Kapitel 11 - Amnesie

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Alycia 

"Kann ich mitfahren?", fragte ich die gestresste Notärztin, welche Abby weiterhin versorgte und setzte einen flehenden Blick auf. Obwohl. Eigentlich musste ich ihn gar nicht aufsetzen, da wirklich echte Besorgnis mitschwang.

"In welchem Verhältnis stehen Sie denn zur Patientin?" Die Frau mit den grün-braunen Augen hob fragend eine Braue an und ich entschied mich für die halbe Wahrheit:

"Ich bin ihre Freundin", gab ich stark schluckend von mir und sie schüttelte sofort den Kopf:

"Oh, tut mir leid, aber das geht nicht. Nur Verwandte genießen die Befugnis bei den Patienten mitzufahren oder über die medizinischen Vorkehrungen informiert zu werd-"

"Wie viel?"

"Bitte?"

"Wie viel kostet es mich, ebenfalls zu ihrer Familie zu gehören?", fragte ich seufzend und die Notärztin sah mich perplex an:

"Versuchen Sie mich gerade zu bestech-"

"Nein. Ich versuche lediglich eine gute Freundin zu sein." Ich senkte den Kopf und fuhr fort: "Und wie kann ich das bitte sein, wenn ich sie nun alleine lasse, wo sie doch so eine große Angst vor Spritzen oder Ärzten hat." Meine Stimme sank eine Oktave tiefer und ich las den Namen, welcher auf dem Klettschild ihrer Jacke klebte: " Bitte Susan. Darf ich meiner Freundin helfen und sie ins Krankenhaus begleiten?" Ein kaum merkliches Schmunzeln stahl sich auf meine Lippen, da ich wusste, dass ich diese Frau schon so gut wie in der Tasche hatte und wie ich erwartet hatte, nickte die Notärztin kurz darauf und verdrehte spielerisch die Augen:

"Ist gut aber wenn Sie jemand fragt, wer Sie sind oder was Sie hier zu suchen haben, geben Sie an, dass Sie die Schwester oder die Cousine sind. Verstanden?"

"Verstanden." Dankbar nickte ich, stieg dann ebenfalls ein und ließ meine Schwester auf der ganzen Fahrt nicht aus den Augen. Ihr Körper war in eine dicke Rettungsdecke gehüllt und nur einige, dunkelblaue Hautflächen stachen mir vorwurfsvoll ins Auge. Ich wusste, dass das hier alles zum Teil meine Schuld war und fühlte mich sekündlich schlechter. Wenn Sie das hier nicht überlebt, würde ich mir das nie verzeihen.

"Halt durch, Kleine", murmelte ich ihr gegen den blassen Handrücken und küsste ihn kurz darauf. Eigentlich hielt ich nicht viel von solch romantischen Gesten, aber da es ihr so schlecht ging, wollte ich ihr in diesen Stunden wenigstens ein bisschen was Gutes tun.

Obwohl der Krankenwagen mit fast Achtzig durch die Straßen fuhr, kam es mir wie eine Ewigkeit vor, bis wir endlich vor der Notaufnahme hielten und Abby die langen Flure der Klinik entlang geschoben wurde. Selbst im engen Fahrstuhl wich ich nicht von ihrer Seite und ließ selbst dann nicht ihre Hand los, als mich eine rundliche Schwester darum bat:

"Sie müssen sie jetzt wirklich gehen", motzte mich die Fönfrisur sauer an und ich schüttelte traurig den Kopf. Wenn ich sie jetzt verließ, würde sie in den OP geschoben werden und ich würde vermutlich nichts mehr für sie tun können, geschweige denn über ihren Zustand informiert werden, da ich ja keine Verwandte war.

"Es wird bestimmt alles gut gehen. Lassen Sie los." Eine andere, viel freundlichere Krankenschwester schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln, löste meine Hand aus ihrer und gab den Sanitätern dann ein Zeichen, Abby mit in die Vorbereitung zu nehmen.

"Ihre Schwester wird jetzt für den OP fertig gemacht und bekommt dann gar nichts mehr mit."

Bekommt Sie doch sowieso schon nicht mehr, fuhr ich sie in Gedanken an und ließ meine beiden Hände über das Gesicht gleiten. Nun hieß es also warten und nochmals warten.

🏳️‍🌈 Hinter der Wahrheit (DIRTY)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt