Kapitel 23 - Rot wie der Schnee

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Kapitel 23 – Rot wie der Schnee

Hogwarts, Kerker, Slughorns Labor

Hermine stolperte einen Schritt zurück. Obwohl Harry ihr bereits vom verhängnisvollen Gespräch zwischen Professor Slughorn und dem jungen Voldemort erzählt hatte, hatte sie die Wucht, mit der die Erinnerung auf sie eingeprasselt war, anfangs unterschätzt. Einzig vorteilhaft war, dass es sie nicht völlig unvorbereitet getroffen hatte. Nicht so wie Malfoy, der verdächtig bleich war und einen Hautton aufwies, den man nicht mehr mit einer aristokratischen Blässe rechtfertigen konnte. Dazu kam ein Gesichtsausdruck, als würde er gleich aus den Schuhen kippen.

„Was war das?", fragte er. Die Verwirrung musste groß sein. Vergessen waren alle bis gerade eben geführten Auseinandersetzungen. Das Denkarium hatte ihn angezogen, wie Mücken vom Licht angelockt werden. Hermine hätte nie gedacht, dass Malfoy eine so neugierige Natur war. Im Gegenteil, sie hatte ihn für einen vorsichtig agierenden Menschen gehalten und augenscheinlich damit falsch gelegen. Man munkelte, Malfoy besäße in seinem Herrenhaus ein Sammelsurium aus schwarzmagischen Artefakten. Wenn er mit diesen auch so unbedacht umging, wollte sie nicht wissen, was er mit Voldemorts Haustier angestellt hatte.

„Horkrux?", wiederholte er. „Ein Seelensplitter, den man in einen Gegenstand sperrt und somit Unsterblichkeit erlangt. Verstehe ich das richtig?"

Sie nickte, doch Malfoys Unterton war ihr ein bisschen zu sehr fragend. Hörte er dies tatsächlich zum ersten Mal? Er, Sammler schwarzmagischer Gegenstände. „Du wusstest nichts davon?"

„Wie? Ich wusste nicht, dass solche finstere Magie überhaupt existiert", stieß er aus. „Dabei habe ich viel Zeit in der Bibliothek meiner Familie verbracht." Er legte die Finger ans Kinn, ein typische Denkerposse. Hermine musste über diese unbewusste Geste lächeln und er bemerkte, dass sich ihre Stimmung aufhellte. „Was gibt es da zu Lachen?", fragte er misstrauisch.

„Nichts." Sie schüttelte den Kopf.

Er blickte sie immer noch abwartend an. „Das sah aber gerade anders aus."

„In diesen schrecklichen Zeiten muss man doch auch mal lachen können. Dabei habe ich auch nur gelächelt, nicht einmal gelacht und schon schaust du mich an, als hätte ich mir Krummbein auf den Kopf gesetzt!"

„Krummbein?"

„Mein Kniesel."

Er nickte. „Die Erinnerung ist wichtig, oder? Slughorn habe ich erkannt, obwohl er jünger und sehr viel gesünder aussah. Doch der Junge... Tom! Er ist der Wichtige in der Szene, nicht?"

Malfoy hatte den Finger in die Wunde gelegt und gebohrt. Sie war sich noch uneins, ob und wie sie ihn in die Suche nach den Horkruxen einweihen konnte. Er hatte unter Voldemort gedient. Dieser hatte ihm eines seiner Horkruxe sogar anvertraut. Vielleicht brachte er Informationen mit, die kein anderer besaß. Gerade nun, Snape lag im Koma und würde wohl in nächster Zeit nicht aufwachen, könnte dies von Vorteil sein. Und die Gefahr? Die bloße Existenz hatte sie ihm so gut verschwiegen, wie sie konnte. Doch das war hinfällig: Er wusste es. War es schlimm, wenn sie ihm dann noch die Details erzählte?

Nach einigem Hin und Her beantwortete sie die Frage mit Nein. Es war höchstens gefährlich für Voldemort und immens bedrohlich für Malfoy selbst, sollte Voldemort von seinem Kenntnisgewinn erfahren.

„Du kennst ihn", sagte sie. „Du hast ihm sogar ziemlich nah gestanden."

„Der dunkle Lord ist der Junge", hauchte Lucius. „Tom, was für ein Name..."

„Sein bürgerlicher Name ist Tom Riddle."

„Riddle?"

„Ja."

Moral und Wahnsinn - In der Gegenwart meiner FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt