Kapitel 19

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"Wie wäre es mit aufstehen?", witzelte ich und er drückte seine Arme auf dem Fußboden ab um sich aufzusetzen.

"Wie hast du...?", sah er mich fragend an und zeigte auf die geöffnete Kleiderschranktür.

"Meine Kleiderbügel bestehen aus Draht.", meinen Kopf wendete ich, seinem Finger nach, zu der Tür.

Seine Atmung war wieder völlig in Ordnung.

"Du wärst darin fast verreckt. Du kannst mir doch nicht einfach was von Liebe vorschwafeln und dann ohnmächtig werden. Stell dir mal vor ich hätte dieses Drecksschloss nicht mehr aufbekommen.", keifte ich ernst doch musste in mich hinein lächeln.

"Ich mag es wenn du Ernst bist, das macht dich attraktiv.", er wusste ganz genau dass er mich so noch mehr auf die Palme brachte.

"Felix! Du wärst beinahe gestorben da drinnen.", jammerte ich weiter.

Ich hörte nur ein lautes säufzen von ihm. Kurze Zeit später spürte ich seine Hand, die mein Kinn hielt. Seine Finger drückten meine Wangen zusammen.

"So ernst...", lachte er und versuchte mich ebenfalls zum Lachen zu bringen. Zugegeben, er schaffte es.
Er entlockte mir ein Grinsen, ein ehrliches Grinsen.

Ich nahm seine Hand von meinem Gesicht und legte sie in meine. Langsam fuhr ich mit meinen Fingern über seine Falten in der Handinnenfläche.
Er saß nur vor mir, seine dürren Beine in einem Schneidersitz gebogen, und sah dabei zu.
Ich schnaufte einmal kräftig und stand dann auf um seine Kamera aus dem Schrank zu holen.

"Wo willst du hin?", fragte er und sah mir nach. Ich gab ihm keine Antwort. Mit der Kamera in meiner Hand kam ich wieder zu ihm zurück gelaufen, legte sie ihm in die Hand und ließ meinen Oberkörper zurück auf den Boden fallen.
Ich lag da, und sah zum Fenster hinaus.

"Wie gerne würde ich wieder die Uni schwänzen und meiner Mutter gehörig meine Meinung sagen. Ich bin 18, teoretisch gesehen kann ich machen was ich will.", stöhnte ich und schloss meine Augen.

"Wieso machst du es dann nicht einfach?", hinterfragte er meine Aussage.

"Meiner Mutter die Meinung sagen? Machen was ich will? Ich hab Angst wieder 'ne schöne Ohrfeige zu bekommen. Und wieso ich nicht mache was ich will? Keine Ahnung...ich fühl mich irgendwie gebunden."

"Du fühlst dich nicht gebunden, du hast einfach Angst davor sie zurück zu lassen, und da sie nun einen Neuen hat, den du beim besten Willen nicht mal richtig kennst, hast du nur noch mehr Angst. Meiner Meinung nach, hast du vor zu vielem Angst. Du hast Angst vor der Liebe, vor Schmerz, davor Menschen zurückzulassen. Doch Hope, das lässt sich nun mal nicht vermeiden. Du kannst sowas nicht verhindern, versteh das doch. Wann willst du denn selbstständig werden? Auf eigenen Beinen stehen, wenn du es nicht mal ertragen kannst sie zurück zu lassen. Schmerzen findest du immer irgendwo wieder.", seine Worte berührten mich und lösten in mir Trauer aus. Tränen liefen meine Wange entlang.

"Jetzt wein' nicht, es ist so.", fügte er mit grober Stimme hinzu.

"Wieso lässt du auf ein mal wieder den Philosophen raushängen?", meine Stimme wurden brüchig, zu brüchig.

"Weil ich endlich will dass du es verstehst. DU stehst dir selber im Weg! Niemand anderes. Und da kannst du mir auch nicht widersprechen, du weißt selber dass es so ist."

Weitere Tränen rinnten meine Wangen runter.

"Deine Ängste sollten aber nicht über dich bestimmen, Hope. Das ist doch scheisse.", sprach er weiter und ich fühlte mich langsam wie bei einem Psychiater.

"Und was raten Sie mir nun, Herr Doktor?", fuhr ich ihn an.

"Nicht viel, nur dass du anfangen solltest, das zu machen was du willst.", ich konnte ihn Lächeln hören.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt