Sieben Jahre später:
Warme Sonnenstrahlen kitzeln auf meiner Haut. Der etwas leicht wehende Wind bläst mir die Haare aus dem Gesicht. Heute ist ein angenehm warmer Tag, nach einer langen und anstrengenden kalten Woche. Es ist schön mal etwas anderes als nur Kälte und Regen zu spüren. Ich liebe den Regen ja, aber es muss nicht immer so betrübt sein.
Da heute ein sehr schönes Wetter ist habe ich mich dazu entschieden ein Kleid zu tragen. Es ist weiß, oben etwas eng und unten luftig. Es hat einen V-Schnitt, der nicht zu tief ist. Das Kleid hat mir meine Mutter geschenkt, als sie und mein Vater mich besuchen gekommen sind.
Ich atme tief durch, ehe ich mich auf das weiche Gras nieder setzte und die weiße Rose auf seinem Grab lege. Ich weiß, die meisten würden eher eine rote Rose auf dem Grab eines Verstorbenen legen, aber rot steht nunmal nicht für die Liebe. Das tut die weiße Rose und insgeheim finde ich sie sowieso schöner. Obwohl mir bewusst ist, das mein weißes Kleid nur schmutzig wird von der Erde und dem Gras, bleibe ich trotzdem sitzen und ignoriere es.
Eine lange Zeit sitze ich nur da und starre auf die weiße Rose. Eine einzige weiße Rose, so wunderschön, so erfüllend. Die verwelkte weiße Rose, die ich vor zwei Wochen dahin gelegt habe, liegt neben der neuen und auch wenn viele es nicht so sehen werden, dennoch wunderschön ist. Ich finde, das tote Rosen immer noch Rosen sind und immer noch bewundert werden sollten. Nur weil sie tot sind, haben sie ihren Sinn noch nicht verloren.
Es ist wie bei verstorbenen Menschen. Nur weil sie tot sind bedeutet es nicht das du sie einfach vergessen kannst.
Ich nehme die alte Rose in meine Hand und drehe sie zwischen meinen Fingern herum. Ich werde sie behalten, sowie all die anderen verwelkten Rosen die ich seither gesammelt habe. Es sind nicht mehr so viele, aber trotzdem liegen sie in einer Vase bei mir Zuhause. Wenn die Vase voll ist lege ich alle Rosen in eine Schachtel, werfe einen Brief dazu hinein und vergrabe ihn irgendwo. Es gibt keinen speziellen Ort, wie zum Beispiel einen Garten, wo ich ihn vergaben könnte. Dort wo ich gerade bin und wo ich es mithabe, werde ich sie in die Erde verbuddeln.
Vergessen werden sie aber nicht.
Vielleicht, irgendwann wenn auch ich unter der Erde liege, wird es jemand finden und entweder über meine Briefe lachen, weinen oder es interessiert sie einen Dreck. Wie auch immer diese Person reagieren wird, sie wird es sicher nicht vergessen.
»Hey...«, zwinge ich mich zu sprechen. »Ich bin wieder da.« Ich streiche mir eine schwarze Strähne hinters Ohr. Dabei berührte ich meine Ohren, wo kleine silberne Monde dran hängen. Mehrere tiefe Atemzüge später versuche ich meine Gedanken in Worte zu fassen. Ich saß zwar oft vor seinem Grab aber meistens kam nichts als ein „Hey" über meine Lippen. Viel zu oft haben mir die Worte für all das gefehlt.
Viel zu oft konnte ich nicht her.
Man konnte einfach nicht erklären, was alles passiert ist. Man konnte nicht erklären, wie sehr ich mich verändert habe. Was ich aber in Worte fassen konnte, war, wie sehr ich ihn vermisste. Wie sehr ich seine Arme um mich spüren möchte. Wie sehr ich sein Lächeln und seine Augen vermisse.
»Ich hoffe es geht dir gut... wo auch immer du gerade bist«, flüstere ich gedankenverloren. Dann fing ich mich wieder und sah mit einem kleinen Lächeln auf dem Grabstein. »Na? Wie gefällt es dir?« Mit meinen Fingern fahre ich durch meine Haare und flippe eine Haarpartie auf die andere Seite. Ich habe mir meine Haare bis zu den Schultern geschnitten und die rote Strähne schwarz färben lassen.
Es war an der Zeit für Veränderungen, auch wenn nur kleine.
»Weißt du, ich bin ziemlich zufrieden damit. Es steht mir ungewöhnlich gut, nicht wahr?« Es ist keine Lüge. Die kurzen Haare stehen mir besser als die Langen und ich bin mehr als nur froh sie geschnitten zu haben.

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Querida Stones
Fantasy»Er hat niemals mich verloren. Ich habe ihn verloren.« Der Tod ihres Bruders sitzt so tief das Serina von ihren Eltern in eine andere Stadt verfrachtet wird. Nach North Carolina, zu ihren Onkel und ihrer kleinen Cousine, wo sie haufenweise Geheimnis...