Kapitel 18

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Ein lautes Rauschen ertönte und meine Ohren fühlten sich geschädigt an.
Dann wurde es wieder klarer.
"Udo Kraute", ertönte die warme Stimme meines Vaters. Die Stimme, die mich damals immer in Sicherheit wog.
"Dad...", sagte ich leise und schon wegen seiner mir bekannten Stimme, stiegen mir Tränen in die Augen.
"Spatz, wieso rufst du an? Weiß deine Mutter dass-"
"Sie ist nicht da.", nahm ich ihm die Worte aus den Mund.
"Diese Natascha? Wer ist die und warum...warum nennt sie dich Dad?", meine Traurigkeit über die Tatsache, dass ein fremdes Mädchen meinen Vater "dad" nannte, war kaum überhörbar.
"Das ist Silvia's Tochter...sie...ach keine Ahnung wieso sie das macht. Silvia will es so. Bitte, sei ihr nicht böse drum, du bleibst meine Tochter, für immer.", versuchte er mir zuzureden doch eine Träne hatte schon längst ihren Weg zu meinem Kinn gefunden.
Für eine Tochter war es so ziemlich das schlimmste, wenn eine Fremde ihren leiblichen Vater "Dad" nannte.
"Mum ist in Lübeck.", kam es wie aus der Pistole geschossen aus mir hinaus.
"Bitte was? Was will sie hier?", er war genauso überrascht wie ich es war.
"Ich hab keine Ahnung, bitte ruf mich falls irgendwas ungewöhnliches vorgefallen ist. Sie ist unberechenbar, das weißt du ja...", redete ich auf ihn ein.
"Du weißt dass ich an unserer Trennung Schuld hab.", fuhr er fort. Ja ich wusste es, doch ich verzieh ihm, immerhin änderte es nichts daran dass ich ihn über alles andere liebte. Wie eine Tochter eben an ihrem Vater gebunden war, erst recht da ich ein typisches "Papakind" war.
Mit ihm verstand ich mich um Längen besser als mit meiner Mutter, er war einfach, naja, unkompliziert.
"Ja, aber das ändert nichts daran dass auch dein Blut durch meine Adern fließt und ich dich lieb hab.", mit diesen Worten floss eine zweite Träne meine Wange hinunter.
Er verabschiedete sich mit einem liebevollen "ich dich auch" und legte dann auf.
Auch wenn mich irgendwann kaum jemand mehr lieben sollte, er würde es tun, und das von ganzem Herzen und in voller Pracht.

-Sms von: Felix-
•Hope, ich hab die Hoffnung darauf, dass du mich heute wohl hoffentlich besuchen kommst, immerhin werden unsere Mütter morgen wieder Taxi spielen und uns nicht aus den Augen lassen. Und du weißt genau so gut wie ich, dass in der Woche Dank den vielen Nachschreibterminen kaum noch Zeit bleibt, sich mit was anderem außer lernen zu beschäftigen.•, schrieb er. Und er hatte vollkommen recht mit dem was er schrieb.

•Stimme dir da zu, doch du kannst deinen Hintern auch hierher bewegen, der Rottweiler ist nicht zuhause und der Adler ist mit fort bis morgen früh. Und die Wortwitze finde ich trotzdem nicht witzig, ganz egal wie oft du sie machst.•, schrieb ich zurück.
Ich bezeichnete meine Mutter als Rottweiler, da sie auf Felix im großen und ganzen noch nie recht gut reagiert hatte, bis auf das eine mal, als sie sich entschuldigte.
Steve war der Adler, da er immer überall seine Augen hatte und mich auf Schritt und Tritt beobachtete. Er kontrollierte selbst wie oft und wann ich ins Internet ging. Der Wlan-Router bat ihm schließlich diese Gelegenheit.

•Ich will mich mit den Witzen doch bloß selber belustigen. Ich schlepp die Cam mit zu dir also mach dich auf vlogging gefasst. Bin in 10 Minuten da.•, schrieb er wieder.
Ich las die Nachricht und packte mein Handy danach in meine Hosentasche.

Pünktlich wie immer klingelte er an der Haustür.
"HALLOOOO!!!", rief er laut am Morgen und trat ein.
"Shhhh...oder willst du noch unsere Nachbarn aufwecken?", kicherte ich und spatzierte mit ihm weiter ins Haus.
"Hast du Hunger? Soll ich Pfannkuchen, Spiegelei oder Pancakes machen?", erwartend sah ich zu ihm rüber.
"Hab schon gegessen, vielen Dank.", lachte er und ging wie selbstverständlich die Wendeltreppe zu meinem Zimmer hinauf.
Lächelnd schüttelte ich den Kopf und lief ihm hinterher.
In meinem Zimmer angekommen sah ich zu wie er sich seine Schuhe auszog und in meine Ecke schleuderte.
"Der Geldbatzen sieht noch genauso aus wie das letzte Mal als ich hier war.", sagte er und sah sich wiedermal um.
"Was hast du erwartet? Schimmel an den Wänden? Abfallender Putz? Essensreste die sich selbstständig gemacht haben?", erwiderte ich.
"Nein, nein, aber mindestens ein verheultes Taschentuch! Ich weiß doch dass du ständig weinst da du mich vermisst.", prostete er und baute sich selbstbewusst auf.
"Mal langsam mit den jungen Pferden, ich würde wohl wegen deiner schönen Dachterasse weinen, aber wegen dir?", neckte ich weiter und lächelte ihn leicht verlegen an. Zugegeben, ich hatte mal wegen ihm geweint, nachdem ich eine gedonnert bekommen hatte. Da wollte ich Felix bloß bei mir haben, jemanden der mich tröstete.

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