Kapitel 30 - Herz in Flammen

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Kapitel 30 - Herz in Flammen

Die eingestürzten Mauern, die mitten in London standen, erinnerten Draco an die Schlacht von Hogwarts. Die Dachbalken des Lagerhauses waren eingebrochen und die Backsteinwand, die zur Straße hinzeigte, stand bis auf ihre Grundfesten nicht mehr, sodass Draco von der Straße aus kommend in das Innere schauen konnte. Den Zauberstab versteckte er in seinem Ärmel, sodass die Muggel, die in ihren Fahrzeugen die breite Straße entlangfuhren, nichts mitbekamen und flüsterte: „Alohomora!" Er hatte minutenlang gewartet, doch der Strom an knatternden Autos riss nicht ab.

Das Vorhängeschloss, dass die in Eile aufgestellten Bauzäune zusammenhielt, öffnete sich. Draco trat auf das Gelände und musste sogleich unter Polizeiabsperrband hinwegtauchen und hätte er nicht auf den Boden gesehen, wäre er über einen der zigtausenden verstreut liegenden Steine gestolpert. Er scharrte mit den Füßen. Der Untergrund war mit grauer Asche bedeckt.

Dies alles zeugte von einer Explosion, die vor nicht allzu langer Zeit stattgefunden haben musste. Die Muggel hatten noch keine Zeit gehabt, den Schaden zu beseitigen. Natürlich, sie konnten dies nicht durch einen Zauber bewerkstelligen. Draco bückte sich und hob einen Ziegelstein auf. Schwer wog er in seiner einen Hand, während die andere den Ruß wegwischte. Seine Finger färbten sich schwarz.

Das letzte Mal, dass er zwischen Geröll und Asche gestanden hatte, war in Hogwarts gewesen. Der Raum der Wünsche war abgebrannt und nur durch Glück und Potters Hilfe hatte er es lebendig herausgeschafft...

Hogwarts, der Ort an dem die Odyssee angefangen hatte. In dem Augenblick, in dem er von Astoria aufgehalten worden war. Er seufzte und fuhr sich durch sein Haar, genauso wie der frische Wind, der von Westen her durch die Häuserblöcke wehte.

Wenn er ehrlich war, hatte die Tortur viel früher begonnen. In den Sommerferien vor dem sechsten Schuljahr hatte mit dem Empfang des dunklen Mals auch seine Kindheit geendet. Sein Vater war zu diesem Zeitpunkt schon in Askaban gewesen und hatte ihn orientierungslos zurückgelassen. Das dunkle Gefängnis hatte den stolzen Mann von Grund auf geändert. Draco hatte ihn bei seiner Rückkehr vor einem Jahr fast gar nicht wiedererkannt. Er war sehr gealtert in diesem einen einzigen Jahr und seine Gesichtszüge waren abgestumpft. Lucius Malfoy war schon immer ein ruhiger Mann gewesen, doch seitdem hatte er sich in sich und seine Gedanken regelrecht zurückgezogen. Vor allem brannte er nicht mehr für die Sache des dunklen Lords, nicht mehr für die Reinblutideologie, ihrerIdeologie, die er seinem Sohn zuvor noch so innig angedeihen lassen hatte.

Dann hatte es da noch den Auftrag gegeben, den er in seinem sechsten Schuljahr hatte erfüllen müssen. Die unheilvolle Aufgabe, einen Weg für die Todesser in die Gemäuer Hogwarts' zu finden, hatte er mit Hadern und Krämpfen geschafft, doch er hätte noch Dumbledore töten müssen.

Er hatte es nicht gekonnt. Er war nicht dazu fähig gewesen, das Leben eines anderen zu beenden. Obwohl dieser steinalt gewesen war und sicher ein erfülltes Leben gelebt hatte. Ihre Ehre als Familie blieb zerbrochen, nur weil er sich nicht traute, das zu tun, was sein Vater als langjähriger Todesser sicher schon hatte auf sich nehmen müssen.

Töten.

Morden.

Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken und er musste sich schütteln. Wieder war er zurück auf dem Astronomieturm und der einst wohlige Winde zog plötzlich eisig an ihm. Das ekelige Gefühl auf seiner Haut verschwand nicht, eher schien es an Raum zu gewinnen. Der Tanz, den er aufführte, wurde immer absurder und langsam wurden seine Finger taub. Jammernd sank er zu Boden und vergrub sein Gesicht in seinen Armen. Die Asche biss sich in seinem Umhang fest und ruinierte den schönen Stoff, doch es störte ihn nicht. Er wusste nicht, wie lange er in dieser Position zugebracht hatte, aber sein Kopf schoss hoch, als mehrere Autos hupten.

Moral und Wahnsinn - In der Gegenwart meiner FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt