Chapter 65

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Cash und mir weicht gleichermaßen die Farbe aus dem Gesicht. Klar, er hat sich nicht unbedingt wie ein Held benommen, aber diese tiefsitzende Angst habe ich bei seinem Bruder nicht erwartet. Schließlich spielen und schlafen sie noch immer zusammen ohne darauf schließen zu lassen, dass sie negative Gefühle einander gegenüber hegen. "Ich habe Angst davor, dass du dich wieder nicht darum scherst, was du anderen antust. Dass du mich oder irgendwen anderen schwer verletzt." Ich schlucke, was sagt man zu so etwas? Wir alle warten schließlich nur auf einen erneuten Ausraster von Cash, dessen Ursache wir nicht abschätzen können und die Ausmaße möchte ich mir gar nicht vorstellen. "Nie mehr, tue ich das. Ich erinnere mich nicht einmal mehr daran, das wollte ich nicht. Wirklich nicht!" Erklärt der Schwarzhaarige hastig und verschluckt sich dabei fast an seinem Kakao. Doch Bayan zeigt keinerlei Abneigung. Im Gegenteil, er nickt zuversichtlich und klopft neben sich auf den Boden um Cash dazu aufzufordern, sich neben ihn zu setzen. Es ist wieder einer dieser Momente, in denen ich nicht weiß, wen ich kurioser finden soll. Cash, der von der einen auf die andere Sekunde durchdreht und sich nicht einmal daran erinnert was er getan hat oder Bayan, der viel zu schnell verzeiht. "Wir üben gemeinsam, dass das nicht mehr passiert und Cash damit umgehen lernt. So wie du übst, wieder durchzuschlafen." Versuche ich diesen Augenblick ins Positive umzuschwenken und scheine es ausnahmsweise zu schaffen. Denn es dauert keine weitere Minute, da fordern die Beiden eine Gutenachtgeschichte ein und ich verbringe die nächste halbe Stunde damit, ihnen irgendeine Geschichte zu erzählen.

"Du bist das, was man einen perfekten Onkel oder Vater nennt." Ich zucke zusammen und lasse beinahe die Tassen fallen, als ich den Übeltäter dieser heimlichen Anschleichaktion in der Küche lehnen sehe und ihm die Tassen am liebsten entgegen werfen möchte. "Und trotzdem sucht sie sich Zachary aus, der nichts von beidem ist." Knurre ich Ethan bitter entgegen und verstaue die Tassen im Geschirrspüler. "Wie kann es ihr eigentlich entgangen sein, dass du dich Hals über Kopf in sie.." Knurrend drücke ich ihn gegen den Kühlschrank. "Wage es nicht." Drohe ich und tobe innerlich, als sich ein breites Grinsen auf seinen Lippen ausbreitet. Schade drum, dass er der Beta ist und ich nicht dazu befugt, ihn in den Geschirrspüler zu stecken. "Wie wäre es, wenn du dir endlich eingestehst, was du für sie empfindest?" Ich lasse von ihm ab, werfe das Geschirrhandtuch in seine Richtung und lehne mich an die Kücheninsel anstatt ihm nun doch noch eine runterzuhauen. "Erstens, empfinde ich nichts derartiges für sie und zweitens, wird jeder geköpft, der sich in ihrer Nähe befindet. Wie war noch gleich sein Name? Ach ja, Sawyer. Falls du den noch kennst. Der, der Cody zugern blutig gebissen hat, nur weil er Heather verdammt nochmal gern hatte." Ethan zieht eine Augenbraue hoch und verspottet mich mit seinem Grinsen so sehr, dass ich mir ein weiteres Knurren nicht entgehen lassen kann. Was für ein Idiot. Taucht aus dem Nichts auf, erschreckt mich zu Tode und will mich dann auch noch in ein Gespräch verwickeln. "Als hättest du Angst vor den Konsequenzen, dich mit ihr anzubändeln. Du bist der Letzte von uns, der sich nicht in einen Kampf verwickeln lassen würde." Ich zucke mit den Schultern. Sagte ich schon, dass er ein Idiot ist? Viel zu selten, wie ich finde. "Das Traurige daran ist, dass sie mich dafür verachten würde, wenn ich ihn für das zur Rechenschaft ziehe was er jedem Einzelnen von uns antut." Wissend nickt Ethan, greift nach einem Apfel und beißt genüsslich ab. Wer isst mitten in der Nacht einen verdammten Apfel? Dieser Kerl ist doch nicht normal. "Er liebt sie. Auch wenn du das nicht hören willst, aber er liebt sie. Auf seine Art und Weise." Stimmt, ich will es nicht hören. Das hat er gut erkannt und auch hervorragend noch einmal doppelt betont. Das zum Thema, Ethan ist ja so einfühlsam und ein so toller Kerl. Wer's glaubt. "Damals vielleicht, aber seitdem die Welpen da sind ist alles anders." Wieder beißt er von dem Apfel ab, schüttelt leicht den Kopf und bringt mich mit seiner nächtlichen Angewohnheit aus der Fassung. Warum stehe ich überhaupt noch hier? Ich könnte genauso gut im Bett liegen und endlich schlafen. "Für ihn hat sich alles geändert. Sie sind eine aktive Bedrohung für ihn und auf Bedrohungen reagiert er eben extremer als wir alle zusammen." Er rechtfertigt gerade dieses psychopathische Verhalten. Er tut es. Er, Ethan. Er rechtfertigt den geplanten Mord an zwei Kindern. Okay, diese Kinder sind nicht normal, aber er rechtfertigt es. Wow. "Sie sind für uns alle eine Bedrohung, du Vollpfosten. Oder glaubst du im Ernst, dass Cash dich verschonen wird nur weil er dich mag?" Ich schäme mich insgeheim für mein dauerhaftes Knurren. Es erinnert mich irgendwie an Zack und wenn ich etwas nicht sein will, dann wie er. Aber Heather ist nicht hier. Sie bekommt nichts davon mit und kann auch nicht enttäuscht von mir sein. "Nein, für Zack ist es um einiges bedrohlicher, wenn auch nicht offensichtlich für uns. Weißt du, was Hybriden sind? Ich meine nicht, die genetischen Prozentanteile, sondern wie sich diese genetische Veränderung äußert." Gleichgültig zucke ich mit den Schultern. Mir doch egal. Er ist ein Arsch, mehr muss ich nicht wissen. "Sie auch nicht. Sie wird es aber bald wissen und ich schätze, genau deswegen ist er so nervös." Ich ziehe eine Augenbraue hoch, verschränke die Arme vor der Brust und frage mich, ob er wieder einmal mehr weiß als die Anderen. So, wie es nun einmal meistens gewesen ist. "Hat sie mit dir gesprochen? Sich bei dir gemeldet oder woher weißt du so etwas?" Verärgert, weil ich mich weigere seine Aussage anzunehmen, verdreht er die Augen. "Sie durchforstet jegliche Bücher zu unseren Urahnen. Da wird sie früher oder später auf die Thoerie der Hybridisierung stoßen. Das ist nicht schwer zu erahnen." Knurrend lasse ich meine Zähne aufblitzen. "Ich habe dich etwas gefragt." Er beißt von seinem Apfel ab und zieht seine Antwort künstlich in die Länge, wofür ich ihm am liebsten den restlichen Apfel in den Rachen drücken würde, aber ich lasse es. Beta und so. "Ja, vielleicht? Na und? Sie will dich vermutlich einfach nicht verletzen oder hat Angst vor Zacks Reaktion, wenn er mitbekommt, dass ihr miteinander sprecht. Das wird seine Gründe haben, Joshua." Wutschnaubend trete ich gegen die Theke, raufe mir die Haare und stapfe knurrend die Treppe hinauf. "Joshua, sie wird ihre Gründe haben! Lass sie entscheiden mit wem sie spricht. Sie ist womöglich allein mit Zack, wer weiß, wie er reagieren würde." Ich drehe mich noch einmal zu Ethan um, würde ihn am liebsten anschreien, doch es ist mitten in der Nacht und ich habe irgendwann in meinem Leben einen Hauch Erziehung genossen. Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich mich ohne ein weiteres Wort zu sagen, ins Zimmer begebe und die Tür ausnahmsweise nicht zuschlage.

Ethan schöne Augen machen und mich ignorieren? Klasse Leistung, wirklich. Du kannst mich mal kreuzweise, Heath.

Schreibe ich ihr eine Nachricht und schicke sie ab, ohne weiter darüber nachzudenken. Ich bin viel zu enttäuscht darüber, dass sie mir keinerlei Aufmerksamkeit schenkt nachdem ich mit ihr tagelang Seite an Seite gelebt habe und immer mehr im Gefühlschaos versunken bin. All die Hoffnung dafür, dass sie mich nun eiskalt ignoriert? Nur weil Zachary da ist? Verdammt, das ist unfair. Nichts weiter.

The Alpha And Me -Love The Way You Lie-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt