Joshua POV:Die Nacht, eingedeckt in ihre unnahbare Schönheit und getragen vom Sternenhimmel bricht über das Land herein. Verschüchtert schaut sie sich um. Dieses Mädchen, welches so unscheinbar umher läuft und doch eine solch beeindruckende Wirkung hinterlässt. Fortgelaufen von ihrem Elternhaus, völlig auf sich allein gestellt steht sie dort am Wegesrand. Die Wahl zwischen dem glitzernden Schloss aus Eis, getragen von Magie und Hoffnung. Sie könnte sich dort niederlassen. Dem jungen Herren seine Hand reichen, welcher dort am Tor steht und zu ihr hinüber blickt. Auf der anderen Seite der finstere Wald voller Geheimnisse und Grausamkeiten. Ungezähmt und kalt in der Nacht, geprägt von Liebe und Geborgenheit am Tag. Ihre Hand durch das mattschwarze Fell streichen lassen und sich in ihnen verlieren. Den gierigen Augen dieses Tieres, welches von Hass und Lust geprägt seine Opfer bis hin zum Tode foltert. Das unbedarfte, noch so schüchterne Mädchen in den Fängen eines Rebellen der Natur. Der Vernunft und Treue den Rücken gekehrt folgt sie ihm tief in den Wald hinein und verliert all die Scheu vor dem Walde. Diese gilt nun dem Raubtier, welchem sie sich selbst hat ausliefern wollen. Ihre einzige Rettung, der Jägersmann. Tief vergraben zwischen all den Tannen und Zweigen steht seine Hütte. Achtsam und geduldig schreitet er durch die schmalen Wege, die die Tannen ihm gewähren, hindurch und beobachtet sie. Tag ein Tag aus liegt seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf diesem unschuldigen Wesen, dessen Lachen bald schon nicht mehr durch den Walde dringt. Die unbedarfte Frohnatur wird untergraben, verliert sich eines Nachts ganz und gar. Ihre blassen Augen betrachten die Wunder des Waldes aus ihrer trägen Hülle heraus und beginnen nur zu funkeln, wenn das Raubtier sich nähert und an ihren Kräften zehrt. Die Flinte angelegt steht er da, der Jägersmann in mitten von Tannen und Zweigen lädt er nach, entsichert die Kugel und setzt zum Schuss an. Doch leuchten die Augen des Mädchen plötzlich voller Liebe und Hoffnung, als das schwarze Tier auf die Lichtung hervor tritt und sich an sie schmiegt. Ihr Kichern dringt durch den Walde, wie schon allzu lang nicht mehr und erfüllt ihn mit Glückseligkeit, wie er es nie zuvor hat spüren können. Er setzt sie ab, die Flinte und kehrt um. Folgt dem bekannten Weg zu seiner Hütte und verdrängt sein Vorhaben sogleich. Ihr das nehmen, was sie so froh und glücklich macht, das bringt er nicht über sein wild pochendes Herz..
Ich beiße von meinem Brot ab und blättere um. Zu meiner Enttäuschung sind die folgenden Seiten jedoch unbeschrieben. Warum hat sich dieser tätowierte Philosoph mit seinem Talent so sehr zurückgehalten? Nicht einmal Ethan durfte seine Werke lesen. Sicherlich könnte man das ein oder andere bemängeln, aber dafür bin ich zuständig und nicht so ein Gutmensch, wie Ethan einer ist. Seufzend klappe ich das Buch zu und frage mich, wann Jayden diesen Text verfasst hat. Es steht kein Datum dabei und außer diesem Eintrag ist nichts in diesem Notizheft niedergeschrieben. Eigentlich habe ich gehofft, sein Tagebuch zu finden und ein wenig darin zu stöbern. Äußerst bedauerlich, dass er dieses unauffindbar vergraben hat. Da mir etwas an Persönlichkeitsrechten liegt, nicht, fotografiere ich den Text ab und verstaue das Notizheft wieder in seinem Versteck. Vielleicht schreibt er eines Tages weiter und ich kann seine Geschichte als heimlicher Leser mitverfolgen. So finden seine Gedanken wenigstens etwas Anklang. Es wäre Verschwendung, wenn sich niemand seinen Texten widmen würde. „Cash sucht dich, Einbrecher." Erklingt Ethans Stimme hinter mir und ich drehe den Bürostuhl herum. Fehlt nur noch die Katze auf meinem Schoß, die ich währenddessen kraule, oder? Das würde diesen Moment perfekt abrunden. Ja, ich brauche definitiv eine Katze. Oder ein Meerschweinchen, das macht dann so niedliche Geräusche. Naja oder es steht kurz vor einer Panikattacke und quietscht deswegen. „Joshua?" Ich schaue auf und überlege einen Moment, ob ich ihm von meinem äußerst interessanten Gedanken erzählen sollte. Ob man das bereits getestet hat? Das mit den Meerschweinchen meine ich. Hat jemand schon einmal die Gehirnareale eines Meerschweinchens erforscht? Was erzählt man dann abends in der Bar seinen Kumpels? Hey, ich bin Meerschweinchen Forscher? Nein, ich denke nicht, dass dieser Gedanke das Gespräch mit Ethan voranbringen wird. „Dann wird er mich wohl bald finden." Ich stehe auf, mache aber keine Anstalten den Raum zu verlassen. Eigentlich fühle ich mich ganz wohl in Jaydens Zimmer. Hier gibt es sicherlich noch das ein oder andere zu entdecken. „Wir haben dich beim Abendessen vermisst, wo warst du?" Er lehnt sich an den Türrahmen, doch sieht durch und durch freundlich aus. Es ist fast schon befremdlich so freundlich zu sein. Er scheint auch nie schlechte Laune zu haben. Vielleicht schluckt er ja Antidepressiva oder so. Man weiß nie. Die nettesten Menschen haben die dunkelsten Geheimnisse. „Die Frage ist eher, wo wart ihr?" Stolz über meine Antwort verschränke ich die Arme vor der Brust und grinse breit. Ja, ich bin gut. Ich bin einfach gut. Abgesehen von den Mordgedanken und dem Waffenfetisch vielleicht, aber dunkle Seiten sind sexy. „Du warst lange nicht mehr in deinem Schuppen." Umgeht Ethan meine Frage und bestätigt damit gleichermaßen meine Vermutung, dass er bereits weiß, wo ich mich aufgehalten habe. Ob er die korrekte Antwort wirklich hören will? Ja, Ethan schon. Er ist vermutlich die einzige Person auf diesem Planeten, der auch grausame Wahrheiten positiv verpacken und darauf eingehen kann. Dennoch entscheide ich mich dagegen. Ich brauche kein Gespräch über Heather und ihre absolut niederschmetternde und dumme Entscheidung. Darauf wird er hinaus wollen. Er denkt vermutlich, ich habe mich eingeschlossen um ihr nachzutrauern. Tja, wenn er wüsste, dass ich viel eher über Meerschweinchen nachdenke. „So sieht er auch aus. Außerdem ist das kein Schuppen, wie du ihn bezeichnest, sondern ein Waffenlager." Er zieht eine Augenbraue hoch. „Die Kleinen brauchen aber nicht wissen, was du in deinem Schuppen versteckst." Er klingt so höflich, dass mir schon beinahe schlecht wird. Wie kann man eine klare Forderung so höflich aussprechen? Ist ja grauenhaft. Entweder freundlich und lieb oder drohend und blutrünstig. Selbst ein Meerschweinchen könnte das besser. Wo wir wieder bei meinem Projekt wären. Ich glaube, ich schaffe mir wirklich solche Viecher an. Dann habe ich ein wuscheliges Hobby nebenbei. Klingt gar nicht mal schlecht, wie ich finde. Wenn sie dann eines Tages zu alt für Untersuchungen sind, teste ich meine Klingen an ihnen und hänge sie im Waffenlager auf. Das Blut kann man super für Kriegsbemalung verwenden und den Rest verfüttere ich an die Welpen. Ist das verwerflich? Ja, vermutlich schon. Gut, dann bleiben sie vielleicht doch bis sie von selbst einschlafen. Können die eigentlich schwimmen?
„Du kannst mit mir reden, wenn dich etwas bedrückt. Das mit Heath ist.." Ich hebe die Hand, doch Ethan beendet dennoch seinen Satz, dem ich keine weitere Beachtung schenke. Ich habe kein Interesse an seiner Meinung oder seinen Gefühlen. Sie sind den meinen so fremd, dass eine Offenbarung derer keinen Sinn mit sich bringen würde. „Ich werde Cash suchen." Entgegne ich knurrend und verlasse den Raum. „Wir sollten uns einen Plan für die Zukunft überlegen. Für den Fall der Fälle.." Ruft er mir nach, doch ich reagiere nicht. Zachary würde sich nun vermutlich auf ihn stürzen, doch ich habe kein Interesse an einem Streit. Für den Fall der Fälle habe ich vorgesorgt. Ja, ich ganz allein und da ist kein Platz für friedlich gestimmte Artgenossen, die dauernd darauf aus sind so wenig Blut wie möglich zu vergießen.
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The Alpha And Me -Love The Way You Lie-
WerewolfStark und furchtlos im Sturm. Der Retter in der Flut. Ein Held. Doch die Rolle des Helden ist viel mehr als das Retten von den vermeidlich Schwachen. Was, wenn die Starken einen Helden benötigen? Nach Wochen im Koma hat sich im Rudel viel getan und...