25

21 1 0
                                    

Als ich mir sicher sein konnte, dass ich nicht mehr verfolgt wurde, suchte ich mir einen relativ ruhigen Platz in einem Park und ließ mich nieder. Trotzdem waren Leute in Rufweite, aber sie mussten mich ja nicht dauernd wegen meiner Wunden und Blutergüsse anstarren. Ich brauchte etwas Zeit, um nachzudenken, ehe ich Lou aufsuchte. Oder Devan. Egal wen, Hauptsache nicht Marc. Ich wusste, dass ich nur in diesem Schlamassel steckte, weil ich meine Nase nicht aus der Sache heraushalten konnte. Marc hatte recht gehabt, ich steckte zu tief drin. Ich seufzte. Wie immer. Als ich bekannte Stimmen hörte, erhob ich mich langsam mit gesenktem Kopf, schaute mich aber unauffällig um. Sie waren noch ziemlich weit entfernt, vielleicht würden sie mich nicht bemerken. Ich vergrub die Hände in meinen großen Hosentaschen und ging schnurstracks in die entgegengesetzte Richtung.
Langsam wurden die Bäume dichter und die Leute weniger. Ich versuchte es zu verbergen, aber diese Tatsache machte mich zunehmends nervöser. Fast unbewusst beschleunigte sich mein Schritt. Zwar wurde ich nicht verfolgt, soweit ich dies richtig beurteilte, aber trotzdem zuckten meine Augen unruhig über meine Umgebung. Clay kannte mich unglücklicherweise ziemlich gut, ich konnte nur hoffen, dass er meinen nächsten Schritt nicht vorausahnte. Ich sah schon das Ende des Weges, als aus den Bäumen zu meiner Rechten plötzlich eine hochgewachsene, männliche Person kam und mich am Arm packte. Panisch zuckte ich zusammen, zog aus Reflex mit der Linken die Sig und drückte sie ihm gegen die Halsschlagader.
"Lilly", presste Devan sichtlich angespannt hervor. "Ich bin's." Mit zwei Fingern drückte er den Lauf nach unten. Besorgnis trübte seinen Blick, als er meine Verletzungen sah. "Bist du okay?"
Erleichtert atmete ich auf und erlaubte meinen Muskeln sich zu entspannen und vergaß darüber, ihm zu antworten. "Erschrick mich doch nicht so. Du kennst mich doch", seufzte ich.
"Ich hatte gehofft, dass du mich erkennst", hielt er dagegen. "Wusste ja nicht, dass du bi bist."
Ich zog skeptisch die Augenbrauen hoch. "Ich auch nicht."
"Nicht... im sexuellen Sinne", meinte er stockend. "Bi-händig."
"Du meinst beidhändig."
"Ist doch dasselbe."
"Wenn du dich so anschleichst", spöttelte ich.
"Ich bin dir entgegengekommen."
Ich zog die Augenbrauen hoch und musterte ihn.
"Auf einem anderen Weg", gab er schließlich zu. "Lou hat dich geortet und das ist halt nicht so genau."
Verunsichert flog mein Blick über die Umgebung und dann zu ihm. "Lou weiß Bescheid?"
Er erwiderte meinen Blick. "Ja klar, warum denn auch nicht?"
Ich drehte meinen Kopf und verzichtete auf eine Antwort. "Ist Marc auch eingeweiht?"
Überrascht musterte er mich. "Ja klar. Du... Willst du es ihm vorenthalten? Du kannst ihn nicht ausschließen. Du bist ein Mitglied seines Teams und warst annähernd 24h verschwunden."
"Was interessiert es ihn", murmelte ich vor mich hin, sodass es Devan nicht hörte. Auf einmal fiel mir etwas ein und ich hielt unvermittelt inne. Nachdenklich starrte ich in die Ferne und hob eine Hand. "Warte mal."
Dave drehte sich zu mir um und kniff skeptisch die Augen zusammen.
"Du sagtest doch, Lou hat mich geortet", fing ich langsam an, damit ich mich nicht verhedderte. "Aber wie hat sie das gemacht? Ich habe mein Handy nicht dabei."
Dave wog den Kopf und wandte den Blick. "Lou."
"Was?!", fragte ich entgeistert.
"Du hast Lou die Idee mit der Wanze gegeben und sie hat es Marc erzählt."
"Sie hat... WAS?! Haben die mich verwanzt?"
Er schüttelte den Kopf. "Marc hatte die Idee, einen GPS-Sender in deinen Schuhen zu verstecken."
Ich verdrehte die Augen. "Dieser Arsch."
Dave zog eine Augenbraue hoch. "Komm' schon, deswegen konnten wir dich finden und retten."
Ich bedachte ihn mit einem langen Blick. "Er hätte es mir wenigstens sagen können." Ich baute eine Kunstpause ein. "Und was lässt dich denken, ich müsste gerettet werden?"
Devan seufzte und schob mich vor sich her. "Komm' erstmal mit zu Marc, dann reden wir weiter."
Ich sträubte mich. "Nein! Mit Marc kann man doch nicht reden!"
Er verdrehte die Augen, packte mich am Oberarm und schleifte mich mit sich. "Du sollst dich auch nicht mit ihm unterhalten, sondern dich verarzten lassen."
Mein Blick verfinsterte sich und ich verschränkte die Arme. "Dazu wäre mir Lou lieber", murrte ich verstimmt.

Marc drückt mir eine Kompresse auf eine tiefere Armwunde. Es brannte höllisch und ich sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein. Er verband es straff und klebte das lose Ende mit einem Streifen Heftpflaster fest. Mit angespannten Kiefermuskeln zog ich meinen Arm aus seinem Griff und nickte. Wir waren inzwischen zu Lous Wohnung gefahren, um von dort direkt weiterzuarbeiten.
"Was steht noch an?", wollte ich wissen.
"Sie gehen erstmal nach Hause", meinte er ohne mich anzuschauen.
"Ich muss gemeinsam mit Lou etwas überprüfen", erwiderte ich prompt.
Marc blickte auf und mich an. "Sie müssen sich ausruhen."
Ich verdrehte die Augen, wandte mich zu Lou und wollte mich neben sie setzen. "Es geht mir gut", beteuerte ich ohne mich umzudrehen.
Plötzlich spürte ich eine warme Hand auf meinem unteren Rücken, die mich bestimmt Richtung Tür schob. "Das wage ich zu bezweifeln."
Ich protestierte lautstark, schlug seine Hand weg und drehte mich zu ihm um, nur um ihn viel zu dicht vor mir zu finden. Allerdings wich ich nicht zurück. "Und woran machen Sie das fest, Special Agent Reiland?"
Er kniff seine Augen zusammen und weigerte sich seinerseits zurückzuweichen. "Allein schon an der Tatsache, dass Sie wieder rauchen."
Ich blickte ihn lange leer an. "Ich glaube, ob ich okay bin oder nicht, kann ich am besten beurteilen", bemerkte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und drängelte mich wieder an ihm vorbei zu Lou.
Die musterte uns skeptisch bei unserem Schlagabtausch.
Ich setzte mich geschwind zu Lou und sagte ihr den Namen des Supermarktes und die Adresse von der Rechnung, die ich mir gemerkt hatte.
Marc setzte sich schweigend neben mich und ich merkte, wie er mich von der Seite musterte, aber ich weigerte mich, den Blick vom Bildschirm zu wenden. Der Supermarkt war am anderen Ende der Stadt. Eine Stunde hin und 1 Stunde zurück. Die Zeit, in der der Mord stattgefunden hatte. Würde er hier auf den Aufnahmen der Überwachungskameras auftauchen, hatten wir einen ersten Beweis, dass er nicht der Täter war. Dann wäre er vom Haken. Zumindest vorerst.
"Hast du Zugriff auf die Aufnahmen der Überwachungskameras?", fragte ich direkt.
Lou lehnte sich zurück und zog, kritisch den Bildschirm musternd, die Augenbrauen hoch. "Ich brauche erst einen richterlichen Beschluss, den wir dann bei dem Supermarkt einreichen und die Aufnahmen sichten müssen."
Ich mahlte mit den Zähnen. "Soviel Zeit haben wir nicht. Kannst du dich reinhacken?"
Sie grinste mich frech an. "Ich dachte schon, du fragst nie."

Most wantedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt