Kapitel 16 - Gemeingefährlich!

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Alycia

Eine halbe Stunde später waren wir noch immer nicht am Zielort angekommen und ich beobachtete zufrieden, wie sich Abby ein wenig zusammenrollte und genießend die Augen schloss. Ihre vollen Lippen waren zu einem sanften Lächeln verzogen und ihre braunen Haare wehten im Wind, der aufkam, als ich das Boot ein wenig schneller bewegte.

Wenn sie schlief schien sie unberührbar, fast schon engelsgleich und der Gedanke daran, was ich diesem Engel hiermit antat, fühlte sich mehr als beschissen an. Es war nicht so, dass ich einlenkte und meinen Plan wieder verwarf, aber das schlechte Gewissen überkam mich nun doch ein wenig und ich wusste ehrlich gesagt nicht, wie lange ich diese Story noch aufrecht erhalten konnte. Auch, wenn sie gerade erst begonnen hatte.

"Hey, Schatz", versuchte ich Abbys Aufmerksamkeit zu erhaschen und sah ein wenig besorgt zu ihr herüber, da sie sich leicht hin und her drehte und das Boot beachtlich schwankte. Hatte sie etwa einen Albtraum?

"Hmh?" Ein wenig erschrocken und noch ziemlich müde, öffnete Abby ihre tiefbraunen Augen und sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte.

"Warum hast du mich geweckt?", quengelte sie ein wenig und ich gab ein Schmunzeln zum Besten, da mich ihr Verhalten an ein kleines Kind erinnerte, welches so eben zur Schule geweckt wurde.

"Weil ich Angst hatte, dass du gleich ins Wasser fällst." Meine Augen deuteten auf das glitzernde Nass unter dem Boot und ich runzelte gleich darauf fragend die Stirn: "Hast du schlecht geschlafen?"

"So ähnlich." Abby schluckte geräuschvoll und wich meinen Blicken aus, was mich fast wahnsinnig machte. Ich hasste es, wenn sie mir etwas verschwieg.

"Abby", knurrte ich "was hatte ich dir zum Thema Lügen gesagt?"

"Dass du sie nicht magst." Schulter-zuckend und sich keiner Schuld bewusst seiend starrte sie auf das türkis-blaue Wasser und wagte es noch immer nicht zu sprechen.

"Schatz, du kannst es mir sagen."

"Weiß ich."

"Und warum tust du es dann nicht?" So langsam war ich genervt von ihrem Verhalten und wurde deshalb ein wenig lauter, was sie nun doch zwang, mich anzusehen.

"Weil ich nicht weiß, was ich davon halten soll", gab sie schließlich zu und senkte sofort wieder ihren Blick, was mich leise aufseufzen ließ.

"Wie darf ich das denn verstehen?"

"Es verwirrt mich einfach."

"Was?"

"Der Traum." Abby atmete tief ein und aus und leckte sich flüchtig über die Lippen, ehe sie ein wenig nach links rutschte und dann doch erzählte was mit ihr los war: "Ich habe schon wieder geträumt, dass ich mit dem Mädchen in einem Wohnzimmer sitze und wir uns über meinen Job und den Pakt mit meiner Chefin unterhalten." Sie seufzte auf: "Es hat sich so real angefühlt Alycia und ich weiß nicht, aber diese Situation kommt mir tatsächlich bekannt vor."

Während sie mir erzählte, dass sie mal wieder von der fucking Realität geträumt hatte, lenkte ich das Boot an den weißen Sandstrand, welcher uns in aller Pracht empfing. Anbei zertrümmerte ich mir innerlich den Schädel und war kurz vorm ausrasten. Wieso stand auf keiner einzigen scheiß Broschüre, dass Hirn-Trauma-Patienten ihr Leben im Schlaf Revue passieren ließen? Das war ja gemeingefährlich!

"Aber so etwas ist dir nie passiert", meinte ich Augen verdrehend, stieg aus dem Boot und band es an einem Holzpfahl fest "das war nur ein Traum. Du hast nie für irgendeine Chefin gearbeitet und dieses Mädchen, welches du da beschreibst, kenne ich auch nicht."

🏳️‍🌈 Hinter der Wahrheit (DIRTY)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt