Fünfzehn

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"Na komm, das kriegst sogar du hin!", versuche ich Alec zu motivieren, doch er steht nur ratlos neben mir. "Das rechte Bein vor das linke, runter, in der Hocke drehen und dann hoch.", erkläre ich und mache es währenddessen langsam vor. Unsicher sieht er mich an und versucht es mir nachzumachen, landet aber auf dem Hintern als er versucht, sich in der Hocke zu drehen. Schmunzelnd sehe ich zu ihm herunter. "Ich hab doch gesagt, ich kann nicht tanzen.", grummelt er und jetzt muss ich laut lachen. "Diesen Schritt lernen Achtjährige in ihrer ersten Stunde hier!", ziehe ich ihn auf und er sieht mich böse an.

"Na gut, wollen wir lieber Eis essen gehen?", biete ich zum Frieden an. Er nickt und streckt seine Hand nach mir aus. Lächelnd nehme ich sie und ziehe ihn zu mir hoch. "Ich muss nur kurz duschen und mich umziehen. Warte einfach draußen.", sage ich und er geht zum Haupteingang während ich in unserer Umkleide verschwinde. Schnell dusche ich mich ab und ziehe meine Klamotten an, bevor ich meine Tanzkleidung mit meinem Duschzeug in der Tasche verstaue und die Umkleide verlasse. Schnell überprüfe ich noch, ob alle Türen zu sind und verlasse dann das Gebäude.

"Ich bin mit dem Auto hier, aber ein paar Straßen weiter ist ein nettes Eiscafé, da sind wir zu Fuß schneller.", schlage ich draußen bei Alec vor und er nickt einfach. Schnell verstaue ich meine Sporttasche in meinem Kofferraum, hole lediglich meine Brieftasche, mein Handy, meine Schlüssel und meine Zigaretten heraus und stecke es in meine Hosentaschen. Da ich vor dem Training nie rauche stecke ich mir jetzt eine an und gehe zurück zu Alec, der auf dem Gehweg wartet. "Tut mir leid.", murmele ich, wegen der Zigarette in meiner Hand doch er lächelt nur verständnisvoll und geht neben mir her Richtung Café.

Dort angekommen setzen wir uns im hinteren Teil nebeneinander auf eine Eckbank und relativ schnell kommt ein Kellner der unsere Bestellung aufnimmt und uns wieder alleine lässt. "Schokolade ist immernoch deine Lieblingseissorte.", lächelt er mich an. Ich nicke. "Deine war damals Vanille, und jetzt Haselnuss?", frage ich, denn seine Bestellung kam mir ein wenig komisch vor. "Vanille ist immernoch meine Lieblingssorte, aber ich habe Angst wenn ich sie zu oft esse, dass ich sie nicht mehr mag.", erklärt er. Ich nicke verstehend.

Der Kellner bringt uns unsere Eisbecher und lässt uns wieder alleine. "Darf ich dich was fragen?", wendet sich Alec nach ein paar Minuten an mich. Ich nicke und stecke mir gleichzeitig einen Löffel Sahne in den Mund. "Wieso hast du angefangen zu rauchen?", fragt er. Es klingt nicht abwertend oder neugierig. Eher besorgt. Ich atme tief durch und lege meinen Löffel auf den kleinen Teller auf dem mein Eisbecher steht. "Nach dem Umzug ging es mir schlecht. Ich tat mich schwer damit neue Freunde zu finden und wurde lange Zeit gemobbt, sogar verprügelt. Ich habe die Schule gewechselt und dort dann Dot kennen gelernt, allerdings tat ich mich schwer damit alles zu verarbeiten und habe deswegen nur wenige Freunde.", fange ich an.

Schweigend hört er mir zu und legt seine Hand auf meine, die auf dem Tisch vor uns ruhen. "Meine Mutter musste vor zweieinhalb Jahren in die Psychiatrie. Sie hat versucht sich umzubringen. Sie war lange in Behandlung, ist es immernoch. Kurz nach ihrer Einweisung haben meine Eltern sich getrennt und mein Vater ist ausgezogen. Ich kam mit allem nicht klar und habe angefangen...", ich stocke und spüre, wie Alec den Druck seiner Hand um meiner verstärkt.

"Ich habe mich selbst verletzt. Ein paar Wochen jeden Abend. Irgendwann wollte ich aber nicht mehr, dass jemand sieht wie schlecht es mir geht, also habe ich stattdessen angefangen zu rauchen. Viele schieben es auf Gruppenzwang oder auf den Wunsch 'cool' zu sein und ich habe niemanden darin verbessert. Nur Raph, Dot, meine Eltern und mein Psychologe wissen den wahren Grund. Ich habe Angst das, wenn ich mit dem Rauchen aufhöre, ich mich wieder verletze. Beides ist eine Abhängigkeit, aber ich glaube rauchen ist weniger schlimm.", ende ich.

Vorsichtig legt Alec mir seine Hand an meine Wange und wischt mir die Tränen weg, die still über mein Gesicht laufen. "Du bist so ein starker Mensch.", murmelt er leise. Ein gehässiges Lachen entkommt mir. "Ich bin ein Wrack.", verbessere ich ihn. Geschockt lässt er mich los und endlich sehe ich ihn an. "Sag das nie wieder! Du bist der stärkste Mensch den ich kenne! Andere wären zerbrochen an dem was du durchmachen musstest! Und du bist immernoch so wunderschön.", stellt er klar.

Lächelnd sehe ich ihn an. "Danke Alexander. Aber hast du nicht gehört? Ich habe einen Psychologen, ich gehe regelmäßig zur Therapie um mit allem was passiert ist fertig zu werden. Ich habe stellenweise angst vor mir selber und dem was ich tun könnte. Vor den Gedanken die ich habe, wenn ich Nachts stundenlang wach im Bett liege und nicht schlafen kann. Und wenn du meine Beine siehst, wirst du anders denken.", murmele ich. Sanft streicht er mit einer Hand über meinen Oberschenkel.

"Wenn du irgendwann soweit bist mir diese Stellen zu zeigen, werde ich dir genau das selbe noch einmal sagen. Du bist perfekt so wie du bist, und deine Narben machen dich nur noch schöner. Und es zeigt von so großer Stärke, dass du dir Hilfe gesucht hast. Das du kämpfst für das Leben, das dir zusteht und die Menschen die dich brauchen. Und ich gehöre dazu! Ich brauche dich Magsi. Die Jahre ohne dich waren schlimm und immer wieder habe ich dich vermisst. An Geburtstagen, wenn etwas schönes oder schlechtes passiert ist und ich es dir nicht sagen konnte. Und jetzt habe ich dich wieder gefunden. Ich werde dir bei allem helfen, dich immer unterstützen. Egal ob bei den Tanzwettbewerben, den schlaflosen Nächten oder den Therapiestunden. Ein Wort, und ich bin da.", erklärt er.

Überwältigt von seinen Worten lehne ich mich an ihn und er legt sofort seine Arme um meinen Körper um mich fest zu umarmen. "Ich werde dich nie wieder verlassen, ich verspreche es. Und ich werde dir durch jede Hölle folgen bis du im Paradies angekommen bist.", flüstert er. Lächelnd greife ich in sein Shirt und halte mich an ihm fest. Diesen Jungen hat der Himmel geschickt und egal ob als besten Freund oder als Partner, ich will und brauche diesen Menschen an meiner Seite. "Ich bin schon im Paradies Alexander. Ich bin bei dir."

If I see you againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt