Kapitel 36

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Taehyung

Tief und fest schläft der Junge in meinen Armen, als ich ihn die Treppen herauf in den ersten Stock trage. Er ist weit nach Mitternacht. In wenigen Stunden beginnt wieder mein normaler Arbeitstag, doch nach Jungkooks Worten sehe ich die kommenden Tage nicht mehr als normal. Es ist das passiert, wovor ich mich seit geraumer Zeit gefürchtet habe.
Ich seufze tief und blicke das ruhende Bündel an, dessen Wangen rot und sonstige Haut toten blass ist. Er sieht friedlich aus.

„Hältst du mich für verrückt?"

Diese Worte kreisen beinahe noch penetranter in meinen Wirrwarr an Gedanken umher, als sein Geständnis, dass er mich mag. Wie unschuldig es ihm einfach so herausgerutscht ist, zum zweiten Mal. Hätte es mich nicht so erschrocken, hätte es mein Herz erwärmt.

„Ja."

Seine Augen haben sich vor Schock geweitet, als ich das zu ihm sprach. Einen Schritt ist er zurückgegangen. Was hat er denn anderes erwartet?

„Aber tut das zur Sache?"

Er hat mich kaum ausreden lassen, denn die Traurigkeit aufgrund meiner Ehrlichkeit, verschlug mir die Stimme. Er suchte Halt an der Dachreling seines Wagens. Was habe ich mir nur dabei gedacht, ihn so viel trinken zu lassen?

Ich habe ihn anschließend einfach in den Arm genommen. In mir hat sich alles gesträubt. Ich weiß, dass diese Gefühle falsch sind, doch sind Gefühle menschlich und Menschen machen nun mal Fehler.

So strahlend, wie Jungkook gestern an meiner Seite die Zeit genoss — es muss lange her sein. Er benahm sich wie ein freigelassenes Tier, das nach Jahres der Isolation endlich wieder das Tageslicht auf der Haut spüren konnte.
Der Jungkook, den ich kennengelernt habe, ist nicht mehr mit dem Jungkook zu vergleichen, der nun in meinen Armen friedlich schläft.

Wie lange wird das anhalten?

Nur, da er inzwischen ein Lächeln auf den Lippen trägt, voller Freude lacht und der Dämon in seinem Verstand ruht, heißt das nicht, dass er über den Berg ist. Gott. Wir befinden uns noch immer am Fuß des Ganzen; wenigstens befinden sich kaum noch Ketten um unsere Gliedmaßen.

Sachte öffne ich die Tür zum Schlafzimmer des Jüngeren, sodass er nicht doch aufwacht. Genauso bedacht, lege ich ihn anschließend auf einem Bett ab. Das Licht aus dem Flur scheint gedimmt in den Raum hinein.

Ein Brummen zieht meine Aufmerksamkeit aus sich, als ich Jungkook gerade aus seinen Straßenklamotten befreie. Sein Schlafanzug liegt feinsäuberlich von der Haushälterin gefaltet auf seinem Kopfkissen.

Juri/Schwesterbär
Das mit der Distanz klappt nicht so, wie du dir das vorstellst oder?
Sent: 12:47 a.m

Ruckartig ziehe ich meine Hand zurück, die gerade dabei ist Jungkooks Schlafanzugoberteil zuzuknöpfen. Verwundert über die hellsehende Nachricht meiner Schwester, antworte ich ihr sofort. Ich hätte ihr vorhin doch nicht gleich schreiben sollen, aber ist mir die Situation einfach über den Kopf gewachsen. So vieles läuft schief, während so viel langsam zum Erfolg kommt.

Juri/Schwesterbär
Er klammert sich an dich, weil niemand anderes sonst wirklich für ihn da ist. Nicht so, wie du es bist.
Sent: 12:49 a.m

You
Ich weiß nicht, ob seine Gefühle echt sind. Er war ja auch schließlich betrunken, wie ich dir schon gesagt habe.
Sent: 12:50 a.m

Mirror Demon | Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt