Kapitel 31

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Im Hotel schmiss ich mich erledigt auf's Bett. Es dauerte nicht lange, da dämmerte ich auch schon ein.

Am darauf folgenden Tag ging es für uns zurück nach Hause. Er zu sich, ich zu mir. Vor meiner Haustür endete unser Ausflug auch schon wieder.

"Felix, ich will nicht Abschied nehmen.", sagte ich mit zittriger Stimme.

"Wir sehen uns doch morgen, Uni, Unterricht...", antwortete er.

"...die nervigen Menschen.", ergänzte ich ihn und blickte zu Boden.

"Hey...", seine Hand drückte meinen Kopf wieder nach oben, er zwang mich ihn anzusehen. Seine Augen wurden durch das Außenlicht am Haus zum stahlen gebracht.
Er legte seine Lippen auf meine, ganz sachte. Meine Augen schlossen sich, ich genoss diesen Abschied. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und verschränkte meine Finger ineinander.
Er legte seine an meine Hüfte, umklammerte sie fest. Ein klicken ließ uns auseinander fahren.

"Hope Winter, sofort rein!", krächzte meine Mutter von Richtung Haustür. Sie stand im Türrahmen und sah uns anstrengend an.
"Felix-", sie sah ihn mahnend an. Er verstand ihren Blick, küsste mich noch kurz auf die Wange und lief dann mit einem schnellen Schritttempo die Straße hinab.

"Komm mit rein.", sie zog mich an meinem Handgelenk ins warme Haus.
"Was war das?", mit ihrer Hand zeigte sie auf die Haustür.

Ich trat einen schnellen Schritt nach draußen.
"Ein Kuss?", griff nach meinen Taschen und ging wieder ins Haus. Ich konnte Felix Gestalt noch am Ende der Straße erahnen.

"War's schön?", fragte sie.

"Also Mum, du solltest wissen dass küssen-"

"Nicht der Kuss, das Wochenende. Du hast dich kein einziges Mal gemeldet. Ich hab mir Sorgen gemacht, Kind."

"Du hast dir also Sorgen gemacht? Um mich?"

"Also hör mal, du bist meine Tochter! Natürlich mach ich mir Sorgen!", schnatterte sie.

"Als du mir eine gedepptert hast, hat sich deine Liebe zu mir aber in Grenzen gehalten.", warf ich ihr vor, ging dann mit großen Schritten auf die Treppe zu und stockte, als sie erneut meinen Namen rief.
Ich sah zu ihr, doch von ihr kam kein Wort.
Ich wendete meinen Körper wieder der Treppe zu, und verschwand oben in meinem Zimmer.

Mitten in der Nacht bekam ich einen Anruf. Einen Anruf von meinem Dad.
Verschlafen ging ich ran.

"Dad?", meine Stimme klang so leise und zerbrechlich.

"Hope, ich muss mit dir reden. Es, es geht um deine Mutter. Ich war lange am überlegen ob ich dir davon erzähle...", die Neugier in mir wurde geweckt.

"Was ist los?", mit meiner freien Hand strich ich mir eine Haarsträhne aus meinem Gesicht.

"Als sie neulich in Lübeck war, der Tag an dem du angerufen hast, sie war bei mir zusammen mit ihrem Freund. Sie wollte reden. Oh Hope, du bist meine Tochter, ich kann dir dies nicht einfach vorenthalten. Du bist ja auch alt genug um das alles zu erfahren. Der Freund deiner Mutter, er ist gefährlich Hope.", sprach er mit seiner dunklen Stimme.

"Du hast ihn gecheckt?", dies fragte ich gerade aus dem Grund, da mein Dad bei der Polizei arbeitete. Er checkte fast jeden mit dem ich etwas zutun hatte.

"Ja, ich konnte ja nicht anders. Denkst du ich mache mir keine Sorgen um dich oder deine Mutter, nur weil ich jemand anderes an meiner Seite habe? Deine Mutter kam bloß vorbei um zu reden. Ihr Freund giftete mich permanent an, während unserem Gespräch. Zwischen mir und ihr ist alles in Ordnung, doch Hope, bitte nimm dich in Acht vor ihm. Er saß schon mal im Kittchen wegen Körperverletzung, Drogenhandel, Einbruch, Vergewaltigung..."

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.
Sagte er Vergewaltigung?
Drogenhandel?
Einbruch?
Körperverletzung?

"Ich muss auflegen, der Dienst ruft. Ich hab Nachtschicht auf'm Revier. Ich liebe dich, bis dann.", sagte er schnell und das Tuten der Telefonleitung ertönte.

Die erste Frage, die mir in den Kopf schoss, als ich wieder klar denken konnte, war, ob meine Mutter durch ihn in irgendwas reingezogen wurde? Ob sie deshalb so gespalten war? Immerhin, manchmal was sie freundlich, dann plötzlich aggressiv. Ob sie irgendwas mit Drogen am Hut hatte? Ob er sie unter Druck setzte?
Doch das schlimmste war, er wohnte auch noch im selben Haus wie ich.

Ich machte mir die gesamte Nacht über Gedanken. Einerseits hatte ich Angst, andererseits stieg der Hass, den ich auf ihn hatte, bloß noch mehr an.
Am Morgen bestand ich darauf mit der Bahn zu fahren. Ich wollte mich nicht von ihr zur Uni fahren lassen. Ich hatte keine Lust mehr auf dieses rumkutschiere, zumal ich mit ihr momentan nicht grade das rosigste Verhältnis hatte.
Felix wurde gebracht, seine Mutter traute ihm wohl noch nicht wieder zu, dass er von allein und freiwillig in die Uni ging.
Gut, freiwillig tat ich dies auch nicht unbedingt. Ich tat es bloß noch, da ich Felix sehen wollte, und das schon so früh am Tag wie es nur ging.
Die Vorlesungen, der Unterricht, die Pausen, alles verlief wie sonst auch. Die Tussis der Klasse tratschten über jeden, die Streber lernten und wir Normalos standen in den Pausen in unseren Kreisen.
Nur eine Sache veränderte sich.
Die Sache, dass Felix und ich in die Pausen zum rumturteln ausnutzten, welches die anderen wohl kaum störte, nachdem wir ihnen von uns erzählten.
Sie fanden es bloß gewöhnungsbedürfdig.
In der letzten Pause, stellte ich mich mit Felix abseits der anderen. Ich musste ihm das erzählen, was mein Vater mir erzählte. Ich konnte es ihm nicht verschweigen.

"Um ehrlich zu sein, fand ich den Kerl von Anfang an komisch und unheimlich.", sagte er besorgt, nachdem ich mit meinem Gerede fertig war.

Bevor seine Mutter ihn wieder mit dem Auto nach Hause beförderte, küssten wir uns zum Abschied. Ihren an Felix klammernden Blick konnte ich nur so auf uns spüren.
Zuhause angekommen empfing mich eine angenehme Leere. Niemand daheim, für mich die Gelegenheit um nach Hinweisen zu suchen. Ich hoffte auf sowas wie Kokain oder Haschisch, etwas was mir zeigte dass dieser Typ kein Stück besser war, als vor seinem Knastbesuch.

Meine Suche führte mich in ihr Schlafzimmer. Ich wühlte durch den gesamten Kleiderschrank, hinter den Klamotten, unter den Klamotten, doch ich fand nichts.
Weiter suchte ich im Badezimmer. Im unteren Badezimmer, welches so gut wie nie von mir benutzt wurde, außer die paar Male wo Felix hier gewesen war.
Ich tastete die Waschmaschine ab, eigentlich total sinnlos da diese nun wirklich nicht viel Platz bot um etwas in ihr zu verstecken. Hinter ihr jedoch, in der kleinen Lücke, die den Abstand von Maschine und Wand bestimmte, klemmte eine Art Kulturtasche. Ein kleines, schwarzes Täschchen, perfekt auf den Abstand abgestimmt.
Ich zierpte es aus der Lücke, machte den Reißverschluss Stück für Stück los.
Einige Tabletten sahen mich an.
Alle abgepackt in kleine, transparente Tütchen.

Es mussten Drogen sein, es musste einfach so sein.

Sie rochen nach nichts, sie gaben keinen Duft ab.
Als ich mir die Tabletten genauer ansehen wollte, ertönte das klicken des Haustürschlosses. Er war zurück. Ich wusste nicht wo genau er gewesen war, doch seine Stimme schallte durch den Flur.
Das Täschchen steckte ich flink wieder an seinen Platz und versuchte das Bad unbemerkt zu verlassen, eine Fehlentscheidung. Ich wurde bemerkt.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt