Kapitel 44

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Jungkook

Die Szenerie muss an uns vorbeirauschen, wie das Gestrüpp des Waldes, würde ich auf Gons Rücken sitzen und wir gemeinsam durch die Natur galoppieren. Es gibt kaum etwas, was ich mehr vermisse als das.

Ich fasse den Knoten an meinem Hinterkopf aus Vorsicht noch einmal an — man kann nicht sorgsam genug sein. Jede mögliche Stresssituation muss ich nun meiden, um für den Junggesellenabschied genügend Kraft zu haben.

„Es ist nicht anders, als wir zusammen Essen waren, Taehyung", argumentierte ich den Älteren mundtot, als er seine Bedenken mir gegenüber in Angesicht des kommenden Abends offenbarte.
Ich ließ mich aber nicht von meinem Vorhaben abbringen und so sitzen wir jetzt gemeinsam und schweigend im Auto in Richtung Stadt. Die Motorgeräusche hallen in meinen Ohren wie ein störendes Lied. Meine Lider werden unter der dicken Augenbinde immer schwerer.

„Du sagst mir bitte sofort, wenn etwas nicht stimmt, oke?"

Ich gebe einen leisen einverstandenen Ton von mir, zu schläfrig, um ihn anständig zu antworten. Er sollte eigentlich wissen, wie viel mir dieser Tag bedeutet. Vor Aufregung habe ich die Nacht kaum ein Auge zubekommen.

„Ich hoffe, du weißt, was du tust, Jungkook."

~•~

Die Augenbinde behutsam abziehend, kann ich meine Augen nicht daran hindern, die Kulisse außerhalb des Autos zu untersuchen. Unverzüglich treffen sie auf den einzig geparkten Wagen weite und breit am Straßenrand, den roten Sportwagen meines Cousins. Da der Tag wolkenverhangen und die Sonne auf mich Rücksicht zu nehmen scheint, glitzert der Wagen diesmal nicht so prachtvoll, wie all die Male zuvor. Wir haben Jimin deswegen schon oft aufgezogen.

„Kommst du?", erkundigt sich Taehyung, der derweil um das Auto herum getreten ist und mir die Beifahrertür freundlicherweise geöffnet hat.
Gerade hat er doch noch neben mir... Was solls'.

„Kann ich deine Hand halten?"

Diese Frage scheint den Blondes zu Beginn etwas ins Stocken zu bringen. Nach kurzem Drehen seiner Rädchen im Kopf stimmt er mir allerdings zu und nimmt meine Hand in die seine. Sie ist warm. Seine Berührung kribbelt auf meiner Haut, aber nicht auf eine angenehme Art und Weise.

Als wir den Café Rouges Eingang und dessen seines Namens entsprechend roter Tür erreichen, löse ich mich von dem Älteren. Der Innenraum begrüßt uns mit einem süßlichen Geruch aus Gebäck, Kaffee, Zucker und Zimt. Er riecht beinahe wie Weihnachten. Tief atme ich den Duft ein, den ich schon so lange nicht mehr genießen konnte.

Das Gebäude befindet sich in der Innenstadt Seouls, fern ab des Trubels, aber man gelangt zu Fuß dennoch schnell zu den wichtigsten Orten.
Sein Innenraum ist über und über mit frischen Rosen und anderen roten Blumen geziert. An einer Theke befinden sich hinter einer großen Glasscheibe alle Arten, die man sich an Süßspeisen nur vorstellen kann. Sie alle werden von jeweils einer roten Rose aus Marzipan verziert. Mir läuft das Wasser förmlich im Mund zusammen.

„Koo! Mein Häschen! Da bist du ja endlich."

Die unverkennbare Stimme meines Cousins hallt auf mich zu. Ich lenke meinen Blick auf ihn und erkenne sofort das strahlende Gesicht und eine weitere Person ihm gegenüber, am für uns reservierten Tisch — befinden sich allerdings auch keine weiteren Gäste auf den restlichen Plätzen des Ladens. Die alt eisernen Stühle umschlungen von Kunstefeu sind trotz der Mittagsstunde leer.

Mirror Demon | Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt