Kapitel 9

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Am Montag begann unser Masterplan.
Ich stand wie gewöhnlich auf, machte alles nach Routine damit meine Mum keinen Verdacht schöpfte. Die Sachen für die Uni ließ ich aus meinem Rucksack und warf stattdessen meinen Geldbeutel und mein Pennyboard hinein. Ja, ich besaß ebenso ein Pennyboard. Und das bloß, weil Felix mit auf seinem hatte fahren lassen und es viel angenehmer war als mit einem großen schweren Longboard durch die Gegend zu laufen.

Wie jeden Morgen verabschiedete ich mich von meiner Mutter und begegnete Felix pünktlich um halb 8 vor meiner Haustür. Auch er trug sein Pennyboard bei sich und sein Rucksack lag federleicht auf seinem Rücken. Verschmitzt grinste er mich an und sein Blick klebte erwartungsvoll an mir, bis ich die Haustür hinter mir zu zog.
Ich sah noch durch das Küchenfenster meine Mutter wie sie ebenfalls ihre Tasche für die Arbeit packte und verschwand dann mit Felix zur Bahn.
Der Unterschied, wir fuhren nicht die Uni-Richtung, sondern die Dom-Richtung.

Am Dom angekommen kauften wir uns Brötchen und spatzierten in den Rhein-Park, wo wir uns auf einer Bank niederließen.
Vom Hunger geleitet bissen wir bloß immer wieder von dem Gebäck ab anstatt über irgendwas zu sprechen.

Unsere leeren Bäckereitüten warfen wir in den nächst besten Mülleimer und setzten uns dann wieder.

"Wie läuft das eigentlich ab in der Uni? Also wenn man Klausuren nicht mitschreibt?", mich interessierte das, was wohl möglich auf uns zu kam wenn wir dort wieder aufkreuzen sollten.

"In der Regel ist es so, dass es die Lehrer nicht wirklich viel interessiert. Unsere Uni ist da nicht ganz so konsequent wie andere Unis. Ich glaube sogar es wird eingetragen dass man die Klausuren wiederholen muss, da man ja auch hätte krank gewesen seien können.", erklärte er nachdenklich.

"Bist du freiwillig auf dieser Anstalt des Wissens?", meine Wortwahl war auch nicht die coolste.

"Meine Eltern wollen dass ich sie besuche. Sie meldeten mich an und dann hieß es "Felix du bist doch so intelligent", "Felix dies, Felix das"."

"Hm..", es war genau wie bei mir. Einfach angemeldet ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren.

"Bei mir war es das selbe.", sprach ich leise.

Für ein paar Minuten schwiegen wir und verfielen unseren Gedanken.

"Weißt du was? Trübsal blasen ist nichts für uns. Wir haben jetzt Spaß.", lachte er laut und zog mich an meiner Hand mit. Er rannte wieder so schnell wie als wären wir auf der Flucht vor einem wilden Tier.
Die Reise ging zum Schokoladen-Museum.

"Wow..", staunte ich als wir drinnen waren. Eine Rundfürung gab es natürlich ebenfalls.

Felix und ich schwänzten die ganzen nächsten 4 Wochen die Uni.
So nach dem Motto "wir machen was uns gefällt". Machten wir ja irgendwie auch. Wir waren schließlich beide volljährig. Jung und volljährig.

Jeden Tag machten wir entweder einen auf "Spaß haben bis zum geht nicht mehr", oder wir saßen den ganzen Tag faul auf Bänken, Dächern von kleineren Hochhäusern auf die man mit einem Aufzug kam, oder auf Parkplätzen verlassener Läden.
Und das ganze 4 Wochen über, ausgenommen dem Wochenende.
Felix hatte sich übrigens auch schon selbst bei mir zuhause eingeladen. Dass meine Mum ihn wie eine Tomate ausquetschte nahm er in Kauf.
Sie wollte alles über ihn wissen, was er über mich dachte und diesen ganzen Kram. Bis ins kleinste Detail. Doch so wie er war, behielt er den größten Teil doch für sich.

Wieder saßen wir auf einem Parkplatz bzw. Auf einer der leeren Bänke die dort rumstanden und vor sich hin morschten. Weit und breit keine Menschenseele, was für Köln schon ziemlich eigenartig war.

"Meine Mutter bringt mich um wenn sie das rausbekommt.", murrte ich und dachte wiedermal nach. Darüber, ob alles was ich machte richtig war. Doch mein Bauch und auch mein Herz sagten mir, dass es das war.

"Hey, Kopf hoch, ich komm auch nicht gut dabei weg. Sieh es mal positiv, dann werden wir beide durch die Hölle gejagt.", sagte er und grinste sein typisches Grinsen.

"Ja, aber..", fing ich an doch ich wurde unterbrochen.

"Schhhh...nichts aber...", zischte er leise, legte seine Hand auf meine Wange und drehte meinen Kopf zu sich. Mein Herz bekam wieder einen Kasper. Jedes verdammte mal wenn er mich auch nur berührte.

"Felix, ich mach mir Sorgen...", flüsterte. Mit großen Augen sah ich in seine. Sie funkelten wie Diamanten. So wunderschön blau mit etwas grau in sich.
Meine grünen Augen strahlten mit seinen um die Wette. Sein Gesicht näherte sich meinem immer mehr. Er schaute immer wieder von meinen Augen zu meinen Lippen. Immer wieder im Wechsel.
Seine Lippen näherten sich meinen. Er kam immer näher mit seinem Gesicht.

"Felix...", hielt ich inne bevor er mich küssen konnte.
"Das ist keine gute Idee..", fuhr ich fort.

Er sah mich einerseits fassungslos und verwirrt, andererseits aber auch fragend an.

"Nur Freunde...", tuschelte ich und klopfte ihm behutsam 2 mal mit meiner Hand auf seine Brust.

"Nur Freunde.", murmelte er kaum hörbar und senkte seinen Blick Richtung Boden.

Es geschah nichts mehr. Wir saßen bloß noch bis in den späten Nachmittag auf dieser Bank und redeten. Wir redeten einfach stundenlang.
Warum ich den Kuss nicht zuließ?
Weil ich Angst hatte. Ich hatte Angst, irgendwann nicht mehr mit ihm befreundet seien zu können, wenn unsere wohlmöhliche Beziehung scheitern würde. Ich wollte das ganze nicht. Ich wollte im hohen Alter mit ihm durch die Straßen einer Stadt laufen und wie beste Freunde weitsprucken spielen.
Ich konnte den Gedanke nicht ertragen mal nichts mehr mit ihm zutun zu haben.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt