Völlig neben mir betrete ich hinter Dot für unseren Auftritt die Bühne. Die Sache mit Alec und Camille beschäftigt mich und beherrscht meine Gedanken. Ich kann mich auf nichts anderes konzentrieren. Ich stelle mich auf meine Position und atme tief durch. Im Versuch alle Gedanken auszuschalten schließe ich die Augen und entspanne meine Muskeln. Tanzen ist meine Leidenschaft. Ich schaffe das! Entschlossen öffne ich die Augen, sehe ins Publikum und warte. Die Musik startet und sofort fangen wir mit der Choreo an. Ein Move nach dem anderen. Mehrere Positionenswechsel.
Der letzte Ton verklingt, wir stehen in unserer Schlusspose und der Applaus von den Leuten dröhnt in meinen Ohren. Die Moderatorin betritt die Bühne und ich flüchte beinahe in unsere Umkleide und atme hektisch ein und aus. Der Auftritt lief erstaunlich gut, ich hatte mich besser im Griff, als ich dachte. "Magnus? Alles okay?", höre ich Dot und spüre dann ihre Hand auf meinem Rücken.
Hektisch atmend schüttele ich den Kopf und wähle mit zittrigen Fingern die Nummer meines Freundes. "Hey, hier ist Alec. Oder auch nicht. Ich bin gerade beschäftigt, melde mich aber später zurück". Mailbox. Perfekt. Frustriert lasse ich mein Handy fallen. "Hey, ihr liebt euch. Alec weiß, dass du ihn nie betrügen würdest. Mach dir keine Gedanken.", versucht sie mich zu beruhigen.
Vier Stunden später sitzen wir in einer Bar in der Nähe des Hotels. Jace, Dot, Raph und Ramiro unterhalten sich ausgelassen, jedoch spiele ich nur nachdenklich an meinem Glas herum. Als jemand an meiner Schulter rüttelt sehe ich auf in Jace's Gesicht. "Hey, mach dir nicht so einen Kopf. Ihr wart fantastisch, aber die Bulgaren haben es echt drauf. Der zweite Platz ist doch auch gut!", versucht er mich aufzumuntern, allerdings auf einem völlig falschem Weg.
"Darum geht es gar nicht.", murmele ich so leise, dass Jace mich nur mit Mühe in dem lauten Raum verstehen kann. Fragend sieht er meine beste Freundin an, die ihm wortlos ihr Handy reicht auf dessen Bildschirm das Bild zu sehen ist. Das Bild, das meine komplette Beziehung, mein ganzes Leben, zerstören könnte. Jace sieht sich das Bild an, dann zu Ramiro, dann zu mir und reicht Dot ihr Handy zurück. "Alec hat es gesehen?", fragt er besorgt. Ich zucke mit den Schultern. "Er geht nicht ans Handy. Nur die Mailbox. Jedes mal. Und meine Nachrichten gehen auch nicht durch.", jammere ich.
Ich habe Alec noch nie so sehr vermisst, mir noch nie so sehr gewünscht er wäre hier. Verzweifelt versuche ich erneut, wahrscheinlich zum dreihundertsten Mal heute, Alec zu erreichen doch wieder geht nur die Mailbox dran. "Verdammt.", murmele ich und lege mein Handy auf den Tisch vor mir. Tränen brennen in meinen Augen und ich atme tief durch, um sie zurückzuhalten. "Er meldet sich schon noch.", muntert Raphael mich auf. Ich nicke leicht und erhebe mich müde. "Ich geh ins Hotel, schlafen. Bis morgen.", murmele ich und verlasse dann die Bar.
Auf dem kurzen Weg ins Hotel rufe ich noch viermal bei Alec an, doch jedes mal springt die Mailbox an. Seufzend öffne ich mit der Schlüsselkarte meine Zimmertür und lasse mich auf mein Bett fallen. Ich hasse mich. Und ich hasse Camille. Und ich hasse dieses beschissene Leben! Ich zerstöre meine Beziehung. Ich verliere diesen wichtigen Wettbewerb. Und es gibt nichts, was ich tun kann. Und wieder versuche ich Alec zu erreichen. Und wieder einmal geht nur die Mailbox ran.
"Gott, das kann doch nicht wahr sein.", murmele ich und werfe mein Handy einmal quer durch den Raum. Mein Blick fällt auf meinen Rucksack. 'Soll ich...' Bevor ich den Gedanken beenden kann stehe ich auf und öffne die kleine Tasche an der Vorderseite meines Rucksackes. Schnell hole ich die kleine Schachtel hervor und starre sie an. Ich habe sie Alec damals abgenommen, nachdem ich wegen des Halbfinales so fertig war. Seit dem habe ich sie nicht mehr angefasst, aber für Notfälle habe ich sie immer dabei.
Kann man das jetzt als Notfall sehen? Es geht ein Bild rum, auf dem ich mit einem Typen zu sehen bin. In einem Hotelbett. Halbnackt. Mein Freund reagiert auf keinen meiner Kontaktversuche. Ja, das ist eindeutig ein Notfall. Seufzend ziehe ich meine Schuhe an und streife mir meine Sweatshirtjacke über. Mein Handy lasse ich im Zimmer, nur meine Schlüsselkarte stecke ich ein, schnappe mir die Schachtel mit dem Feuerzeug und verlasse das Zimmer.
Auf dem Weg nach unten drehen sich meine Gedanken und schnüren mir die Kehle zu. Wieder brennen meine Augen durch die Tränenflüssigkeit die sich darin sammelt und ich blinzele ganz schnell. Nur nicht weinen. Das hat er nicht verdient. Wieso sollte ich auch um ihn weinen? Wenn er mir so wenig vertraut, dass er diesem Bild eine Bedeutung zuschreibt, dann liebt er mich nicht wirklich. Und dann muss ich auch nicht um ihn weinen!
Schnell durchquere ich die Lobby und trete nach draußen. Die Sonne ist bereits untergegangen und eine kühle briese streift meine Haut. Auch wenn es bereits dunkel ist, sind es locker noch 27° im Schatten. Spanien ist echt toll, nie frierst du hier. Und trotz der hohen Außentemperatur ist mir von innen eisig kalt. Warum meldet er sich nicht? Hat er das Bild gesehen und sofort mit mir abgeschlossen? Seufzend lasse ich mich auf eine Bank sinken und sehe auf die Schachtel in meiner Hand.
Langsam ziehe ich eine der tödlichen Stangen heraus und klemme sie zwischen meine Lippen. Dann führe ich das angezündete Feuerzeug daran und ziehe den wohltuenden Rauch in meine Lungen. Das Feuerzeug und die Schachtel wandern in meine Jackentasche, die Zigarette nehme ich zwischen meine Finger. Alle paar Sekunden ziehe ich den ekelhaft schmeckenden Rauch in meine Lungen und puste ihn wieder aus. Es hilft, mein Gedankenkarussell hört auf sich zu drehen und mein Puls beruhigt sich langsam. "Magsi?", höre ich eine bekannte Stimme hinter mir und sofort setzt mein Herz aus.
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Yesss ich lebe noch. Und tut mir leid, dass ihr so ewig warten musstet. Die Geschichte endet in ein paar Kapiteln, deswegen werde ich jetzt jeden Tag was hochladen. Ich hoffe ihr freut euch! Schönen Samstagabend noch.❤️
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If I see you again
FanfictionStell dir vor, du triffst die Liebe deines Lebens in Kindertagen, wirst aber von ihr getrennt. Jahre vergehen, in denen ihr keinen Kontakt habt, du lebst dein Leben, verliebst dich und sammelst Erfahrungen, doch vergessen kannst du ihn nicht. Und ei...