Vertraue niemanden

Kapitel 28

10.August.1994

Liebes Tagebuch,

Heute war ich mit Scelus im Wald. Wir waren am Tümpel. Wie immer. Es war so warm und ich schlug vor, dass wir doch dort schwimmen gehen könnten. Scelus begann zu lachen, so als hätte ich irgendwas lustiges gesagt.,,Das würde ich aber allerdings nicht machen. Wer weiß was alles in diesem Tümpel rumschwimt oder noch rumschwimmen wird..." Ich bin trotzdem aufgestanden. Ich war barfus und hab meinen großen Zeh in das lauwarmes Wasser gehalten. Bevor ich ihn wieder rausziehen kontne, hat mich Scelus von hinten auf den Boden geworfen. Er hat sein Bein auf meine Brust gestützt, so dass ich nicht mehr aufstehen konnte.,,Ich hab dir doch gesagt du sollst das lassen! Du hast wieder nicht auf mich gehört, du kleine Hure!" Er hat mit seinem Fuß immer mehr zugedrückt. Ich habe fast keine Luft mehr bekommen.,,Entschuldige dich!"sagte er mit schnarrender Stimme. Keuchend nickte ich. Auch wenn mir das Atmen schwerfiel, stammelte ich.,,Es tut mir Leid. Verzeih mir. Das kommt nicht mehr vor. Bitte,bitte mach deinen Fuß da weg. Du tust mir weh." Scelus lachte und lies mich los.,,Das war doch erst der Anfang, liebes. Wenn ich mit dir fertig bin, dann wirst du mich anflehen dich zu töten, damit du die Schmerzen nicht mehr aushalten musst." Sein Blick war wieder so verschleiert, wie in der Lagerhalle. Mir war sofort klar, dass er zu allem in der Lage war. Ich musste so schnell wie möglich weg. Immer noch schwer atmend stand ich auf und rannte so schnell ich konnte. Hinter mir hörte ich einen zornigen Aufschrei von Scelus und ich hörte seine schweren Schritte hinter mir. Kleine Stöckchen bohrten sich in meine bloßen Füße. Blätter und Äste peitschten mir ins Gesicht, aber ich stoppte nicht. Ich dachte nichtmal daran. Mein Herz raste. Ich konnte nicht mehr laufen. Ich spürte wie meine Beine nachliesen. Schnell versteckte ich mich hinter einem Baumstamm. Von der Ferne konnte ich Scelus rufen hören.,,Komm raus, komm raus wo immer du bist." Seine Stimme, war voller Hass als er wieder schrie.,,Oh eine Hure und ich zusammen in einem Wald. Wie soll das denn enden." Mir wurde schlecht. Scelus hatte mich schon öfters gezwungen. Ich hatte solche Angst vor ihm, ich hatte mich nie gewährt. Gerade als ich das dachte, legten sich Hände um meinen Nacken. Er hatte mich gefunden und das was mich danach erwarten werde, werde ich nie vergessen. Es wird mich immer belasten. Ich hielt die Schmerzen aus. Wollten ihm nicht die Genugtuung geben zu weinen.
 Liebes Tagebuch, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin dort heil rausgekommen zu sein. Ich weiß nicht mal wie ich das geschafft habe. Alles ist so schnell passiert.. Ich muss diesen Eintrag mit meiner linker Hand schreiben. Er hat seinen Fuß auf meine rechte Hand gestellt. Sie ist taub, blau und angeschwollen. Und das ist noch das mindeste was er mir zugefügt hat. Ich will dass das endlich aufhört, Sollte ich zur Polizei gehen?Meine Eltern würden mich hassen, wenn sie erfahren würden, dass ich mich immer noch mit Scelus treffe. Sie würden mich verstoßen und würden sagen, dass ich selber daran Schuld bin, was mir passiert ist. Vielleicht haben sie und Scelus recht. Vielleicht bin ich nur eine Hure.Jemand der nichts besseres verdient hat.

Deine Samantha

Verwirrt starrte ich Ty an. Er klappte das Tagebuch zu.,,Wo zum Teufel hast du das her? Bist du in mein Zimmer eingebrochen?!"Ty verdrehte seine Augen genervt.,,Ich bin nicht eingebrochen. Dein Fenster war offen und außerdem habe ich auch ein Recht darauf das Tagebuch zu lesen, es geht mich genauso was an wie dich". Ich schwieg. Irgendwie hatte er recht.,,Trotzdem...du hättest mich auch einfach fragen können. Und warum hast du Wes vorhin ins Gesicht geschlagen. Spinnst du total?!"keifte ich wieder los. Ty wurde rot.,,Ich...ich wollte doch nur meine...kleine Schwester verteidigen. Ich war eifersüchtig. Als Bruder natürlich. Wir sind Geschwister...ich meine ich wollte dich nur beschützen."Er stammelte vor sich hin. Ich winkte ungeduldig ab.,,Darüber will ich jetzt wirklich nicht nachdenken?Warum hast du mich in den Wald gebracht? Wegen dem Tagebucheintrag? Ich wette du hattest dieselbe Idee wie ich, in dem Tümpel nach zu schauen...auch wenn ich wirklich hoffe, dass wir nichts finden."Ty nickte. Er nahm mich an der Hand und zog mich durch die dichten Bäume,noch tiefer in den dunklen Wald hinein. Bald darauf, standen wir auf einer kleinen Lichtung. Sie war wunderschön. Der Mond leuchtete direkt auf uns. Auf der Lichtung, war eine kleine Blumenwiese, auf der rote Mohnblumen wuchsen. Genau auf der Mitte der Wiese, lag ein kleiner Tümpel. Wieder musste ich an das Tagebuch denken. Ich konnte verstehen warum Mum und Scelus gerne hier gewesen waren. Es war sehr romantisch und so friedlich. Nur Mum´s Tagebuch und Polizeiberichte zeigten was hier schon alles schlimmes passiert war. Ty sah mich an, als wir direkt vor dem Tümpel standen.,,Willst du, oder soll ich?"fragte ich mit dünner Stimme. Er lächelte gequält.,,Tu dir keinen Zwang an."Wiederspenstig zog ich meine Heels aus. Ich tunkte erst meinen großen Zeh ein, so wie es meine Mum schon vor zwanzig Jahren gemacht hatte. Dann stieg ich ganz rein. Das Wasser war lauwarm und roch moderig. Es roch nach Tod. Angewiedert wadete ich zur tiefsten Stelle und durchforstete mit meinen Armen den Boden. Außer Schlamm und ein paar Unterwasserpflanzen fand ich, aber nichts.,,Weißt du warum ich nicht in das Wasser wollte, Kate? Die Frauenleiche ist nämlich in diesem Tümpel an ihren Stichverletzungen gestorben. Du badest gerade also in ihrem Blut." sagte Ty. Panisch bewegte ich mich in Richtung Rand und zog mich zurück auf die Wiese. Erst jetzt bemerkte ich, dass an meinem Bein etwas hing. Ein Schal. Ein rosa Schal mit Herzchen drauf. Ty´s Augen weiteten sich.,,Der gehört Anna. Sie hat den schonmal auf einem Foto getragen, dass mir Amy gezeigt hat!"