seite." Das Wort Vater sprach sie mit Zähneknirschen. Sie ließ sich weder Erleichterung noch Sorge anmerken. Eher schien sie sich zu schämen.

Sie waren ein paar Treppen hoch und einen langen Flur entlanggelaufen. Alle Türen sagen gleich aus. Um sich zu verirren, musste er eine Sekunde nicht aufmerksam sein. Astoria öffnete eine Tür. Der Raum dahinter sah aus wie ein in Windeseile eingerichtetes Hotelzimmer. Sie lehnte sich neben das Fenster, deutete ihm näher zu kommen und flüsterte: „Daphne geht es den Umständen entsprechend gut, aber sie ist noch nicht aufgewacht. Alle sagen, dass es ihr gut geht. Ich weiß es nicht, ich kann es nicht einschätzen." Draco versuchte den Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hat, herunterzuschlucken. Es wollte handeln, selbst nach ihr sehen. Doch er hatte keinerlei medizinische Fachkenntnisse. Aus einem Besuch an ihrem Krankenbett würde er keine Erkenntnisse ziehen können. Wie sollte er merken, dass es ihr gut ging. Das stand ja niemanden auf der Stirn geschrieben. Sowieso war es fraglich, ob er sie aufsuchen könnte.

„Warum seid ihr zur Schlacht zurückgekehrt? Gekämpft habt ihr beide ja nicht. Daphne wollte nicht und du bist erst fünfzehn."

Sie schürzte die Lippen, zögerte einen Moment lang. „Ich bin zurückgekommen, weil ich dich sehen wollte und ich musste es auch. Gewissermaßen."

Draco schüttelte es bei dieser Aussage. Sie hatte ihr Leben für nichts und wieder nichts in Gefahr gebracht. Er bemerkte, dass seine Ablehnung auch an Astoria nicht spurlos vorbeigegangen ist, doch es war ihm egal. Im letzten Jahr, bei ihren spätabendlichen Gesprächen hatte sie einen gescheiten Eindruck gemacht. Sie war eloquent, hatte immer die richtigen Worte gefunden. Er hatte sie und ihre schnelle Auffassungsgabe gemocht. Aber das war nicht sie. Dieses Mädchen war im Inneren noch ein Kind. Mit ihr zu sprechen, fühlte sie an, als würde ihm jemand einen Klotz ans Bein binden. Jedoch er konnte sie nicht zurückweisen, nicht jetzt, wo sie mehr zu wissen schien als er.

„Wo bin ich hier gelandet?", fragte er sie aus.

Sie blickte sich nochmals um, als wolle sie sich vergewissern, dass sie nicht belauscht wurden. „Ich weiß es selbst nicht so genau. Mein Vater nennt es Hauptquartier."

„Hauptquartier wovon?" Irgendetwas musste sie ihm doch mitteilen können.

„Von verrückten Wissenschaftlern, an den mein Vater einen Narren gefressen hat."

Das musste ein Scherz sein! Er konnte sie nicht daran erinnern, dass er je gehört hatte, wie einen Witz riss. „Das klingt nicht gut.", stieß er aus. Wo war er hineingeraten?

Moral und Wahnsinn - In der Gegenwart meiner FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt