Kapitel 15

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Jungkook

„Mein Herr, Ihre Augenbinde."

Fragend ziehe ich die Brauen kraus, als der Chauffeur meines Vaters mich mit seinen Worten zum Stehen bringt. Mein einer Fuß befindet sich bereits im Inneren des Autos, während meine blondhaarige Begleitung bereits angeschnallt hinter dem Steuer sitzt und vorfreudig mit dem zierlich langen Fingern auf dem Lenkrad trommelt. Der dunkle Stoff in den Händen des Mannes erinnert mich wieder an etwas.

„Ihr Vater bat mich diese für Sie stets bereitzuhalten, wegen... Sie wissen schon."

Meine zuvor von Gleichgültigkeit angehauchte Miene verschwindet wie ein Laubblatt im Herbst. Ich betrachte den dichten Stoff für einen Augenblick zögernd, ob ich ihn an mich nehmen soll, meine Sicht damit bedecken soll.

Hat mich die Begeisterung des Blonden etwa auch gepackt, dass ich ohne zu zögern in diesen Wagen gestiegen wäre, ohne weiter darüber nachzudenken?

Selbst all die anderen im Licht scheinenden Karossen habe ich nicht beachtet. Ich habe Taehyung eine Freude machen wollen, indem er die Rolle meines Chauffeurs übernehmen darf. Mehr war da nicht in meinem Kopf. Nur das.

„Na los, Jungkook. Nehmen Sie die Augenbinde schon an sich. Die Zeit sitzt uns bereits etwas im Nacken", spricht es von dem Inneren des Autos und ich erkenne etwas Positives in den Worten mitschwingen.

So nehme ich das Band eben an mich, noch immer etwas über mich selbst verwundert.

Der Angestellte meines Vaters schließt daraufhin die Tür des Wagens und er lächelt mir durch die geöffneten Fensterscheibe aus zu.

„Warte, ich zieh das di— ihnen an", bietet mein neuer Fahrer an, der ein liebevolles Lächeln auf den rosafarbenen Lippen trägt. Etwas abwesend blinzele ich, den Blick nur langsam von dem eigentlichen Chauffeur lösend.

Taehyung nimmt währenddessen die Stoffbinde an sich, um sie mir über die Augen zu legen, sie hinter meinem Kopf zu verknoten.

„Einfach drum und dann verknoten?"

Stumm nicke ich, die Hände dabei zwischen den Schoß geklemmt. So würde ich jetzt die gesamte Autofahrt über sitzen. Die Erfahrung in derartigen Situationen spricht für sich.

Nun hat sich meine Welt verdunkelt und ich spüre nur noch den dicken Stoff über meiner Nase, der zusätzlich wie ein alter Lumpen riecht. Unwohl rümpfe ich die Nase, doch bleibt der Rest meines Körpers reglos.

„Sie...? I-ich mach das. Einen Moment."

Unerwartet spüre ich, wie sich mein Nebenmann mir näher kommt, seine Hand dabei an der Außenseite meines Oberschenkels. Er versucht mich anzuschnallen, den Geräuschen nach zu urteilen, den Gurt zwischen die Finger zu bekommen und mir dabei dennoch nicht zu nahezukommen. Er scheitert, kläglichst.

Als er sich ächzend wieder in seinen Sitz fallen lässt, atmet er darauf erleichtert aus. Ein kaum hörbares Seufzen verlässt meine Kehle.

Ich höre die Fensterscheiben des Wagens hochfahren und wenige Sekunden später das Grollen des Motors. Wie sich mein eigenes Auto anhört, mit dem ich fast täglich zur Arbeit gefahren bin und mich dabei durch die innerstädtischen Verkehr Seouls geschlängelt habe, ist mir völlig entfallen. Es fühlte an wie vergangene Jahrzehnte.

Mirror Demon | Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt