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Musik ~ The way I like it by Mandy Capristo

Die kühle Nachtluft fühlte sich gut an auf meiner warmen Haut. Ich war tatsächlich schon beduselt und hatte gar nicht gemerkt, wie schläfrig ich in der stickigen Bar geworden war. Die frische Luft erweckte meine Sinne erneut und meine Müdigkeit wurde in die hinterste Ecke meines Bewusstsein geschoben. Schon durch die Tür hörte ich gedämpfte Musik, die mich aufhorchen ließ. Sobald wir eintraten, schlug mir eine Welle eisigen Minzgeruchs entgegen, der mich zufrieden aufseufzen ließ, sobald wir einen Platz gefunden hatten und uns auf unsere Stühle sinken ließen. Die Musik erinnerte mich an meine eigene wilde Jugend, als ich als Studentin mit meinen Kommilitonen die Clubs unsicher gemacht hatte. Unwillkürlich fing ich an, meinen Kopf zur Musik zu bewegen.
Toni neben mir belächelte dies. „Und, die Musik ist besser, oder?"
„Um Längen."
Die blonde Barkeeperin kam zu uns und fragte uns nach unseren Wünschen. Ich bestellte mir einen Cocktail, dessen Name mir ins Auge gesprungen war. ›Blue Ice‹ bestand im Grunde aus etwas Wodka, Eiswürfeln, blauer Limonade und ein paar blauen Gummibärchen, die darin schwammen. Ich grinste zufrieden, als ich den Geschmack mit der Zungenspitze erschmeckte. Es schmeckte vor allem süß und mein Grinsen weitete sich. Nicht, dass ich noch einen Zuckerschock bekam.
„Tanzen?", fragte Toni und reichte mir seine Hand. Ich grinste ihn an, als ich sie nahm und mit ihm zur Tanzfläche ging.

Jemand schob mir noch einen Cocktail zu, und ich war bereits so dicht, dass ich alle Vorsicht vergessen hatte und den Drink dankend annahm. Ich nippte nur daran und mir wurde schon schwummerig. Ich zog die Augenbrauen hoch und betrachtete den Cocktail intensiver. Wow, der war ja vielleicht stark! Aber das hielt mich nicht davon ab, ihn zu trinken. Nach dem zweiten Schluck wurde es auch besser. Aber nur kurz. Einen Augenblick danach wurde mir schwindelig und mein Kopf sackte an Tonis Brust. „Lilly? Lilly!", hörte ich noch seine Rufe, doch ich war zu müde, um zu antworten.
Im Unterbewusstsein registrierte ich noch, wie wir aufstanden und er mich rausschleifte. Die frische Luft tat zwar gut in meinen erschöpften Lungen, doch trotzdem konnte ich kaum meine Augen offen halten. Meine Lider waren so schwer wie Blei.
Ich fühlte Beton unter mir, als er mich hinsetzte und an eine Hauswand lehnte. Irgendwo nahm ich verschwommen seine Stimme wahr, die meinen Namen sagte. Aber ich konnte nicht reagieren. Toni hockte sie vor mich hin und hatte seinen Blick gesenkt. Ich sah noch, wie zwei oder drei dunkle Gestalten auf uns zukamen, konnte mich aber nicht verständlich machen. Dann fiel mein Kopf zur Seite und es wurde alles still.

Als ich wieder etwas wahrnahm, war es immer noch stockdunkel. Mein Schädel brummte und ich wollte mir an den Kopf greifen, da merkte ich, dass meine Hände gefesselt waren. Ich wurde panisch. Auch meine Beine waren gefesselt und das Klebeband auf meinem Mund verhinderte, dass ich Schreien konnte. Ich schaute mich etwas genauer in meinem Gefängnis um und bald hatten sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Ich erkannte, dass ich in einem Kofferraum lag. Oh nein. Unruhig versuchte ich mich zu befreien und zerrte an dem Klebeband um meine Handgelenke und hatte es kurzerhand gelöst. Eilig löste ich noch das Klebeband von meinen Beinen und meinem Mund, doch dann wurde ich ruhiger. Erstmal musste ich mir einen Überblick verschaffen, bevor ich handeln konnte. Ich tastete die Umgebung ab und spürte einen Hebel. Ich hatte keine Ahnung, wofür dieser war, also ließ ich ihn links liegen und suchte weiter. Meine Suche blieb erfolglos, also besann ich mich der Sinne, die ich noch besaß. Hören. Ich lauschte, aber hörte nichts. Ein leises Klappern ließ mich darauf schließen, dass das Auto möglicherweise auf dem Parkplatz eines Restaurants stand. Ich hörte keinen Straßenlärm, also nahm ich an, dass mein Entführer das Auto auf einem entlegeneren Parkplatz geparkt hatte, was ich ihm auch geraten hätte. Ich tastete die Hinterseite der Rücksitze ab, bis ich den Hebel fand, um sie umzulegen. Mit einem Ruck lag der Sitz da und eine Lücke tat sich auf. Bei diesem Vorgang klemmte ich mir den Finger ein und fluchte leise auf. Ein Schmerz schoss durch meinen Arm bis in mein Gehirn und wieder zurück. Fuck! Ich führte den Finger an meine Lippen und schmeckte ein bisschen Blut.
Ohne weiter darauf zu achten, bemerkte ich, dass die Luft rein war, kletterte ich über den Rücksitz und schlüpfte aus dem Fahrzeug. Ich brachte den Sitz wieder in seine ursprüngliche Position und schloss leise die Tür. Erneut fluchte ich lautlos auf. Meine Entführer hatten mir alles abgenommen, meine Tasche, meine Waffe, meinen Ausweis. Das Messer in meinem BH hatten sie allerdings vergessen. Oder übersehen. Ich wog den Kopf und grinste, als ich leise davon schlich.
Gerade, als ich den Hof verlassen hatte, hörte ich einen lauten Ruf. Ohne mich umzudrehen rannte ich los und hinter das nächste Haus, bevor ich zurückschaute. Es dämmerte schon, aber es war noch immer ziemlich dunkel, was mir die Sicht erschwerte. Ich glaubte aber, dass ein großer Typ mit Baseballkappe und -schläger zum Auto lief. Nichts wie weg!
Ich erhob mich schnell und flitzte bis ans Ende der Straße, bevor ich die Gegend als die Straße erkannte, auf der ich immer zu Lou ging. Etwas entspannter lief ich auf eine Straßeneinmündung zu, bis ich die Gestalt bemerkte, die auf mich zugerannt kam. Erschrocken riss ich die Augen auf und wollte selbst fliehen, als ich in dem Moment Marc erkannte.
„Marc?"
„Lillian!" Marc's Ruf klang weit weniger überrascht als meiner. „Was machen Sie denn hier?"
„Was machen Sie hier?", blockte ich gekonnt mit einer Gegenfrage ab. Obwohl ich durch die ganze Aufregung des vergangenen Abends meine Probleme in den Hintergrund gedrängt hatte, war ich immer noch sauer auf Marc. Und das sollte er ruhig merken.
Etwas verdutzt starrte er zurück. „Ich habe zuerst gefragt."
Abschätzig und feindselig erwiderte ich sein Starren. „Ich weiß nicht, was Sie das angeht."
Marc war in einem Wimpernschlag bei mir und hatte mich fest am Arm gepackt und in eine dunkle Seitengasse gezogen. „Verdammt, ich bin Ihr Vorgesetzter! Und jetzt antworten Sie auf meine Frage!" Es klang schon fast verzweifelt und er hätte mir auch beinahe leidgetan, wenn ich nicht so sauer auf ihn gewesen wäre.
Angriffslustig starrte ich ihn an, ohne ihm zu antworten.
Schließlich fing er an zu reden. „Ich finde hier Ihre Tasche neben der Mülltonne mit Ihrem Ausweis und Ihrer Waffe, sagen Sie mir einfach, wo Sie waren!" Mit zusammengekniffenen Augen musterte er mein Outfit. „Sonst muss ich Sie in Ihrem Hotelzimmer fesseln."

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