Die Tür fällt hinter ihm ins Schloss und gleichzeitig meine innere Mauer. Eine einzelne Träne rinnt über meine Wange hinab an mein Kinn und fällt so hilflos zu Boden, wie ich es gerne würde. Fallen und über all die Schuld nachdenken, die mich in diesem Fall trifft. Die Schuld, die ich ausnahmsweise nicht von meinen Schultern weisen kann. Die Schuld, die mich ganz allein trifft und mich wie ein lästiger Schatten verfolgen wird. Doch ich falle nicht. Ich stehe da, starre in den Garten und versuche meine Gedanken zu ordnen. "Ich habe versucht sie zu beschützen. Ich habe mit allen Kräften versucht, sie vor der Welt dort draußen zu schützen und ihnen das Leben zu ermöglichen, das sie verdient haben.Ohne Gewalt, ohne Ängste, ohne Hass. Doch anstatt sie vor der Welt zu beschützen hätte ich sie vor einander beschützen müssen. Vor sich selbst." Frustriert balle ich meine Hände zu Fäusten und versuche mich von den einschneidenden Gefühlen zu befreien. Selbstvorwürfe bringen einen nicht weiter. Sie schneiden bloß tiefer und tiefer in dein Herz bis du sie nie mehr besiegen kannst. "Ich weiß, was der schnellste, ungefährlichste Weg gewesen wäre und dass du sie für eine Bedrohung hältst." Ich wage es nicht mich umzudrehen. Ich würde den Anblick seiner emotionslosen Art nicht ertragen. Doch ich brauche nicht in seine Augen zu schauen um die eiskalte Aura, die ihn umgibt zu spüren. Da ist es wieder. Das Gefühl ihm völlig fremd zu sein. Nichts weiter als eine flüchtige Bekannte, die ihre Kinder unter seine Fittiche gebracht und dort zurückgelassen hat. "Vielleicht sollte ich allein mit ihnen zurückfahren. Du gehörst hierher. In dieses Rudel, in dieses Leben als Gestaltenwandler. In dieses Leben als Wolf. Du bist kein Vater und kein Ehemann, das musst du auch gar nicht sein. Wir müssen nicht dem Idealbild entsprechen, wenn wir nicht wollen. Nicht jeder findet seinen Mate, richtig?" Spannung erfüllt den Raum mit einer unerträglichen Atmosphäre. Gänsehaut erfüllt meinen Körper und ich beiße mir unbeabsichtigt meine Unterlippe blutig, während ich auf eine Reaktion von ihm warte. Diese folgt sogleich indem er mich am Arm packt und zu sich umdreht. Unverständnis blitzt in seinen Augen auf, gepaart mit einer Portion Wut, die ich in jeder Diskussion mit ihm zu spüren bekomme. "Wir hätten sie hinrichten müssen! Wenn wir es nicht tun, wird es eines Tages ein anderer, wenn sie sich bis dahin nicht gegenseitig umgebracht haben." Ein tiefes Knurren begleitet seine Stimme, während seine Hand auf meinem Nacken liegt und mich daran hindert zurückzuweichen. Seine kalten Augen schauen direkt in meine. "Ich kann keine unschuldigen Kinder töten!" Selbstgefällig leckt er sich über die Zähne, schmunzelt und seine aufgehellte Miene verfinstert sich gleich darauf noch stärker als zuvor. "Sie sind nicht unschuldig." Seine Fingernägel krallen sich in meinen Nacken, ziehen mich noch näher an ihn heran und zwingen mich zu einem Kuss, der befremdlicher nicht hätte schmecken können. "Sie können nichts für ihre Familie." Stolz darüber, dass ich mich mittlerweile ihm gegenüber behaupten kann lasse ich meine Zähne provokant aufblitzen. "Es ist ihr Blut, Heath! Sie sind zum Töten geboren wann verstehst du das endlich?!" Brüllt er mich hasserfüllt an und drückt mich gegen die Wand. Ich schnappe nach Luft, woraufhin er seine Hand von mir löst und wenige Zentimeter Abstand zwischen uns aufbringt. "Wir wissen viel zu wenig über sie, um davon ausgehen zu können, dass sie nichts als Tod und Verderben bringen!" Nun bin auch ich ins Schreien übergegangen, doch rede noch immer gegen eine stahlharte Wand. Nichts an ihm scheint sich auch nur ansatzweise für die Welpen auszusprechen. "Du bist lebensmüde, Heath! Hast du nicht gesehen, was simpler Futterneid aus ihnen macht?" Ich schweige. "Glaubst du wirklich, er hätte von ihm abgelassen?" Als ich wieder nicht antworte packt er mich wieder am Nacken und zieht fragend die Augenbrauen hoch. "Er hätte ihn in Stücke gerissen, Heath! Er hätte seinen eigenen Bruder getötet und das mit Leichtigkeit!" Ich weiche seinem zornigen Blick aus, will nichts von den Anschuldigungen hören und schon gar nicht an ihre Richtigkeit denken. Wutschnaubend legt er seine Finger um mein Kinn und zwingt mich dazu ihn anzusehen. "Heath, sie sind eine Bedrohung für jeden von uns. Du kannst einen Golden Retriever auf der Couch kuscheln, aber einen Tiger?" Verärgert knurre ich auf, erwidere jedoch nichts und stelle mit Erleichterung fest, dass er sich mittlerweile im Griff zu haben scheint und zurück tritt. "Könntest du es? Könntest du jetzt zu ihnen gehen und sie ermorden?" Brülle ich verzweifelt und erwarte die eine moralisch vertretbare Antwort, wie jeder von euch. "Ja."Jegliche Farbe weicht aus meinem Gesicht. Meine Knie werden weich und ich schaffe es gerade noch zum Bett ehe sie ihre Funktion vollständig verlieren. "Heath, lass mich erklären." Der Zorn aus seinen Augen, der Hass aus seiner Stimme nichts ist mehr zu spüren. Stattdessen fährt er mit seinen Fingern durch seine Haare, seufzt verzweifelt und sucht händeringend nach Worten, die seine Einstellung in irgendeiner weise nachvollziehbar macht. "Ich führe ein Rudel. Es ist meine Pflicht sie zu beschützen und das um jeden Preis. Wir haben die Familie der Kleinen vollkommen ausgelöscht. Wie willst du ihnen das eines Tages erklären? Sie werden es herausfinden und dann? Wie erklärst du es ihnen? Wie erklärst du ihnen, dass ihre leiblichen Eltern, ihre Geschwister und all diejenigen tot sind und nur sie ein Recht bekommen haben sich an diese Welt anzupassen?" Ich schweige, schaue ihn bloß mit leeren Augen an und versuche noch immer zu begreifen, dass er zur Ermordung zweier Kinder fähig wäre. "Du machst aus ihnen etwas, was sie nicht sind! Cash ist kein Monster, er handelt nach seinem Instinkt, seinen Prinzipien! In diesem Rudel sterben die Welpen reihenweise an Kämpfen untereinander. Du siehst in ihnen Kinder, doch sie sind keine. Sie sind nicht menschlich." Eine Träne rinnt über meine Wange. Jedes seiner Worte schneidet noch tiefer in mein Herz und dennoch lässt er nicht davon ab. "Zum Töten geboren. In all den Legenden steht es so geschrieben, oder nicht? Das haben sie alle gemeinsam. Zum Töten geboren!" Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen, während der Angriff von Cash sich vor meinem inneren Auge immer und immer wieder abspielt. "Und dennoch liebe ich sie viel mehr, als ich es sollte." Haucht er mir liebevoll ins Ohr und gibt mir einen Kuss auf die Stirn, ehe er sich neben mich aufs Bett setzt und mir eine Strähne hinters Ohr streicht. "Nur weil ich sie töten könnte bedeutet das nicht, dass ich jemals wieder eine Sekunde die Augen schließen kann ohne sie vor mir zu sehen." Seine Augen funkeln in ihrer atemberaubenden Farbe und lassen m mich ausnahmsweise einenBlick hinter die kalte Fassade werfen. "Aber wie?" Beginne ich, doch er unterbricht mich. "Weil ich es müsste um euch alle zu beschützen." Ich nicke auch wenn ich es noch immer nicht begreifen kann. Niemals könnte ich es tun. Sie töten. Allein dieser Gedanke jagt mir einen Schauer über den Rücken.
"Ich komme mit dem Blut an meinen Händen klar. Kommst du damit klar, dass er Bayans Blut eines Tages an seinen trägt?"
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The Alpha And Me -Love The Way You Lie-
WerewolfStark und furchtlos im Sturm. Der Retter in der Flut. Ein Held. Doch die Rolle des Helden ist viel mehr als das Retten von den vermeidlich Schwachen. Was, wenn die Starken einen Helden benötigen? Nach Wochen im Koma hat sich im Rudel viel getan und...