35. Das Wiedersehen

158 10 42
                                    

Ich stieg aus, bevor Lion überhaupt richtig anhalten konnte. Wir sind über sechzehn Stunden gefahren. Von North Caroline bis nach Ohio, den Ort, den ich so gar nicht vermisst habe. Keiner von uns beiden hat auch nur einmal die Augen geschlossen. Lion hat durchgehend gefahren. Ich habe ihm angeboten sich schlafen zu legen und ich fahre aber er wollte nicht. Ich konnte nicht schlafen, denn ich war entweder völlig nervös oder Tränen rollten über meine erhitzten Wangen.

»Bist du lebensmüde? Du hättest warten soll bis ich angehalten habe.«,beschwert sich Lion, als ich aus dem Auto stolpere. Ja, sehr wahrscheinlich bin ich lebensmüde aber das ist mir sowas von egal gerade.

Ohne auf Lion zu warten lief ich los, denn die Musik konnte ich bis hier herhören. Sie rief mir erneut die Tränen in den Augen, die unaufhaltsam über meine Wangen liefen. Nun betrete ich den Friedhof und werde sofort von alten Gräbern empfangen. Moos befiel die vielen grauen Steinen, aber auch viele von denen wurden sauber gehalten, von den jeweiligen Familien.

Früher hatte ich immer Angst auf einem Friedhof zu sein aber jetzt wo ich mehre Male dort war kann ich sagen das es halb so schlimm ist. Hier ist es ruhig. Wenige Menschen und hier fühlt es sich an als würde die Zeit stillstehen. Du stehst einfach da, starrt die Gräber an und dabei vergehen Stunden, wobei man dachte das Minuten vergangen wären.

Dieses Mal hatte ich keine Zeit mich in den vertrauten Umgebungen umzusehen, denn die Musik die gespielt wird hielt mich auf. Ich wusste, ohne hingeschaut zu haben, wer dasitzt, mit einer Gitarre in der Hand. Lion steht mittlerweile neben mir und starrt sowie ich auf ihn.

Seine braunen Haare standen in allen Richtungen ab und seine Augen sind geschlossen. Seine Finger streichen über die Seiten der weißen Gitarre und hinterließen eine wunderschöne Melodie, die direkt auf mein Herz traf.

Ich hatte nicht gemerkt, dass ich ein Schritt nach vorn gegangen bin, bis es unter meinen Füßen geknarrt hat und somit seine Aufmerksamkeit erlangt habe. Er legte die Gitarre zur Seite, stand auf und breitete seine Arme aus. Ohne groß zu überlegen rannte ich sofort auf ihn zu und schlang gleich darauf meine Arme um ihn. Da er größer als ich ist schwebe ich über den Boden als er mich umarmt und leicht hoch gebt. Er drückt mich fest an sich und auch ich konnte nicht anders und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge.

Ich fass es nicht das ich wirklich hier bin und dass wegen einer Nachricht.

Komm zum Friedhof. Ich werde warten, egal wie lange es dauert.
-Deacon

Ich bin wirklich gekommen und das wegen ihm. Einem Jungen, der mich im Stich gelassen hat. Ja, ich habe ihm keine Wahl gelassen aber sollte man einem Menschen, den man liebt, nicht immer zur Seite stehen, selbst wenn sie es nicht möchten?

Langsam ließ er mich runter aber aus der Umarmung lösten wir uns beide nicht. Es war zu schön um wahr zu sein. Der beste Freund meines Bruders steht mit mir Arm in Arm vor seinem Grab, nach Monaten der Funkstille. Das erste das mir aufgefallen ist das er sein Parfum gewechselt hat. Er riecht nach meinem Bruder, weswegen ich noch mehr weinte.

»Hey, hör auf zu weinen.« Er ließ mich los und packte mit beiden Händen meine Wangen, die komplett nass sind. »Ich bin jetzt da.«

Auch er hat Tränen in den Augen und lächelt leicht. Ich lächle auch und ging einen Schritt von ihm weg. »Ja, jetzt bist du da.«

»Ist er dein Freund?« Er zeigt mit seinem Finger auf etwas hinter mir. Ich drehe mich um und sehe direkt in Lions Gesicht. Er steht an einem Baum gelehnt und beobachtet Deacon mit einem düsteren Blick. Ich lache leise und schüttle dabei den Kopf. »Nein ist es nicht.«

Mit einem Kopfnicken deute ich Lion an das er sich zu mich stellen soll, was er sofort tat. Er stellt sich neben mich hin und sieht Deacon mit hochgezogener Augenbraun an. »Wegen ihm sind wir über sechzehn Stunden gefahren?«

Querida StonesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt