„Was haltet ihr von Frühstück?" Frage ich ohne ein Ablehnen dieser zu dulden und lege ein fröhliches Lächeln auf meine Lippen ohne es auch nur ansatzweise so zu meinen. Ich fühle mich nicht gut dabei alle um mich herum zu belügen, doch ich fühle mich auch nicht gut dabei meine Gefühle auf ihnen abzuwälzen. Also entscheide ich mich dafür keinem die gute Stimmung zu vermiesen und setze mich an den Esstisch. Während Logan und Joshua mit mir am Tisch sitzen schlingen die Welpen ihr Fleisch aus dem Napf in sich hinein, ehe sie wieder im Wohnzimmer verschwinden um weiter zu spielen. „Sie haben sich noch nicht wirklich an ihre menschliche Gestalt gewöhnt." Erkläre ich Logan, der eindeutig damit gerechnet hat, dass Bayan und Cash ebenfalls am Tisch sitzen. „Oder sie können nicht." Ich sehe von meinem Brötchen auf und auch Joshua widmet seine ungeteilte Aufmerksamkeit Logan, welcher grübelnd das Rührei auf seinen Teller umher schiebt. „Ich denke bloß laut." Brummt er schließlich und beendet das Thema damit so schnell, wie es begonnen hat. Meine neugierige Seite würde ihn am liebsten ausfragen, doch mir ist nicht nach einer weiteren Auseinandersetzung am frühen Morgen. Das Gespräch mit Jayden hat mir definitiv gereicht. Also widme ich mich schweigend meinem Brötchen und versuche nicht ständig an Zachary zu denken und daran, was er vermutlich gerade tut. Ob er Joggen geht, bevor er sich ein simples Marmeladenbrötchen schmiert? Frühstückt er gemeinsam mit dem Rudel oder zieht er sich in sein Zimmer zurück? Ist er gestern überhaupt zu ihnen gegangen? Vielleicht hat ihn unser Streit auch nachhause getrieben und er sitzt stundenlang vor irgendeiner Netflix Serie. Am Sonntag verbringt er die frühen Morgenstunden gern vorm Fernseher. Wer tut das nicht, nach einer anstrengenden Woche?
Ich schaue abwechselnd zwischen Joshua und Logan hin und her, als diese mich fragend mustern und anscheinend auf eine Antwort von mir warten. Instinktiv nicke ich, woraufhin Joshua schmunzelnd den Kopf schüttelt und die Ausgangsfrage wiederholt. „Weißt du, wo Jayden bleibt?" Ich zucke mit den Schultern und versuche mir dabei nichts anmerken zu lassen. Weder die Enttäuschung noch der Frust hat einen Platz an diesem Tisch und so erkläre ich, dass er noch eine Runde Spazieren gehen wollte. Joshua glaubt mir kein Wort, das verraten seine funkelnden Augen, doch er schweigt ausnahmsweise. Ich schreibe es dem Funken Empathie zu, welchen er tief im Innern besitzt und helfe Logan gleich darauf beim Abräumen. Habe ich mich so lange in meinen Gedanken verloren, dass die Jungs bereits ihr Frühstück beendet haben?„Wie wäre es, wenn wir mit den kleinen Teufeln an den Strand gehen, bevor du stundenlang deine Nase in diese alten Schinken steckst?" Joshua lehnt sich lässig an den Türrahmen und spricht seinen Vorschlag absichtlich laut aus, damit die Welpen ihn hören und natürlich aufgeregt winselnd auf mich zugelaufen kommen und an mir hochspringen. Sicherlich wird mir ein wenig Ablenkung ebenso gut tun, wie der Ausflug den Kleinen. Außerdem stören sie mich dann am Nachmittag nicht beim Lesen, sondern liegen schlummernd im Bett. Den Welpen zuliebe nicke ich also und biete Logan ebenfalls an mitzukommen, welcher jedoch ablehnt. Natürlich tut er das. Es ist deutlich zu spüren, dass ihn die Anwesenheit der anderen verunsichert. Ich kann es ihm nicht verübeln. Er hat Joshua und Jayden als streitlustige und hormongesteuerte Idioten kennengelernt, die nach Zacharys Pfeife tanzen und darüber hinaus liebend gern auf ihn losgegangen sind. Ich hoffe nur, dass er sich eines Tages in ihrer Anwesenheit genauso wohl fühlt, wie ich es tue. Jayden ist immer noch nicht wieder zurück, als wir das Haus verlassen und durch den dichten Wald zum Strand schlendern. „Wieso hast du mich damals mit ihm in eine Einheit eingeteilt? Ich meine, Zachary und ich sind nicht gerade das ideale Bild von Freundschaft oder Vertrauen." Ich kaue auf meiner Unterlippe herum und würde diesem Gesprächsthema nur allzu gern aus dem Weg gehen. Ich stehe hinter meiner damaligen Entscheidung einen Kampf dem Rückzug vorzuziehen, aber mich schmerzt der Gedanke daran, dass ich Bayan und Cash die Familie genommen habe. Es ist meine Entscheidung gewesen, sie zu bekämpfen und somit klebt ihr Blut auch an meinen Händen. Ob sie mir das jemals verzeihen können?
„Ich brauchte eure Schlagfertigkeit und Mordlust und nicht eure Anschmiegsamkeit oder Liebe füreinander." Entrüstet schaut Joshua mich an. „Wir sind also Mittel zum Zweck gewesen." Scherzt er und ich stelle ihm einen Beinhaken. „Ich habe mich auch gewundert, dass ihr zwei euch nicht gegenseitig zerfleischt habt." Ich versuche Cash und Bayan im Blick zu behalten, welche noch immer voller Energie einige Meter entfernt durch das Unterholz toben. „Wir waren nah dran." Es ist keine Form von Sarkasmus in seiner Stimme zu hören, was mich einen Augenblick stutzig macht, jedoch nicht weiter beschäftigt. Ich würde mich selbst belügen, wenn ich mir nicht eingestehen würde, dass die Zwei auserkorene Feinde sind und wohl niemals ohne Tötungsabsicht miteinander in Kontakt treten werden. Das ist die ungeschönte Wahrheit. Zachary hat mir mehr als einmal bestätigt, dass er jeden Grund in dieser Nacht gehabt hat, Joshua in Stücke zu reißen. Diese sogenannten Gründe kenne ich zwar nicht, aber das brauche ich auch nicht. Zacharys Gründe sind schließlich schon immer mehr als zweifelhaft gewesen. Er hat Cash schon einmal das ganze Wochenende ins Zimmer sperren wollen, weil er ihm die Socke geklaut hat und damit durch das Haus gejagt ist. Unverhältnismäßigkeiten sind schon immer sein heimliches Talent gewesen. Verärgert über mich selbst beiße ich mir auf die Unterlippe. Schon wieder denke ich an diesen Kerl und schon wieder muss ich unwillkürlich schmunzeln, wenn ich an die gemeinsame Zeit mit ihm denke. Ich halte mich selbst kaum aus deswegen. Deutlicher hat er wohl kaum zeigen können, dass er mich und meine Entscheidungen nicht wertschätzt. Ohne Joshua und Jayden wären die Kleinen nun wahrscheinlich... Ich wage es nicht weiter darüber nachzudenken und seufze erleichtert, als wir endlich den Strand erreichen und meine Gedanken im Winde verwehen.„Na sieh mal einer an, wer da schmollt und Goethe spielt." Gibt Joshua eine abfällige Bemerkung von sich und meine Beine werden flau, als ich Jayden auf einem der großen Steine sitzen und in sein Notizheft schreiben sehe. Die Welpen beachten ihn gar nicht und sprinten stattdessen auf das Wasser zu. „Na, Barbie. Schreibst du wieder an Ken?" Er gibt ihm einen Schlag auf den Hinterkopf, doch Jayden reagiert nicht. Ich beneide ihn für seine Gelassenheit. Zachary hätte... Ich schnaube. Nein, kein Zachary. Jayden. Hier geht es um Jayden und der hat mal wieder eine Engelsgeduld. „Worüber schreibst du?" Erkundige ich mich mit ehrlichem Interesse, doch sobald ich mich neben ihn gesetzt habe schlägt er schon das Notizheft zu und verweigert mir weitere Einblicke in seine Arbeit. „Alter, könntest du deinen Menstruationszyklus vielleicht in Zukunft ankündigen? Deine schlechte Laune ist ja kaum auszuhalten." Ich schenke Joshua einen verachtenden Blick für seine stichelnde Aussage, doch der schaut unbeirrt an mir vorbei zu Jayden, welcher noch immer keine Reaktion zeigt. „Können wir nochmal reden? Über heute Morgen mein ich." Unruhig rutsche ich auf dem Stein herum und warte ungeduldig auf eine Antwort, doch er scheint kein Interesse an einer Konversation mit mir zu haben. Also stehe ich schnaubend auf und stapfe davon. Dann eben nicht. Ich habe es satt Diskussionen hinterher zu laufen. Vielleicht möchte ich auch gar keine Antwort von ihm haben. Ich meine, was hat mir die Wahrheit in den letzten Stunden gebracht? Richtig, nichts als Schmerz.
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The Alpha And Me -Love The Way You Lie-
WerewolfStark und furchtlos im Sturm. Der Retter in der Flut. Ein Held. Doch die Rolle des Helden ist viel mehr als das Retten von den vermeidlich Schwachen. Was, wenn die Starken einen Helden benötigen? Nach Wochen im Koma hat sich im Rudel viel getan und...