10 Verabschiedung

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"Wirst du irgendwann mit mir reden?", fragt Draco hinter ihr leise. "Ich rede mit dir, Draco, aber Abstand hilft uns beiden mehr."

"Du nimmst nicht einfach Abstand. Du distanzierst dich regelrecht von mir.", meint er vorwurfsvoll und sie schaut ihn ignorierend durch den dunklen Raum. Darauf kann und will sie nichts erwidern, denn sie braucht Konzentration. Sie hat eine Aufgabe zu bewältigen und dabei entgehen ihr nicht die auffordernden und gleichzeitig genervten Blicke Snapes. Wem diese Genervtheit nun allerdings gilt, weiß sie nicht, aber warum sollen sie Draco gelten? Gleichzeitig spürt sie die dunkle Magie näher kommen.

Schon aus der Ferne.

Es wundert sie, dass er sich nochmal her wagt, obwohl gestern Auroren das Gelände betreten haben - dank richterlichem Beschluss, doch das interessiert ihn anscheinend nicht. Laut atmet sie aus und befreit ihren eigenen Geist von diesen Gedanken. Sie schaut kurz nach links und muss ein Lächeln unterdrücken als sie Snape dabei erkennt, wie er sie mustert. Sie glaubt jedenfalls, dass sie gemeint ist und allein bei dem Gedanken schlägt ihr Herz schneller.

"Er ist da.", sagt sie leise und streckt die Schultern durch.

"Woher weißt du das?"

"Das fühlt man!", meint sie Ernst und erntet verwirrende Blicke der Malfoys.

"Ihr etwa nicht?"

"Nicht im geringsten.", flüstert Draco und auch die anderen stimmen mit ein. "Hm.", brummt sie leise und betrachtet erneut Snape, dem es ähnlich wie den anderen ergeht. Ihr gesamtes Dasein ist absoluter wahnsinn. Als sie die Präsenz des dunklen Lords so stark spürt, dass sie denkt, er stehe neben ihr, blickt sie abwartend auf die Türe und verbannt jegliche Gedanken über ihre Fähigkeiten. Zu ihrer Überraschung kommt er nicht durch die Türe, sondern durchs Fenster. Der Schock zeichnet sich auf jedem Gesicht im Raum ab. Selbst Snape erschreckt für den Bruchteil einer Sekunde, doch hat sich in der nächsten und als erster in dieser Runde wieder im Griff. Auf nackten Füßen und über die Splitter des zerbrochenen Glases läuft Voldemort auf Toula zu. Rotes Blut bleibt dabei schmatzend am Boden kleben. Sie verbeugt sich augenblicklich als er ihnen gegenüber stehen bleibt und seine Augen über alle Anwesenden schweifen lässt. Ihre Augen kleben auf der Blutspur hinter ihm, die sie überdeutlich erkennt. "Hm, mein Kind, ich kann es kaum erwarten von Severus deine Fortschritte bezüglich Harry zu erfahren." "Mein Herr.", begrüßt sie ihn erstmal und setzt zum weiteren sprechen an. "Ich werde alles dafür tun Harrys Verstand für Euch zugänglich zu... lassen.", meint sie nachdenklich und runzelt die Stirn.

"Draco.", zischt Voldemort von ihr ablenkend und das ist noch nicht der Moment, in dem sie in seinen Kopf eindringen sollte, doch sie kann auf jeden Fall. Ihr Bewusstsein muss jedoch abrufbar sein. Zu jeder Zeit. Eine Tatsache, die sie nervös werden lässt, denn bei einem solchen Suchprozess muss sie ohnehin konzentriert und schnell arbeiten. Das in halber Geschwindigkeit zu machen und auf das Risiko hin entdeckt zu werden, bringt sie durchaus ins Schwitzen. Wobei sie in seiner Gegenwart immer abrufbar sein sollte. Selbst dann, wenn sie denkt nicht mehr angesprochen zu werden. Unauffällig atmet sie tief ein und konzentriert sich rein auf den Verstand Voldemorts. Das unsichtbare Eindringen in ein Gedächtnis gefällt ihr besonders gut. Statt mit einem sichtbaren Körper durch seinen Verstand zu laufen und die Barrikade zu durchbrechen, tut sie dies unsichtbar. Es ist so einfach, wie man denkt, dennoch können auch unsichtbare Eindringlinge abgewehrt werden. Man muss nur wissen wie. Innerlich drängt sich ein siegessicheres Lächeln auf ihre Lippen, während ihr Blick schweifend durch die Dunkelheit wandert.

In der Ferne erkennt sie das Licht, welches sein Zentrum der Magie darstellt. Irritierenderweise ist es nicht weiß, nein, es leuchtet in einem dunklen grau. Es ist sicher genauso strahlend, aber nicht weiß. Sogar die Atmosphäre fühlt sich anders an als es bei ihr selbst oder bei Draco der Fall ist. "Du wirst großes leisten, mein Junge.", hört sie Voldemort wie beiläufig sagen, als wäre sie noch in der realen Welt. Verknüpft mit der Realität durch eine Art Kopfhörer, obwohl sie mental in einer ganz anderen Welt ist. Eilig läuft sie darauf zu, während sich seine Erinnerungen wie nebenläufig beginnen zu bilden. Ohne zu zögern beschleunigt sie ihren Schritt, durchforstet Erinnerungen einer Zeit, die schon lange vergessen ist: seine Kindheit. Eine Zeit, in der er noch menschlich war. Ob er Menschlichkeit besaß, ist eine andere Frage.

Das Versteckspiel der Todesser (Severus Snape FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt