Mit zittrigen Gliedern wage ich es einen Blick zu riskieren und bleibe erstarrt an den Körpern der beiden Jungen hängen, welche von pulsierenden Adern überzogen sind. Schweiß tropft zu Boden und lässt auf die Anstrengung schließen, denen die Zwei ausgesetzt sein müssen. Schwer atmend stehen sie mitten im Raum und starren teilnahmslos ins Leere. Etwas in mir hält mich davon ab näher an sie heranzutreten und ich höre ausnahmsweise auf meinen Instinkt und stelle meine Muttergefühle hinten an. Die Aura, die sie umgibt scheint nicht einmal an Zachary spurlos vorbei zu gehen. Er greift nach meinem Arm und hält diesen fest um mich vom Gehen abzuhalten. Dass ich ausnahmsweise verantwortungsvoll mit dem mir verfügbaren Instinkt umgehe kann er schließlich nicht wissen. Mit flachem Atem beobachte ich Bayan dabei, wie er sich prüfend begutachtet und zu verstehen versucht, was hier gerade geschehen ist. Ein neugieriges Funkeln liegt in seinen Augen, während er sich mit seinen feinmotorischen Fähigkeiten auseinandersetzt und die Funktion seiner Finger zu ergründen versucht. Als ich mich einen Schritt zur Seite bewege zuckt er zusammen und mustert uns einen Augenblick skeptisch, ehe er zu lächeln beginnt und ich ihn am liebsten sofort in meine Arme schließen würde. Abhalten von einer überschwänglichen Begrüßung tut das Blut, welches aus seinem Mund hervor tritt und über sein Kinn fließt ehe es zu Boden tropft. Ich habe mich stundenlang mit den Legenden, die sich um diese ganz besonderen Gestalten auseinandergesetzt und dennoch übertrifft es meiner Vorstellungskraft in jeglichem Sinne, dass das was seit Jahrhunderten in den Büchern geschrieben steht tatsächlich existiert. Es kostet ihnen unmengen an Kraft sich in die menschliche Gestalt zu verwandeln und das jedes einzelne Mal. Schon jetzt, nach ihrer ersten Verwandlung zerrt es an ihren Körpern. Einige Sagen berichten, dass sie an solchen Verwandlungen sterben können, sollten sie ihren Körper zu sehr strapazieren. Andere tun diese Theorie als unwahrscheinlich ab und sind sich sicher, dass sie beinahe unsterblich sind. Sie zu besiegen kostet mehr Mühe und Kraft als es ein normaler Wolf oder Mensch es jemals aufbringen könnte. Ich möchte sie nicht noch mehr überfordern und ihren Körpern keinen Stress aussetzen, weshalb ich bloß vorsichtig zu lächeln beginne und dabei ungewollter Weise eine Träne vergieße. Ist es das, was man Liebe nennt? Ist das die Liebe, vor der in all den Sagen und Legenden ausdrücklich gewarnt wird? Oder liebe nur ich ihren Anblick und ihren Charakter ganz gleich was kommen mag, weil ich für sie Muttergefühle empfinde? Fragen über Fragen kreisen in meinen Gedanken, doch nun ist nicht der richtige Zeitpunkt um sie zu beantworten. Jetzt zählt es einen neuen Abschnitt anzutreten, der mir genauso viel Angst wie auch Freude bereitet. Jetzt gehören sie vollständig dazu. Halb mensch, halb Wolf. Ganz gleich was die Legenden sagen. Für mich sind sie nicht anders, als die Wölfe, die seit Jahren bereits unter uns weilen. Sie sind wie Zachary und ich. Nicht mehr und nicht weniger Wolf. Nicht mehr und nicht weniger Mensch. Hoffe ich."Es kann tagelang dauern bis sie sich an ihre Gestalt gewöhnt haben." Erkläre ich Zachary, als ich endgültig genug von seinem prüfenden Blick habe, der Bayan und Cash unaufhörlich nieder starrt. "Bis sie sich daran gewöhnt haben und eine Gefahr darstellen meinst du wohl." Sein knurrender Unterton lässt keine Widersprüche zu. Er ist noch immer der festen Überzeugung, dass die zwei Unglück und Verderben bedeuten. Ich habe ihn bisher nicht von dem Gegenteil überzeugen können und das werde ich wohl auch jetzt nicht, weshalb ich mich mit Belehrungen zurückhalte und genüsslich in einen Apfel beiße. Cash zuckt bei dem dabei entstehenden Knacken zusammen und blitzt mich mit panischen, aber auch vorwurfsvollen Augen an was Zachary mit einem drohenden Knurren kommentiert. Perplex beobachte ich die stille Diskussion der Beiden und versetzt Zachary einen Hieb in die Rippen, als Cash plötzlich eilig nach oben rennt und die Zimmertür hinter sich zu wirft. "Lass ihn doch erstmal ankommen und sich an alles gewöhnen." Bitte ich mehr, als dass ich es fordere und erlange damit ebenso wenig Zuspruch, wie ich es erwartet habe. Diesen Kerl muss man einfach anbrüllen. Alles andere nimmt er wahrscheinlich nicht einmal wahr. Schnaubend macht nun auch er sich aus dem Staub und ich bleibe seufzend mit Bayan zurück, welcher vom Wohnzimmer aus auf mich zu kommt und mit piepsiger Stimme um eine weitere Tasse Kakao bittet. Lächelnd nehme ich seine Tasse entgegen und bitte ihn, sich an die Kücheninsel zu setzen. "Bleiben wir jetzt Menschen?" Fragt der Blonde mich ebenso vorsichtig, wie er mich nach einer Tasse gefragt hat und ich wundere mich über seine zurückhaltende Art. Ob er genauso aufblühen wird wie in seiner wölfischen Gestalt? Ich kenne mich mit den Verhaltensweisen von dieser Art Wolf nicht aus und wie es aussieht ist auch Bayan mit seinen Genen nicht vertraut. "Ich denke, das wird sich zeigen. Ihr werdet schon bald lernen wie ihr euch verwandeln könnt, da bin ich mir sicher." Dankend nimmt Bayan den Kakao entgegen und ich setze mich gegenüber von ihm auf einen Hocker.
"Feiern wir dann noch unseren Geburtstag?" Neugierig schaut er mich an und ich räuspere mich. Diese Frage überrumpelt mich etwas, doch warum eigentlich? Nur weil ich nicht direkt damit gerechnet habe? Bayan ist gerade einmal 6 Jahre alt in Menschenjahren. Da sind Geburtstage das Highlight des Jahres, abgesehen von Weihnachten natürlich. Also stimme ich ihm zu und als er nach Cody und den anderen fragt bleibt mir die Luft weg. Niemand hat ihnen eine Wahl gelassen. Was bei einem urtypischen Hund kein Problem darstellt wirft bei einem Gestaltenwandler Fragen auf. Natürlich tut es das. Dennoch beschließe ich einen anderen Augenblick für die Beantwortung dieser vermutlich zahlreichen Fragen zu wählen und vertröste Bayan auf die nahe Zukunft. "Sie kommen sicherlich zu eurem Geburtstag, wenn ihr sie einladet." Damit gibt der Blonde sich zufrieden, trinkt seinen Kakao aus und lässt sich dann von mir ins Bett bringen.
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The Alpha And Me -Love The Way You Lie-
WerewolfStark und furchtlos im Sturm. Der Retter in der Flut. Ein Held. Doch die Rolle des Helden ist viel mehr als das Retten von den vermeidlich Schwachen. Was, wenn die Starken einen Helden benötigen? Nach Wochen im Koma hat sich im Rudel viel getan und...