Dreiundzwanzig

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Fröhlich pfeifend räume ich meine frisch gewaschenen Klamotten in meinen Schrank. Alec kommt gleich vorbei, deswegen will ich noch schnell Ordnung in meinen vier Wänden schaffen. Ich bin wirklich aufgeregt. Jedes mal, wenn er hier ist, liegen wir in meinem Bett. Wir schauen Fernsehn, albern rum, reden, kuscheln sogar. Mir ist immer so schlecht vor aufregung, aber ich genieße diese Momente wirklich. Die Art, wie er mich berührt und mich ansieht. Als wäre ich das wertvollste auf diesem Planeten.

Ein Klopfen an meiner Tür lässt mich aufsehen und ich rufe ein fröhliches 'Herein!' über meine Schulter, während ich das letzte Hemd auf einen Bügel hänge und den Schrank schließe. Meine Zimmertür schließt sich ebenfalls und als ich mich schwungvoll umdrehe, bleibe ich plötzlich wie angewurzelt stehen. Mein Herz setzt einige Schläge aus und ich könnte grade gleichzeitig lachen und weinen. "Na, hast du mich vermisst?", fragt sie, ein neckendes aber liebevolles Lächeln im Gesicht. "Cat.", hauche ich und im nächsten Moment liegt sie in meinen Armen.

Sehnsüchtig drücke ich sie an mich, fühle ihre Wärme und ihre weiche Haut. Spüre ihren Herzschlag und ihren Atem an mir. "Was machst du hier?", frage ich völlig überfordert und nehme ihren Geruch in mich auf. Wie sehr ich es vermisst habe, sie vermisst habe! Schweren Herzens lasse ich sie los, als sie mich sanft von sich drückt und zu meinem Bett läuft. Lächelnd setzt sie sich und sieht mich auffordernd an. Schnell hole ich zwei Tafeln Schokolade aus einer der Schubladen meiner Komode, auf der mein Fernseher steht, und setze mich dann zu meiner Freundin.

Diese nimmt mir sofort das dunkle Glück aus der Hand, öffnet die Verpackung und beißt einfach von der Schokolade ab. Grinsend beobachte ich sie. Wir beide sind die einzigen die ich kenne, die Schokoladentafeln so essen. Schnell mache ich es ihr nach und sehe sie dann neugierig an. "Du trägst einen inneren Kampf aus und ich bin hier um dir zu helfen, dich selbst zu besiegen.", erklärt sie. Verwirrter als zuvor sehe ich sie an und beiße noch ein Stück Schokolade ab. "Na Alec. Du liebst ihn. Das weißt du.", hilft sie mir auf die Sprünge. Resigniert lasse ich den Kopf hängen.

"Hey, jetzt schau nicht so. Es ist nicht schlimm zu lieben.", beteuert Cat liebevoll. Ich nicke lächelnd. "Das weiß ich selber. Aber ich will nicht, dass unsere Freundschaft so kaputt geht. Ich habe ihm schonmal meine Gefühle gestanden. Damals waren wir Kinder, haben es nicht verstanden und normal weiter gemacht. Aber jetzt? Was ist, wenn es anders ist und ich alles zerstöre? Was ist, wenn unsere Vergangenheit jetzt unsere Zukunft verändert und ich ihn wieder verliere.", erkläre ich ihr meine Sorgen.

Sanft streicht sie mir über meinen Rücken. "Es ist okay, die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen, wenn du auf ihr aufbauen willst.", erklärt sie mir liebevoll. "Meinst du echt? Und wenn er garnicht schwul ist? Wenn er meine Gefühle wieder nicht erwidern kann und ich mich zum kompletten Idioten mache?", frage ich sie traurig. Ich lasse alle meine Zweifel raus und kämpfe im inneren mit mir, versuche die beste Entscheidung für alle zu treffen. Mitfühlend sieht sie mich an. "Hör auf an alle zu denken, und tue was für dich das Richtige und Beste ist. Versteck dich nicht, sperr deine Gefühle nicht weg. Nach allem was passiert ist, wird dich das nur Krank machen.", murmelt sie.

Verzweifelt sehe ich sie an. "Ich habe so angst davor, ihn zu verlieren.", flüstere ich heiser. Lächelnd streicht sie mir durch die Haare. "Mach die Augen auf Mags. Deine Angst vor Verlust blendet dich. Versuche klar zu sehen und du findest alle Antworten die du brauchst.", spricht sie liebevoll. Mit Tränen in den Augen sehe ich sie an, will mir jedes noch so kleine Detail von ihr einprägen. "Du fehlst mir so sehr.", hauche ich mit zitternder Stimme und der Kloß in meinem Hals droht mich zu ersticken.

"Wieso denn? Ich bin doch immer bei dir. Ich habe euch nie verlassen.", lächelt sie. Sanft drückt sie mir einen Kuss auf die Wange. "Ich werde immer hier sein, wenn du mich brauchst. Ich verspreche es.", flüstert sie. Ihre Stimme ist mehr ein Echo in meinem Kopf. Alles um mich herum dreht sich, Cat's Bild verschwimmt vor mir und ich schließe die Augen um gegen das aufkommende Schwindelgefühl zu kämpfen. Plötzlich habe ich das Gefühl tief zu fallen und im nächsten Moment sitze ich kerzengrade und schweißgebadet in meinem Bett.

Verzweifelt versuche ich mein rasendes Herz und meine schnelle Atmung unter Kontrolle zu kriegen. Das flackernde Licht meines Fernsehers wirft Schatten in meinem Zimmer. Mein Bett ist zerwühlt, aber keine Schokolade liegt herum. Ich habe geträumt und doch bilde ich mir ein, Cat's Duft noch wahrnehmen zu können. Schnell greife ich mir mein Handy und wähle die erste Nummer, die mir in den Kopf kommt. "Magnus? Was ist los?", fragt Alec sofort, nachdem er abgenommen hat. Er klingt verschlafen, seine Stimme ist angenehm rau und sofort habe ich ein schlechtes Gewissen.

"Habe ich dich geweckt?", frage ich entschuldigend. Ich höre ein Rascheln und dann ein leises Seufzen, vermutlich hat er sich grade aufgesetzt um nicht wieder einzuschlafen. "Ja, aber das ist schon okay. Seit du mir von deinen Schlafproblemen erzählt hast habe ich mein Handy Nachts immer auf laut, nur für den Notfall.", erklärt er. Lächelnd stehe ich auf und laufe leise durch die Wohnung. Im Wohnzimmer öffne ich die Tür zum Balkon und atme tief die frische Nachtluft ein. Auf dem Tisch liegt noch meine Schachtel Zigaretten, die ich seit Tagen nicht angefasst habe. Seit ich Alec wiedergefunden habe, rauche ich kaum noch. Nur noch ein bis zwei am Tag oder so.

"Na los, du brauchst das grade.", muntert Alec mich wissend auf. Seufzend zünde ich mir eine Zigarette an und lehne mich an das Geländer des Balkons. "Willst du darüber reden?", fragt er sanft. Kurz überlege ich. Soll ich ihm alles erzählen? "Ich habe was komisches geträumt und wollte einfach deine Stimme hören.", seufze ich schließlich. Ich weiß genau, dass er grade lächelt. "Hast du etwa von mir geträumt?", fragt er neugierig. Ich seufze wieder. "Nein, eigentlich von Cat.", weiche ich aus.

Er zieht scharf die Luft ein. "Schon gut. Es war nur sehr real, deswegen wollte ich mit dir reden.", murmele ich. "Magsi, ich bleibe bei dir okay? Hab keine Angst! Und jetzt geh schlafen, sonst hältst du die Fahrt morgen nicht durch.", witzelt er. Lächelnd mache ich die Zigarette aus und tapse wieder zurück ins Bett. "Ich hab dich lieb, weißt du das?", frage ich leise und kuschele mich in meine Kissen. "Ich habe dich auch liebe Magsi. Schlaf gut.", antwortet er. Ich seufze leise und dann legen wir auf. Sofort liege ich wieder in einem tiefen Schlaf, der nun von Bildern mit Alec geschmückt ist.

If I see you againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt