Chapter 71

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Joshua POV

Ich winke den Plagegeistern nach, bevor sie endgültig hinter den Dünen verschwinden und sich auf den direkten Weg zum Minigolfplatz machen. Es ist das erste Mal, dass Milow und Milan mit ihnen allein sind und ich habe kein gutes Gefühl dabei. Sie sind doch selbst nicht einmal erwachsen und haben auch keinerlei Interesse daran, sich verantwortungsvoll zu verhalten. Doch wer fragt schon mich, wenn es um elementare Entscheidungen geht, die vielleicht katastrophale Konsequenzen zur Folge haben? Richtig, niemand. Ethan folgt stur der Philosophie, man könne nur Fortschritte machen, wenn einem das Vertrauen geschenkt wird. Ansich halte ich diesen Ansatz nicht als grundsätzlich falsch, aber niemand hat dabei Luciferwölfe in Betracht gezogen. Im Gegenteil, es wurde von normalen Menschen gesprochen und nicht von Wesen, dessen Existenz mir bis vor wenigen Monaten nicht einmal bekannt gewesen ist. Aber was soll schon passieren? Außer, dass Cash sich in einem Mitarbeiter verbeißt, weil er wieder seine fünf Minuten hat und völlig frei dreht. Ist ja nichts bei. Seufzend drehe ich mich um und betrete das Wohnzimmer, in dem die anderen sitzen und mich ebenfalls darum bitten, mich ihrem Gespräch anzuschließen. "Der vorige Abend hat derart Unruhe in das Rudel gebracht, dass ich es als nötig erachte neue Spielregeln aufzustellen." Missmutig lasse ich mich in den Sessel sinken und verschränke die Arme vor der Brust. Ausnahmsweise vermisse ich Zack und seine ganz spezielle Art von Führung. Als er dieses Rudel noch aktiv geführt hat, gab es mindestens einmal die Woche eine Hetzjagd oder einen nervenaufreibenden Kampf. Es wurde nie langweilig. Im Gegenteil. Nicht selten habe ich mit Jayden darum gewettet, wann die nächste Auseinandersetzung stattfindet und wer diese führen wird. Seit Ethan die Rolle des Alpha vertritt herrscht gähnende Leere und ich frage mich, wer ihn als rechtmäßigen Nachfolger ausgewählt hat. Wir haben kein einziges Mal darüber gesprochen, wer in Zacharys Fußstapfen tritt. Ich schmunzle bei dem Gedanken daran, wie er ausflippen würde, wenn ich sein Rudel in seiner Abwesenheit führe. Spätestens dann zieht er mir definitiv das Fell über die Ohren und reißt mir die Organe eigenhändig aus dem Leib. Ein amüsierender Gedanke, wie ich finde. "Wir wissen nicht, ob es sich um Hybriden handelt und was ihre Anwesenheit für uns bedeutet. Bis wir das in Erfahrung gebracht haben, sind einzelgängerische Ausflüge untersagt." Ich reiße die Augen auf und fixiere Ethan gleich darauf knurrend. Jayden tut es mir gleich und ich freue mich innerlich wie ein kleines Kind über seine Unterstützung. "Wir können keine weiteren Unruhen riskieren, solange wir nicht wissen wann Heather.." Ich unterbreche den Schwarzhaarigen mit einem höhnischen Lächeln auf den Lippen, welches er mit einem verärgerten Knurren kommentiert. "Hör doch endlich damit auf, das Unmögliche zu hoffen. Er wird sie nicht freiwillig gehen lassen. Also worauf warten wir? Anstatt hier lächerliche Regeln aufzustellen könnten wir längst einen Plan schmieden, wie wir sie schnellstmöglich finden." Cody kaut konzentriert auf seiner Unterlippe herum, während er mich prüfend mustert und in seinen Gedanken versunken zu sein scheint. Natürlich hat er nichts zu ergänzen. Cody hat sich seit Monaten nicht mehr freiwillig zu Wort gemeldet. Seit Zachary ihn in Stücke riss, weil der Rotschopf von Heather geschwärmt hat, ist dieser scheu wie ein Reh. Kein Wunder, dass er also auch jetzt nicht spricht. Sicherlich befürchtet er, wir könnten ihn verraten, wenn er sich für meine Idee ausspricht. Diese Sorge ist nicht ganz unberechtigt. Ich würde definitiv Gefallen daran finden, ihm dabei zuzusehen wie er winselnd vor Zachary in die Knie geht. "Wir müssen ihre Entscheidung respektieren und unsere Aufgabe erfüllen. Cash und Bayan brauchen.." Wieder wird Ethan unterbrochen, doch dieses Mal von der Haustür, die aufgeschwungen wird.


"Sie benötigen Heathers Blut, richtig erkannt Sherlock." Wirft Jess in den Raum und läuft rot an, als sie bemerkt wie viele Augenpaare nun auf ihr liegen. Sie scheint nicht gut genug gelauscht und demnach nicht mit so viel Andrang gerechnet zu haben. Amüsant. "Was in Gottes Namen tust du hier?" Fragt Jayden entsetzt und scheint nicht gerade erfreut über ihre Anwesenheit zu sein. Kein Wunder, sie hat ihn nicht selten angebaggert und sich derart extrem an ihn rangeschmissen, dass selbst ich irgendwann die Lust daran verloren habe das Spektakel zu beobachten. Kaum zu glauben, dass sie mit Heather verwandt ist. "Ich an deiner Stelle würde Gott aus dem Spiel lassen, wenn wir über die Boten des Teufels sprechen, Schätzchen." Sie zwinkert ihm zu und ich wackle anzüglich mit den Augenbrauen, woraufhin er mir einen finsteren Blick zuwirft. "Jess ist Heathers Cousine und scheint informierter zu sein, als ich dachte." Erkläre ich Cody und Ethan, die nur mit offenen Mündern da sitzen und die Welt nicht mehr verstehen. "Das ist schließlich meine Aufgabe als Frau, Joshi. Was meinst du, was ich alles über dich bereits in Erfahrung gebracht habe." Wieder zwinkert sie, um ihre freche Art zu unterstreichen und ich verdrehe bloß genervt die Augen. Das ist der Grund, weshalb ich dieses Mädchen keine Sekunde vermisst habe. Sie drängt sich immer in den Mittelpunkt und ist dauerhaft nervig. Es gibt keinen Moment, wo sie nicht ihre piepsige Stimme erhebt um mir auf die Nerven zu gehen. "Da ich keine Ahnung habe über was ihr gerade debattiert, es mir aber auch ziemlich egal ist und die Zeit drängt fasse ich euch meine Berichterstattung zusammen. Jemand dagegen?" Ich mache es mir gemütlich und erwarte einen stundenlangen Bericht über belanglosen Mist, wie es bei ihr sonst der Fall ist. Was soll ich auch sonst tun? Ich habe sowieso nichts gescheites zu tun. "Da meine liebenswerte Cousine mich mit gebrochenem Herzen angerufen hat, habe ich mit interessanten Informationen als Ausgangspunkt die weiseste Frau meines Rudels um Rat gefragt. Meine Omimi." Ich schmunzle amüsiert. Warum ist eigentlich jeder der Annahme, nur weil Menschen alt sind, seien sie weise? Ich habe da ja andere Kriterien, aber gut. Mich fragt ja niemand, wie schon erwähnt. "Sie hat damals einem Rudel angehört, das über mehrere Länder hinweg verstreut lebte und hörte Gerüchte über Hybridnachkommen. Diese sind, rein biologisch, nicht lebensfähig und demnach hat keiner diesen Gerüchten Glauben geschenkt. Hohe wölfische Prozente entstehen einzig und allein durch die Verpaarung von dem Wildtier Wolf und einem Gestaltwandler. Zumindest dachte man das. Zacharys Vater jedoch war ein Luciferwolf und paarte sich mit einer Gestaltwandlerin, welche zwei Söhne zur Welt brachte. Sie haben einen fast identischen Prozenanteil vom Wolf im Blut, gepaart mit dem Verlangen zu morden, wie es eure Welpen haben. Das hat zur Folge, dass gerade diese eigentlich nicht existente Form unberechenbar ist. Es gibt gerade einmal eine handvoll Berichte über Hybriden und diese wurden alle vor ihrem zehnten Lebensjahr getötet." Sie macht eine Pause und nippt an dem Glas Wasser, das eigentlich für Cody bestimmt ist, ehe sie weiter spricht. "Problematisch ist diese Hybridisierung deshalb, weil sie ständig zwischen drei Welten leben. Die des Wolfes, des Menschen und des Teufels. Anzunehmen ist also auch, dass Zachary dasselbe Verlangen nach Blut und dem Töten hat, wie es die Welpen haben. Man kann sogar davon ausgehen, dass er in ähnliche Rauschzustände fällt." Wieder nippt sie an dem Glas und sieht uns dieses Mal nacheinander an, als wolle sie prüfen, ob wir ihren Worten noch folgen. "Sein Vater hatte keinerlei dieser Eigenschaften. Er war eine Art unsichtbarer Träger dieses Ergbuts ohne jegliche Symptome. Nachdem seine Söhne Nachkommen des Rudels ermordet, ausgeweidet und gefressen haben wendete er sich an sein ehemaliges Rudel, welches als einzige Lösung die Ermordung der Hybriden vorgesehen hat. Sein Vater stimmte diesem Vorhaben nicht zu, wurde jedoch eines Nachts überfallen, wobei das gesamte Rudel ausgerottet wurde. Naja, alle außer Zachary anscheinend." Die Luft weicht aus meinen Atemwegen, während ich gebannt ihren doch nicht so belanglosen Worten folge und damit beginne, eins und eins zusammenzuzählen. "Ob es notwendig war sie zu töten weiß niemand. Allerdings gilt es als beinahe unmöglich sich dauerhaft in drei Welten zu bewegen und diese gleichermaßen kontrollieren zu können. Seine Genetik ist vielleicht auch der Grund dafür, weshalb er so besessen von Heather ist. Ich habe nicht herausfinden können, warum ausgerechnet ihr Blut so begehrenswert ist, aber das Rudel von Cash und Bayan hat sich ja auch nach ihr verzehrt. Es liegt also nahe, dass er ähnliches Verlangen hegt und ihren Besitz mit allen Mitteln einfordern wird." Wieder hält sie inne und prüft unsere Aufmerksamkeit, woraufhin ich antwortend nicke und allmählich überfordert mit all diesen Informationen bin. "Ihr Besitz ist wohl auch der Grund dafür, dass er sie so weit von uns weggebracht hat. Die einzige Frage ist, wie stark sein menschlicher Teil an Einfluss gewinnt, um sein Verlangen zu bezwingen. Schafft er es nicht, wird er sie womöglich eines Tages töten, um an ihr Blut zu gelangen und ihren Besitz nicht an jemand anderen abtreten zu müssen. Es ist also nicht so einfach, sie wieder zurückzuholen." Ihr weicht die Farbe aus dem Gesicht und sie schaut bedrückt zu Boden, um ihre Emotionen zu bändigen und diese Erkenntnis nicht zu nahe an sich heran zu lassen. "Woher weißt du das alles? Von deiner Omi?" Fragt Ethan entsetzt und Jess schüttelt schief grinsend den Kopf, ehe sie sich umdreht und aufgeregt mit den Händen fuchtelt. "Ich habe mich mit Logan, Koda und Shannon intensiv zusammen gesetzt. Eigentlich wollte ich Heather von all dem erzählen, aber ich erreiche sie nicht über ihr Handy." Ich lege neugierig den Kopf schief, als die drei genannten Personen das Wohnzimmer betreten und vor allem Koda keinen positiv gestimmten Eindruck macht. Finster schaut er in die Runde und lehnt sich gegen den Türrahmen, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Shannon hingegen fuchtelt wie wild mit ihren winzigen Händen herum und Logan nickt mit Schweißperlen auf der Stirn. Ihm ist die Angst noch immer deutlich anzusehen.

"Wir brauchen einen lückenlosen, flexiblen und unüberwindbaren Plan, wenn wir sie wohlbehalten in unsere Arme schließen wollen." Erklärt Jess das einzig mögliche und ich frage mich, wer ihr den Wind aus den Segeln nimmt und beichtet, dass es noch mehr von diesen Hybriden gibt. Doch egal was auch auf uns zukommen mag. Ich werde sie holen.

The Alpha And Me -Love The Way You Lie-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt