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Devan zuckte mit den Schultern. "Ich weiß, aber vielleicht bringt es uns weiter."
Ich hob die Schultern, stand auf und umrundete den Tisch. Auf der anderen Seite standen Energy-Drink-Dosen und ich nahm mir eine. "Klingt mir irgendwie ziemlich spekulativ." Mit einem Knacken und Zischen öffnete sich die Dose und ich trank einige Schlucke.
Marc stellte sich aufrechter hin und verschränkte die Arme, während er mich musterte. "Was aber nicht heißt, dass diese Methode nicht zum Erfolg führt."
Ertappt hob ich die Hände und stellte die Dose ab. "Hey, hab' ich doch gar nicht gesagt! Wenn ihr versteht, was ihr da tut, tut es, denn ich verstehe es nicht."
Lou zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Typisch."
"Hey, ich kann nichts dafür, dass ich kein *nerdisch* spreche", verteidigte ich mich schmunzelnd.
Lou verdrehte die Augen und wandte sich wieder den Bildschirmen zu, während Devan gespielt beleidigt die Arme verschränkte. "Ich dachte, du magst mich."
Ich zuckte mit den Schultern und umrundete den Tisch wieder, um mich wieder auf meinen Stuhl fallen zu lassen. "Solange du nicht den Nerd raushängen lässt."
Devan schaute schnell an sich herunter, bevor er mir wieder in meine amüsiert funkelnden Augen blickte und gespielt beleidigt die Arme verschränkte. "Bei mir hängt überhaupt nichts raus", protestierte er sofort.
Lou hob unauffällig die Augenbrauen. "Da würde dir Lilly sicher widersprechen."
Kampfeslustig ließ ich meinen Blick von ihr zu ihm gleiten und meinte: "Das kann ich ja später selbst beurteilen."
Devan streckte mir die Zunge raus und Marc verdrehte die Augen, bevor er uns beiden einen leichten Klaps auf den Hinterkopf gab. "Zurück an die Arbeit!"

Am Abend des nächsten Tages verließ ich im Minirock und High Heels mein Hotelzimmer. Ich wollte endlich mal wieder abends weggehen. Und die nervenzehrenden Probleme der letzten Tage hatten diesen Wunsch nur verstärkt. Während ich die Treppe hinunter lief, ging mir wieder die Vorschrift durch den Kopf, dass Agenten im Dienst zu ihrer eigenen Sicherheit und der ihrer Kollegen nüchtern sein mussten. Zum Fuck mit dieser Vorschrift! So viel würde ich schon nicht trinken. Und selbst wenn, so wie es im Moment aussah, wollte Marc mich in Zukunft sowieso von diesen Ermittlungen fernhalten. Fuck auf Marc, heute Abend würde ich mich mal bei einem Gläschen Wein entspannen können.
Ich ging in eine Bar in der Nähe von der Bäckerei, wo ich mich mal mit Alexander getroffen hatte. Als ich die Tür aufstieß, stieg mir sofort der deftige Geruch nach Holz, Rauch und Bier in die Nase. Aber ich ließ mich davon nicht abschrecken, im Gegenteil. Ich schlenderte zur Bar und ließ mich auf einen der Barhocker fallen.
"2 Bourbon, bitte", bestellte ich und winkte dem Barkeeper zu.
Die hatte ich mir auch wirklich verdient.
In der Bar lief irgendein Electronic-Techno-Song, den ich irgendwo schonmal gehört hatte, aber ziemlich nervig fand. Egal, heute Abend würde ich dieses winzige Detail wohl ausblenden können.
Der Barkeeper schob mir die zwei Gläser zu. „Na, Ihre Begleitung kommt wohl noch?", erkundigte er sich neugierig, während ich schon das erste Glas in einem Zug leerte.
„Nö, heute will ich mal ausspannen von meinem stressigen Arbeitstag", gab ich ihm zur Antwort.
Er nickte nur, aber seine hochgezogenen Augenbrauen waren Antwort genug.  Ich kümmerte mich nicht weiter um ihn und drehte mich Richtung Gastraum, um die Gäste zu überfliegen. Irgendwie war es zur Angewohnheit geworden, immer die Lage im Blick zu haben und nach möglichen Gefahren Ausschau zu halten. Sogar meine Waffe hatte ich dabei. Ich knirschte unzufrieden mit den Zähnen und drehte mich wieder zu meinem Glas. Fuck. Ich wollte doch eigentlich heute mal die Arbeit vergessen, die gerade in der letzten Zeit so anstrengend war.
Ein Mann, der ebenfalls allein, nur mit einer Flasche Bier am Tresen saß, fing meinen Blick auf, mit dem ich Löcher in die Luft gestarrt hatte. Er hielt meinen Blick eine Minute lang, dann kam er rüber.
„Na, bist du auch versetzt worden?", fing er an, sobald er in Hörweite war und setzte sich neben mich. „So wie du dreinschaust, könnte man fast meinen, dass du einem geplatzten Date hinterher trauerst."
Ich lächelte leicht. „Nein, ich..." Ich deute auf mein Glas. "Ich trinke bloß."
Er nickte, wirkte dabei aber geistesabwesend. „Drei Stunden."
Fragend blickte ich ihm ins Gesicht.
„Drei Stunden habe ich hier auf sie gewartet, aber sie ist nicht aufgetaucht. Hat noch nichtmal 'ne Nachricht geschrieben." Er schüttelte verständnislos den Kopf und presste verbittert die Lippen zusammen. „Jetzt betrinke ich mich."
Ich nickte und starrte  wieder in mein Glas. „Manchmal ist das Leben so frustrierend." Und damit leerte ich auch das zweite Bourbon-Glas.
Er brummelte etwas, das wie Zustimmung klang. Ein paar Minuten schwiegen wir beide. Diese Zeit nutzte ich, um wieder einen neuen Bourbon zu bestellen.
Dann erhob er wieder seine Stimme. „Ich bin übrigens Toni.”
„Lilly”, stellte ich mit einem kurzen Kopfnicken vor.
„Also, Lilly.” Er drehte sich auf meinem Stuhl vollständig zu mir. „Weswegen bist du hier? Weswegen trinkst du?”
Ich zögerte. Wieso wollte er das wissen? „Schwierige Situation auf Arbeit”, nuschelte ich und studierte intensiv seine Reaktion. „Stress mit meinem Boss.”
Er verzog das Gesicht und wandte sich wieder seinem Glas zu. „Autsch.”
Ich nickte nur und starrte wieder den Bourbon an.
„Vielleicht solltest du mal langsam machen, wenn du nicht sturzbetrunken mit dem Krankenwagen abgeholt werden willst”, meinte er, ohne mich anzusehen.
„Mhh”, brummte ich nur und leerte den dritten Bourbon.  „Ich vertrage einiges an Alkohol, bevor ich umkippe.”
Er nickte nur und zog die Augenbrauen hoch. „Sollen wir vielleicht noch in einen anderen Laden gehen?”, fragte er auf einmal. „Ich kenne da einen Club in der Nähe.”
Ich schaute ihn an. „Warum nicht? Solange es da Alkohol und gute Musik gibt.”
Er zog eine Grimasse.  „Aber sowas von. Du wirst begeistert sein.”

Most wantedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt