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Als ich am nächsten Morgen meine Augen öffnete und erst einmal erschöpft blinzelte, fiel ein schwaches Licht durch die dünnen Vorhänge. Ich fühlt mich erschlagen, drehte mich auf die andere Seite und döste noch etwas vor mich hin, bevor ich den Kopf hob und zu meinem Wecker lunste. 5:37. Ich stöhnte lauthals auf und warf mich schwungvoll wieder auf die andere Seite. Aber egal, wie sehr ich mich bemühte, ich konnte nicht mehr einschlafen. Mein Kopf dröhnte, als wäre ich gestern Abend sturzbetrunken gewesen, also drückte ich mir zwei Kopfschmerztabletten aus dem Blister, warf sie mir in den Mund und spülte sie mit der Cola, die neben meinem Bett stand, runter. Danach lief ich barfuß in die Küche, öffnete den Kühlschrank und begutachtete sein Innenleben. Gähnende Leere sprang mir entgegen, abgesehen von einer weiteren, fast leeren Cola-Flasche mit Vanille-Geschmack, einer weiteren Wein-Flasche und einem angefangenen Frischkäse. Letzteren schnappte ich mir, fischte einen kleinen Löffel aus der Besteckschublade und steckte mir einen Löffel Frischkäse in den Mund, während ich mir einen schönen Apfel suchte und ihn mit einem Kochmesser aufschnitt. Ich aß nur ein Stück, bevor ich den angeschnittenen Apfel in Frischhaltefolie einwickelte und mitsamt dem Frischkäse wieder in den Kühlschrank warf. Den Löffel pfefferte ich ins Waschbecken und verschwand ins Bad. Abwaschen konnte ich ja später noch. Erstmal würde ich joggen gehen. Danach hatte ich auch bestimmt Hunger. Ich durfte ja bloß nicht wieder in alte Gewohnheiten fallen. Zwar ging es mir nicht gerade prickelnd, aber durch das Laufen würde mir mal ordentlich der Kopf durchgepustet und ich kam dadurch möglicherweise auf andere Gedanken. 

Ich band mir die Haare hoch und zog mir Sportklamotten an, bevor ich die Schlüsselkarte in die Beintasche steckte und das Hotelzimmer verließ. 

Ich ließ mir Zeit und nach zwei Stunden stand ich mit Bademantel um den Körper und Handtuch um die Haare geschlungen vor dem beschlagenen Badspiegel und rieb mit dem Ärmel eine Fläche trocken, ehe ich nach meiner Gesichtscreme griff und mich eincremte. 

Ich ging in die Küche und nahm mir die Cola aus dem Kühlschrank. Dann lief ich zurück ins Schlafzimmer und zog mir zumindest meine Unterwäsche an, bevor ich meine Haare föhnte. Lange Haare erforderten gerade hinsichtlich der Zeit ein großes Opfer, und so legte ich den Föhn erst nach einer Viertelstunde weg. Ganz trocken waren sie trotzdem noch nicht, also ließ ich sie noch etwas lufttrocknen, während ich ein paar große Schlucke Cola trank und mich danach anzog und schminkte. 

Nach einer Viertelstunde verließ ich mein Zimmer, zog leise die Tür hinter mir zu und schlich die Treppe hinunter. Heute hatte ich mir nichts besonderes angezogen und auch meine Smith and Wesson  daheim gelassen. In so einem intimen Rahmen war die Wahrscheinlichkeit höher, dass daraus ein Problem entstand. Ohne Motivation lief ich zu Alexanders Tür und klingelte.
Nach ein paar Sekunden öffnete er. Er war außer Atem, wahrscheinlich war er zur Tür gerannt. Er trug ein Hemd und lächelte mir erwartungsvoll entgegen. Es freute mich, ihn so ausgelassen zu sehen und musste es unwillkürlich erwidern. Außerdem kam ich nicht umhin, mich zu wundern. Was hatte er wohl geplant?
"Hi!", begrüßte ich ihn.
"Hi", antwortete er ebenso erfreut.
Ich lächelte, als er mich herein winkte.
"Du hast aber nicht wieder gekocht, oder?", fragte ich frech, als ich den Flur betrat und meine Jacke an den Haken hängte.
Als Antwort grinste er. "So schlimm, ja?"
"Im Gegenteil, ich habe noch keinen Hunger und würde nur ungern dein köstliches Essen missen wollen."
Geschmeichelt lächelte er und schob sich an mir vorbei ins Wohnzimmer. "Fürs Mittagessen ist es noch etwas früh, aber ich hab' Eis besorgt."
Ich grinste und folgte ihm. "Gute Wahl!"
Sein Gesicht sah ich zwar nicht, aber ich hörte an seiner Stimme, dass er ebenfalls grinste. "Und darüber hinaus darfst du dir einen Film aussuchen, der dir gefällt."
Ich lächelte schüchtern, aber diesmal etwas gezwungener. Ein Film, der mir gefiel. Erstens würde ein solcher ihm sicher nicht gefallen und zweitens gehörte es zum Undercover-Einmaleins, nicht zu viel über sich selbst preiszugeben. 
Aber ich zögerte nicht lange. Gespielt nachdenklich legte ich meinen Zeigefinger an meine Lippen.
"Mhh, lass' mich nachdenken..." Ich schnappte ihm die Fernsehzeitung aus der Hand und fuhr mit dem Finger über die Spalten der verschiedenen Sender. Als ich aus dem Augenwinkel zu ihm blinzelte, glaubte ich, für einen kurzen Moment war er erstaunt über meine Schnelligkeit. Verdammt! 
"Wie wär's mit... Game of thrones? Ich muss noch die letzten zwei Staffeln schauen." Lüge, ich hatte es natürlich schon lange durchgesuchtet. 
Nun wurde sein Lächeln leicht gezwungen, und er konnte es nicht so gut verbergen. "Klingt toll!"
Verunsichert lächelte ich ihn an, als er zögerte, und hielt in der Bewegung, beim Hinüberbeugen zur Fernbedienung inne. Ich legte den Kopf leicht schräg und studierte seinen Gesichtsausdruck. "Nur wenn du das möchtest."
Er nickte eilig und griff seinerseits zur Fernbedienung. "Heute kannst du mal entscheiden und wenn du das willst, dann machen wir das."
Meine Muskeln spannten sich augenblicklich an und so machte ich einen angewiderten Gesichtsausdruck, ehe ich mich stoppen konnte. Glücklicherweise konnte ich aber schnell wieder meine lächelnde Maske aufsetzen, als Alexander in meine Richtung schaute. Aber er sah mich nicht, schien abwesend und konzentriert, während er durchschaltete. 
Ich lehnte mich entspannt zurück.

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