Kapitel 4 - Unter einem schlechten Stern

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Zum Glück hatte Jay Cole den Weg zu den Kunstsälen ausführlich erklärt, sonst hätte er sich bestimmt wieder verlaufen.

Die Räume lagen ganz am Ende des Schulhauses und der Junge musste sich sputen, um nicht zu spät zu kommen und auf dem Weg dorthin, fragte er sich, wie er je wieder zurückfinden sollte.

Schließlich erreichte er das Klassenzimmer 2 Minuten nach Unterrichtsbeginn, doch Miss Lydia, ihre Kunstlehrerin, war noch nicht dort.
Also setzte er sich auf einen der Plätze in der hinteren Reihe.

Er war aufgeregt und hoffte inständig, dass die Leute die dieses Fach ebenfalls gewählt hatten, nett waren, oder ihn zumindest einfach ignorieren würden.

Er sah sich im Raum um.

Durch große Fenster auf der rechten Seite flutete die Nachmittagssonne und erleuchtete den riesigen Saal.
Lichtsprenkel tanzten an den unmengen von Zeichnungen, die an den Wänden angebracht waren, ebenso wie an Tafeln, auf denen wichtige Personen der Kunstgeschichte abgebildet waren.

Am anderen Ende des Zimmers standen Skulpturen aus Gips, die wohl von vorherigen Klassen der letzten Jahre angefertigt wurden und Cole hoffte, dass sie auch so etwas machen werden.

Der Rest der Klasse trudelte nun auch langsam ein und so füllte sich der Saal.

Gerade sortierte Cole vor Langeweile die Stifte auf seinem Tisch, als ihn eine laute, kehlige Stimme zusammenzucken ließ.

"Hey du Null, steh auf, das ist unser Platz!"

Blinzelnd sah Cole auf und erkannte über sich einen groß gebauten, stämmigen Jungen, mit kurz geschorenen dunkelbraunen Haaren und einem runden Gesicht, das von der Akne nicht verschont worden war.

"Na wirds bald?!", herrschte er ihn wieder an und seine Stimme hörte sich an, als wäre er in einem höllisch heftigen Stimmbruch.

Er kannte solche Leute von seiner alten Schule, die immer auf die kleineren losgingen und sich mit ihrer Gruppe mächtig aufspielten.

Nicholas war früher von genau diesen Möchtegern Machos aufs übelste gemobbt worden.

Aber in seiner neuen Schule wollte er nicht mehr der kleine Junge sein, dem man sein Pausenbrot wegschnappen, oder seine Schulsachen kaputt machen konnte. Oder schlimmeres...

"Ich war hier zuerst", setzte sich Cole mit leicht zitternder, aber klarer Stimme zur Wehr.

"Ach wie niedlich. Jetzt pass mal auf du kleine Ratte", der dicke Junge flüsterte nun bedrohlich.

"Ich und meine Kumpel saßen hier auch schon letztes Jahr und DU-", er drückte ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust, "-bist hier im Weg"

Cole ignorierte den Schmerz, den der Finger auf seiner Brust verursachte und schielte an dem Jungen vorbei.

Dort standen fünf weitere, die sich groß hinter ihm aufbauten und ihn gehässig auslachten.

"Verpiss dich", und damit wurde Cole hart von seinem Stuhl geschubst und landete auf dem kalten Fließenboden.

Sein Knie, auf das er gefallen war, begann zu stechen und er biss die Zähne zusammen.

Mit einem kurzen Blick auf seine restlichen Klassenkameraden, erkannte er, dass diese entweder weg sahen, blöd grinsten, oder sich klein machten und hofften nicht das nächste Opfer zu sein.

Und die Gruppe hinter dem Mobber lachte noch lauter.

"Das kommt davon, wenn man mir den Platz wegnimmt", sagte der große Junge laut und als Warnung an den Rest der Klasse gerichtet.

Das Leben von Cole HenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt