Zweiunddreißig

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Am nächsten Morgen machen wir uns schnell fertig und werden dann von einem Kleinbus zum Theater gefahren, wo der Wettbewerb stattfindet. Von einem Mitarbeiter werden wir in unseren Umkleideraum geleitet und dann allein gelassen. Zusammen sprechen wir noch die letzten Feinheiten der Choreografie ab, bevor wir auf die Bühne gerufen werden. Niemand ist hier, außer die Mitarbeiter. Weder die Jury, noch die anderen Gruppen dürfen diese Probe beobachten. Hodge spricht kurz mit den Technikern und wir stellen uns in der Zeit in unsere Aufstellung.

Nach der Probe - die sehr gut lief - werden Dot und ich mit Hodge in einen abgetrennten Bereich geführt. Wir setzen uns auf das bereitgestellte Sofa, gegenüber von einer freundlich aussehenden Frau. "Hey, schön das ihr hier seid.", lächelt sie einladend. Sofort mag ich sie. Ihre Körperhaltung ist offen und ihr Lächeln ist ehrlich. Sie stellt uns allen ein paar Fragen zu uns, unserem Team, unserer Arbeit. Dann wie wir uns fühlen, was wir erwarten, und warum wir uns entschieden haben hier mitzumachen. Geduldig beantworten wir abwechselnd die Frage, albern auch etwas herum.

Drei Stunden später sind wir fertig und stehen vor dem Theater. "Wow. Das war heftig.", seufze ich und lehne mich an eine der Außenwände. "Ich bin gespannt, wie die unsere Probe schneiden. Sie dürfen ja nicht alles zeigen.", überlegt Raphael neben mir. "Können wir bitte über was anderes reden. Ich meine, hallo? Wir sind in LA!", lacht Dot. Gemeinsam laufen wir die Straßen entlang und sehen uns die Stadt an. Immer wieder machen wir Bilder von der Stadt oder von uns. Und als wir Abends im Hotel ankommen, bin ich komplett fertig. Gerade so schaffe ich es noch zu duschen, bevor ich in Boxershorts und nur halb abgetrocknet ins Bett falle.

"Ich bin so müde, ich werde den Wettbewerb morgen so verschlafen.", murmelt Dot, als sie aus dem Bad kommt und Raphael duschen kann. Ich schließe mein Handy an das Ladekabel an und warte, bis es sich wieder anschaltet. "Und was sagt Alec zu unserem Video?", fragt Dot neugierig. "Keine Ahnung. Mein Handy ist seit fast zwei Stunden aus.", murmele ich und gebe meinen Pin ein. Sofort habe ich gefühlt tausend Nachrichten von meinem Freund. Grinsend wähle ich seine Nummer und noch vor dem ersten Ton hebt er ab.

"Gott, Schatz. Wieso meldest du dich nicht? Ich hab mir Sorgen gemacht!", zickt er sofort. "Tut mir leid, Liebling. Mein Akku war leer.", sage ich schmunzelnd und höre sein Kichern. "Du bist echt ein Schussel.", schimpft er liebevoll. "Erzähl mir was neues.", schlage ich lächelnd vor und ziehe währenddessen die Decke über mich. "Ich hab euer Video gesehen. Ihr habt bis jetzt die meisten Views.", erzählt er stolz. Lächelnd spiele ich am Anhänger meiner Kette rum. "Das ist toll.", murmele ich.

"Was ist los? Du klingst nicht begeistert.", fragt er besorgt. "Nichts. Ich bin nur müde und ich vermisse dich.", murmele ich abgelenkt. "Du spielst gerade an deiner Kette, richtig?", höre ich ihn und ich weiß genau, dass er gerade lächelt. "Ja. Den ganzen Tag schon.", seufze ich wehleidig. "Wie geht's Izzy?", versuche ich elegant das Thema zu wechseln. "Ganz gut. Sie redet viel über Raphael.", erzählt Alec lachend. "Echt? Raphael redet auch viel über Izzy.", stelle ich fest und habe im nächsten Moment ein Kissen im Gesicht.

Lachend nehme ich es und werfe es zurück auf meinen besten Freund. "Arschloch.", rufe ich. "Selber! Hör auf mit deinem Boyfriend über mich zu reden!", zickt Raphael. "Hallo? Wen nennst du hier Arschloch?", fragt Alec ebenfalls zickig. "Raphael. Er meckert, weil ich mit dir über ihn rede.", antworte ich lachend. Auch Alec und Dot fangen an zu lachen, nur Raph sitzt beleidigt auf seinem Bett und umarmt das Kissen, das ich ihm eben noch zurück geworfen habe.

"Ihr solltet langsam schlafen. Morgen ist ein wichtiger Tag für euch.", murmelt Alec irgendwann. Ich seufze leise. "Ja, du hast ja recht."
"Gute Nacht, mein Engel. Und viel Glück morgen.", sagt er liebevoll. Ich lächele glücklich. "Du auch, Schatz. Ich... hab dich lieb.", murmele ich stockend. "Ich dich auch. Bis morgen.", sagt er noch, bevor er auflegt. Seufzend lege ich mein Handy neben mein Bett auf den Nachttisch und fahre mir über's Gesicht.

"Ihr habt die drei Worte noch nicht gesagt, hm?", fragt Dot sanft. Langsam setze ich mich auf. "Nein. Wir sind ja erst zwei Wochen zusammen. Ich würde es ihm gerne sagen, aber ich will nicht zu aufdringlich sein. Am Ende sage ich es zu früh und verschrecke ihn.", erkläre ich meine Sorgen. Lächelnd sehen Dot und Raph sich an, bevor sie sich wieder an mich wenden. "Ihr seid echt süß. Alec denkt bestimmt genauso. Ihr beide liebt euch, das sieht jeder. Allein das Medallion sagt alles! Dieser Junge legt dir die Welt zu Füßen, mach jetzt mal du den ersten Schritt und sag ihm, dass du ihn liebst.", schlägt Raphael vor.

Lächelnd lasse ich mich in meine Kissen fallen. "Ihr habt ja recht. Aber sowas sollte man beim ersten Mal persönlich sagen, oder?", frage ich unsicher. "Du machst das schon, sobald wir wieder in New York sind. Jetzt konzentrier dich auf den Wettbewerb.", sagt Dot streng und schaltet dann das Licht aus. Das ruhige Atmen der beiden zeigt mir, dass sie wenige Minuten später eingeschlafen sind. Und ich? Ich liege wach in meinem Bett und denke an Alec. Mal wieder.

Ich bekomme ihn einfach nicht aus meinem Kopf. Bevor wir zusammen waren, war es schon schlimm. Aber jetzt beherrscht er jeden meiner Gedanken. Haben meine besten Freunde recht? Soll ich wirklich zuerst 'Ich liebe dich' sagen? Und wieso mache ich so ein großes Ding draus? Ich meine, Menschen sagen sich ständig, dass sie sich lieben! Ich sage es zu Dot und Raphael fast jeden Tag. Wieso konnte ich es Alec noch nie sagen? Ich meine, ich liebe ihn wirklich! Über alles.

Ich könnte niemals wieder ohne ihn leben. Er ist der Mensch, an dessen Seite ich alt werden will. Und wenn wir irgendwann alt und runzelig sind und graue Haare haben, dann sitzen wir auf der Verander unseres Hauses und sehen unseren Urenkeln beim spielen im Garten zu. Und wir sind einfach nur glücklich, weil wir zusammen sind. Also wieso sage ich ihm nicht einfach diese kleinen Worte? Habe ich wirklich so viel Angst, dass ich ihn abschrecke und so verliere? Aber er liebt mich doch auch! Sonst wäre er nicht mit mir zusammen! Und mit diesen verwirrenden Gedanken schlafe ich irgendwann endlich ein.

If I see you againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt