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Ich erwachte erneut, als mich Devan auf etwas Weichem ablegte.
"Wo bin ich?" Mein Kopf schnellte in die Höhe.
Devans belustigtes Kichern rumpelte tief in seiner Kehle. Auf einmal fand ich seine tiefe Stimme sehr männlich, sehr sexy. "Wir sind in meinem Hotelzimmer."
Wie aufs Kommando schoss mein Blick durch den Raum. Ja, das war tatsächlich ein anderes Zimmer als meines.
"Schlaf' jetzt ein bisschen", meinte er bestimmt, seine Hand an meiner Schulter, die mich soweit zurück drückte, bis mein Rücken komplett in Kontakt mit der Matratze war. Er zog die Decke über mich und ich kuschelte mich in die Kissen. Ich reckte und streckte mich absichtlich so, dass seine Hand über meine Brüste strich. Er zog sie augenblicklich zurück, als hätte er sich verbrannt. Dann beugte er sich über mich und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ich zog mir die Decke bis zum Kinn.
"Kommst du auch mit ins Bett?", fragte ich plötzlich und starrte bettelnd in seine Augen, die direkt über mir schwebten und auf mich hinabstarrten. "Ja, gleich. Gib' mir noch eine Minute."
Aber er bewegte sich nicht, während sein Blick zwischen meinen Lippen und meinen Augen hin- und herzuckte. In seine Augen trat ein Ausdruck, den ich schon länger nicht mehr gesehen hatte. Mein Mund fühlte sich auf einmal trocken an und ich fuhr mit der Zunge über meine Lippen. Diese Bewegung entging ihm natürlich nicht und er verfolgte sie gierig mit seinen Augen, als könne er das Bild so verinnerlichen und festhalten.
Plötzlich riss er sich los und schüttelte im Aufrichten den Kopf, einen nicht identifzierbaren Fluch murmelnd. Ich drehte mich auf die Seite und versuchte einzuschlafen. Vergeblich. Jetzt war ich anscheinend wieder wach. Ich lauschte auf die Dusche im Bad, bis sie verstummte. Dave hatte das Licht ausgemacht, sodass ich kaum etwas erkennen konnte, bis auf das, was vom Licht der Straßenlaternen angestrahlt wurde. Eine Gestalt kam aus dem Bad, Devan. Er ging zu seinem Schrank, öffnete eine Schublade und holte etwas raus. Er ließ sein Handtuch fallen und zog sich Boxershorts an, bevor er Richtung Bett kam.
Mein Kopf hatte sich derweil etwas normalisiert. Es drehte sich nicht mehr alles, wenn ich die Augen schloss. Auch meine Angst war wieder da. Hatte ich meine Schlüsselkarte noch? Ich musste noch mein Zeug packen. Ruckartig stützte ich mich auf die Ellenbogen und starrte ins Schwarz der dunklen Küche.
Ich spürte, wie das Bett auf Dave's Seite einsank, als er sich neben mich legte. Ich vernahm ein fast lautloses Seufzen des Wiedererkennens. "Komm' her."
Ich drehte mich um. Dave hatte die Arme geöffnet und ich rollte schnell hinein. Wohlig seufzte ich und schloss die Augen, als er mich fest umarmte und ich seine Wärme spürte. Er war oberkörperfrei, sehr zu meiner Freude. Er war wie ein kleines Öfchen. Ich kuschelte mich an ihn und war im Nu eingeschlafen.

Am nächsten Morgen schien schon die Sonne durchs Fenster. Die Vorhänge waren nicht vorgezogen und ich blickte hinaus. Es schien noch früh zu sein.
Als ich mich umdrehte, lag Devan mit dem Rücken zu mir auf seiner Seite. Er war wohl heute Nacht wieder von mir weggerutscht. Die Decke war ihm bis zur Brust hinuntergerutscht und entblößte seine ausgeprägten Rückenmuskeln, als er sich drehte. Seine Augen flatterten, als er sich streckte und gähnte. Dann blinzelte er nochmals etwas stärker und wandte seinen Kopf zu mir. Er kniff die Augen gegen die Sonne zusammen.
"Guten Morgen", brummte er und drehte den Kopf zur Decke. Er entließ die Luft, die er gehalten hatte, in einem langen Seufzen.
"Morgen", erwiderte ich ihm lächelnd.
Auf einmal klopfte es an seiner Zimmertür. Er seufzte erneut und rieb sich über die Augen. Dann erhob er sich stöhnend, zog sich geschwind ein T-Shirt über den Kopf und ging hinaus in den Flur. Es klang wie Marc. Plötzlich nervös sprang ich auf. Ich hatte noch die Kleidung von gestern Abend an, ein eng anliegendes, schwarzes Etuikleid. Eilig suchte ich meine Sachen zusammen, die aus meiner Tasche gefallen waren, als ich sie achtlos neben das Bett geschmissen hatte. Als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm, drehte ich meinen Kopf langsam zum Türrahmen und erschauderte. Marc musterte mich so intensiv, als würde er mich nur mit Mühe in dem Kleid wiedererkennen. Ich erhob mich und seine Augen wanderten kurz an mir hinunter, aber er schluckte und räusperte sich.
"Du hier, Lillian?", fragte er. Hatte er vergessen, wie man ganze Sätze formuliert? "Hier hätte ich dich ja zuletzt erwartet."
Ich verschränkte die Arme und runzelte die Stirn. Aber bevor ich zum Sprechen kam, tauchte auf einmal Devan neben ihm auf. "Vertraut genug für's Du, was?", bemerkte er frech und ich streckte ihm die Zunge heraus. In dem Moment wusste ich, dass Lou und er Verbündete sein mussten, denn woher sonst sollte er von der Beziehungstheorie wissen?
"Nach fünf Jahren kann man die Untergebenen ja mal vertrauter behandeln." Marc grinste.
"Haha", lachte ich halbherzig und warf Marc einen scharfen Blick zu. Mein Blick wanderte unsicher zu Devan und dann wieder zu Marc. Achja, eigentlich wollte ich ja angepisst von Marc's Frage sein. Als ob ich nicht alt genug wäre, um selber zu bestimmen, wo ich meine Nacht verbrachte. Auf einmal hatte ich keine Lust mehr auf die Unterhaltung. "Ich wollte gerade gehen", meinte ich nur, bevor ich mein Zeug vom Boden aufhob und mich zwischen den beiden Männern hindurch drängelte. Marc hatte einfach diese Wirkung. Konnte alles und jedem durch einen Kommentar die Laune verderben.

Angepisst stapfte ich die Treppen hoch und öffnete meine Tür mit Schwung, nachdem ich sie mit der Schlüsselkarte aufgeschlossen hatte. Der Morgen hatte so gut gestartet, und dann musste ausgerechnet Marc hereintrampeln. Ich entsann mich seines Blickes und biss mir auf die Lippe. Vielleicht hatte ich ihm mit dem Kleid den Kopf verdreht. Ein kleines Kichern entfloh meiner Kehle, gefolgt von einem abrupten Kopfschütteln. Wie konnte ich nur jemanden wie ihn heiß finden? Ich knallte meine Tasche auf den Tisch und ging zum Kühlschrank, um mir die Cola herauszunehmen. Andererseits war er wirklich heiß, dachte ich, als ich die Flasche langsam aufschraubte und mich an das Bild von ihm oberkörperfrei erinnerte. Es war ein heißes Bild, an das ich mich - zugegebenermaßen - gerne zurückerinnerte. Außerdem konnte er echt süß sein, wenn er so väterlich auf mich aufpasste. Wäre er nur nicht so sozial inkompetent.

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