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"Sag' mal, ist mein Zimmer seit Neuestem ein Drive In Café und ich hab' es nicht mitbekommen?"
Devan rülpste. "Leckerer Kaffee."
Ungeduldig tippte ich auf meinen Oberarm. "Und?"
Devan stellte seine Tasse ab. "Marc schickt mich."
Ich zog eine Augenbraue nach oben. "Achja? Weswegen denn?"
"Ich soll aufpassen, dass du keinen Blödsinn anstellst", meinte er trocken und trank noch einen Schluck Kaffee.
"Witzlos", stellte ich fest und zog mir einen Stuhl hervor, um mich zu Devan an den Tisch zu setzen. "Aber ein Verhör steht nicht auf dem Ablaufplan?"
"Nope." Er ploppte das 'p' am Ende. "Sag' mal, hast du noch Kuchen da?"
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück. "Zufällig nicht, nein. Vielleicht etwas deutlicher: Was willst du?"
"Ich leiste dir Gesellschaft und versuche dir die Bürde deiner miserablen Lebensentscheidungen zu erleichtern", grinste er mich frech an und drehte sich um, um seine leere Tasse wegzuschaffen.
"Pah." Ich winkte ab. "Damit habe ich mich inzwischen abgefunden. Die einzige Bürde, die ich momentan verspüre, ist dein plötzliches Auftauchen und Plündern meiner Kaffeekanne." Ich erhob mich, um ein benutzes Glas wegzuräumen.
Devan drehte sich unvermittelt um, legte einen Arm um meine Schultern und zog mich an sich. "Gib' zu, dir gefällt es." Dann ließ er mich los und ging hinaus ins Wohnzimmer.

Am nächsten Morgen trafen wir Punkt sieben in der Polizeidienststelle ein. Die Polizisten, die beteiligt sein würden, trafen sich gerade zur Beratung in einem extra Raum. Wir gesellten uns dazu. Es wurde etwas über die strategische Planung geredet und wer wie wo warum positioniert sein würde. Dabei legten wir uns schon schusssichere Westen an. Wir hatten unsere Waffen am Gürtel befestigt, unsere Dienstmarken, Handschellen, unsere Funkgeräte, um auf der weitläufigen Industriebrache in Kontakt zu bleiben, ein GPS-Gerät, dass unsere genaue Position im Hauptquartier anzeigen würde und uns zur Orientierung dienen würde und eine Taschenlampe. Zudem hatte ich zusätzliche Munition dabei und eine Zweitwaffe. Dann stiegen wir auch schon in die Polizeibusse und fuhren los.
Schon beim Ankommen erkannte ich, dass das Gelände sehr weitläufig und verwinkelt war. Wir waren in Zweiergruppen eingeteilt. Ich war mit einem sehr attraktiven, jungen, aber anscheinend sehr guten Polizisten in einer Gruppe. Devan war mit Marc und einem älteren Polizisten in einer Gruppe. Devan konnte besser Deutsch als Marc und würre für ihn dolmetschen können, falls nötig. Die Polizei stellte noch ungefähr sechs oder sieben Zweiergrüppchen, von denen die meisten Männer waren. Aber es waren auch einige Frauen dabei, von denen eine Blond mit atemberaubender Statur war (hieß im Klartext: Sie hatte eine dünne Taille mit einer schönen Oberweite), der Devan schöne Augen machte. Marc dagegen schien sich eher nicht für die Frauen zu interessieren und warf ihr nur ab und zu mal kurze, verstohlene Blicke zu, wenn er dachte, niemand bemerke es. Wir verplemperten nicht allzu viel Zeit und teilten uns schnell auf, um das Fabrikgelände abzusuchen.
Wir schwärmten aus und begannen verschiedene Teile des Geländes abzusuchen. Der nette Polizist, der sich Basti nannte, und ich mussten zunächst einige abgestellte Container durchsuchen. Ich öffnete die Tür und er stand schon mit gezogener Waffe und gezückter Taschenlampe bereit. Wir durchsuchten die drei Container, fanden aber abgesehen von Müll nichts. Dann ging es weiter in eine Fabrikhalle. Ein bisschen mulmig war mir ja schon zumute. Uns müsste nur ein Scharfschütze beobachten, Kopfschuss, Licht aus. Und alles würde schneller als gedacht enden. Basti und ich kommunizierten lautlos, als wir uns an das Gebäude heranpirschten. Ich öffnete die Tür und Basti marschierte mit Waffe und Taschenlampe hinein. Ich folgte ihm. Die Halle hatte eine hohe Decke und von oben bis unten wurde die Wand von Fenstern bedeckt. Allerdings war das Licht, das hineinfiel, nur gedimmt und ein grüner Schimmer wegen der Algen beziehungsweise Moose. Wir behielten unsere Taschenlampen deshalb in der Hand, dem Lauf der Waffe folgend. An der Decke befand sich ein Netz aus metallenen Trägern, vermutlich um die Decke zu stabilisieren. Sonst war die Halle allerdings leer.
Es schlossen sich einige Büroräume an, die ebenfalls alle restlos leer waren. Die nächste Halle schloss sich an und wir bereiteten uns mental darauf vor, schießen zu müssen. Ich öffnete die Tür ruckartig und folgte Basti geschwind, doch hier war ebenfalls alles leer. In den Büroräumen suchten wir vergeblich, bis wir ein Türen-Schlagen hörten. Sofort jagte Basti dem Geräusch hinterher und ich blieb wie sein Schatten hinter ihm. Er riss die Tür zur nächsten Halle auf. "Halt! Stehenbleiben, Polizei!", rief er laut und deutlich. Wir sahen nur noch ein Schatten in den Büroräumen verschwinden. Also rannten wir blindlings zu den Büroräumen.  Basti riss eine Tür nach der anderen auf und scannte mit den Augen jeden Zentimeter, bevor er sich abwandte und zur nächsten Tür ging. Manchmal kam ich zugegebenermaßen nur schwer hinterher. Dann endlich fanden wir, was wir suchten, aber es war nicht das, was wir erwartet hatten. Basti spannte sich an, als er die Waffe auf die Flüchtenden richtete.  Es waren zwei andere Polizisten. Ich seufzte auf und auch Basti ließ erschöpft die Waffe sinken. "Hi Markus und Ludwig", stöhnte er auf.
"Ihr habt uns wohl für Kriminelle gehalten, was?", lachten sie rau und dunkel.
Basti seufzte nur genervt auf und drehte sich um, um zur Tür zu gehen. Wohl nicht die besten Freunde. "Los, sichern wir die nächste Halle", meinte er nur schwach, aber sie hörten es.
Die nächste Halle war genauso leer, bis auf einen alten, verlassenen Gabelstapler in der Ecke. Diese Halle war etwas anders als die anderen aufgebaut. Es gab (Ent-)Ladebuchten für LKW und eine große Hebeeinrichtung ähnlich eines Flaschenzugs sollte wohl bei der Verteilung der Waren helfen. Es gab diesmal keine Büroräume und die nächste Halle war direkt angeschlossen. Es gab hier tatsächlich eine Treppe hinauf ins erste Obergeschoss, doch bevor wir hinaufgehen konnten, hielt sich Basti die Hand ans Ohr. "Hört ihr das?"
Tatsächlich vernahm ich entfernt eine Art Gehämmer. Ich nickte. Basti deutete die Treppe hinauf und so schlichen wir lautlos auf die zweite Etage. Der Raum oben war leer, nur ein paar verlassene Stühle befanden sich dort. Auf dem Whiteboard befand sich "Drogenpoesie", irgenwelche Telefonnummern mit dem Zusatz "Wer f*cken will, soll die Nummer anrufen" und allerlei Skizzen von Penissen mit sehr viel Liebe zum Detail. War wohl mal eine Art Seminarraum gewesen. 

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