Prolog

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Die Tür fiel dumpf ins Schloss, als sie das Hotel verließ. Auf der Straße blickte sie sich um und erkannte einen Mann, ihre Zielperson.
„Hey!" Sie joggte zu ihm hinüber.
„Hey", begrüßte er sie etwas zögerlicher.
„Wir haben uns doch schonmal gesehen!", fing sie enthusiastisch an, doch er starrte sie nur stumm an und schüttelte dann langsam den Kopf.
„Nein, tut mir leid, ich glaube, wir kennen uns noch nicht."
„Mhh, aber gestern, als ich eine Runde im Wald hier joggen war, das waren doch Sie, bei der kleinen Hütte, oder?", fragte sie weiter.
Zögerlich nickte er. „Ja. Ich habe da eine kleine Waldhütte." Er wiegte den Kopf. „Aber Sie habe ich glaube ich nicht gesehen."
Lillian legte den Kopf schief. „Ich hatte gestern eine schwarze Dreiviertelhose mit seitlichen, giftgrünen Streifen an, darüber trug ich noch eine pinkfarbene Jacke." Sie lächelte.
Er lächelte auch. „Oh ja, dann erinnere ich mich an Sie! Sie waren die Joggerin, die gegen acht Uhr vorbeigekommen ist, richtig?"
Lillian lachte auf. „Genau, die war ich! Sie haben wirklich ein tolles Waldgrundstück, Herr..."
„Kirchmann. Aber nennen Sie mich ruhig Alexander." Er streckte ihr die Hand hin und sie ergriff sie ohne zu Zögern.
„Lilly", stellte sie sich vor.
„Schöner Name", meinte Alexander grinsend.
Lillian runzelte die Stirn. „Danke sehr", antwortete sie brav.
Er zögerte. „Kommst du nicht von hier, Lilly?", erkundigte er sich.
„Wieso, Sie haben doch gerade gesehen, wie ich aus dem Hotel gekommen bin." Verwirrt legte Lillian die Stirn in Falten.
Er lächelte geduldig. „Nein, ich wollte wissen, ob du aus Deutschland kommst."
„Oh, Entschuldigung", meinte Lillian rasch. „Ich komme aus Amerika, aber meine Schwester will heiraten, und da will sie mich als Trauzeugin dabei haben. Außerdem soll ich ihr bei den Hochzeitsvorbereitungen helfen, daher hab' ich mir 4 Wochen freigenommen und bin hierher geflogen." Lillian lächelte freundlich. "Aber... meine Mutter kam aus Deutschland und ich bin zweisprachig aufgewachsen. Ich war, als ich noch kleiner war, öfter in Deutschland und habe Verwandte besucht. Also ist das quasi auch meine Heimat."
„Schön", meinte der Nachbar und nahm wieder den Besen in die Hand. „Nun, ich habe mich erst vor zwei Wochen scheiden lassen, und jetzt kann ich mich alleine um Haus und Garten kümmern."
„Oh, das tut mir leid", kam die automatisierte Antwort aus ihrem Mund. Ihre SmartWatch piepste. „Nun, dann will ich Sie... dich mal nicht länger von der Arbeit abhalten", lächelte sie, drückte an ihrer SmartWatch herum und lief los.

Lillian wechselte die Straßenseite und lief zügiger. Sobald sie um die Ecke gebogen war, nahm sie den erneuten Anruf entgegen.
„Ich hatte Ihren Anruf eigentlich erst später erwartet", begrüßte sie den Anrufer kühl.
Am anderen Ende der Leitung lachte es auf. „Machen Sie Fortschritte, Evans?"
Lillian drehte ihren Kopf in beide Richtungen, ehe sie eine Straße überquerte. „Tse", tat sie es hörbar missbilligend ab.
„Was soll das nun wieder bedeuten?", hakte ihr Boss nach und sie konnte förmlich hören, wie sich seine Stirn in Falten legte.
„Fragen Sie mich nochmal in einer Woche."
Am anderen Ende der Leitung knackte es und sie wusste, dass ihr Boss spätestens jetzt sauer auf sie war. Sie seufzte. Ihr Verhältnis war sowieso schon nicht besonders prickelnd, aber ihre spitze Zunge machte alles nur schlimmer. „Hören Sie, Evans, es kostet mich keine Mühe, Sie von dem Fall abzuziehen und wieder hierher zurück zu holen."
„Und wer fängt dann die bösen Jungs?", fragte sie mit einem ironischen Grinsen auf den Lippen. Sie wusste, das würde ihr Boss nicht wagen.
„Jemand anderes. Sie sind jung, Evans, und vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, Sie alleine da rein zu schicken. Sagen Sie mir nur, wenn das Ganze Sie überfordert, dann..."
„Sie brauchen keine Verstärkung zu schicken. Ich krieg' das schon hin", erwiderte Lillian leichthin, während ihr aufmerksamer Blick die Gegend scannte. „Ich wäre kein Special Agent geworden, wenn ich dem nicht gewachsen wäre."
Die Stimme räusperte sich. „Das ist was anderes..."
Lillian unterbrach ihn, bevor er sie wieder mit Mitgefühl überschütten konnte. „Ich bin erst gestern hier angekommen. Geben Sie mir einen Tag, dann werde ich etwas erreicht haben."
Ein Seufzer ertönte. „Nun gut, Evans, dann machen Sie mal." Und bevor Lillian auflegte, sagte er noch leise: „Und Evans, passen Sie gut auf sich auf."
„Aye aye Sir", meinte Lillian automatisch und hörte am Klicken, dass ihr Vorgesetzter aufgelegt hatte.
Sobald Musik aus ihren Kopfhörern floss, joggte sie los.

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