Chapter 38

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Es ist noch früh am Morgen, als ich die Augen aufschlage und mich in dem Zimmer umsehe, welches noch vor wenigen Monaten meinen Feinden gehört hat. Es ist nicht unbedingt beruhigend sich ausgerechnet in diesem Haus aufzuhalten, aber ich sehe derzeit keine andere Möglichkeit um mich gleichermaßen wohnlich zu fühlen und die breit gefächerte Bibliothek zu durchstöbern. Das Wetter ist trüb und im Gegensatz zum Vortag nicht sonderlich einladend, weshalb ich mir noch einmal die Decke über den Kopf ziehe und einige Minuten die Augen schließe. Das schmerzende Pochen in meiner Brust ist noch immer da und lässt kein positives Licht auf den heutigen Tag scheinen. Im Gegenteil, ich würde mich am liebsten keinen Zentimeter aus dem Bett wagen und mich stundenlang selbst bemitleiden. Da das allerdings keine, zu realisierende, Möglichkeit ist greife ich seufzend nach meinem Handy. Kein Lebenszeichen von Zachary. Ich atme scharf ein, um mein stechendes Herz zu entlasten. Mein Verstand sagt mir, dass sein Sturkopf sich durchgesetzt hat und er mich stundenlang verflucht hat anstatt mich immer und immer wieder anzurufen. Mein Herz hingegen ist felsenfest davon überzeugt, dass er keine Sekunde an mich gedacht oder mich gar vermisst hat. Ich bin ihm vollkommen egal, brüllt es mich immer und immer wieder an bis ich es nicht mehr ertragen kann und mich dazu entschließe zu duschen. Cash und Bayan sind sogar hier oben beim Toben im Wohnzimmer zu hören, weshalb ich mir ausnahmsweise viel Zeit für meine Morgenroutine lasse. Zuhause würden die Zwei Blödsinn anstellen und sich entweder lautstark streiten oder zusammen einen Plan ausarbeiten, um die Fernbedienung zu finden, die ich jeden Tag in ein neues Versteck verfrachte. Ich habe schon darüber nachgedacht sie in einen Safe einzuschließen. Jegliche Schlösser haben die Zwei nämlich bereits mühelos geknackt und einen Zahlencode einstellen, um ihnen den Zugriff auf den Fernseher zu verwehren selbst wenn sie an die Fernbedienung kommen hat Zachary rigoros abgelehnt. Wenn sie vor der Glotze sitzen, sind sie wenigstens ruhig und wir haben Zeit für andere, viel wichtigere Dinge, hat er mir zugeflüstert, während er Küsse auf meinem Hals verteilt hat in der Hoffnung mich von einer unausweichlichen Lösung abzubringen. Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf das hinab prasselnde Wasser um diese Erinnerung aus meinen Gedanken zu verbannen. Ich darf nicht an ihn denken. Nicht nachdem er.. Ich wage es nicht daran zu denken, was für grausame Absichten er nach all der Zeit noch immer verfolgt hat. Ich habe fest daran geglaubt, er würde allmählich in die Rolle des Vaters hinein wachsen und sich damit revanchieren. Anscheinend habe ich mich gründlich getäuscht.

„Achtung, fertig, los!" Höre ich Joshua euphorisch rufen noch bevor ich die Treppe erreicht habe. Ein Lächeln ziert meine Lippen als ich mich, unten angekommen, gegen das Treppengeländer lehne und die Kleinen gemeinsam mit Joshua beim Der Boden ist Lava spielen beobachte. Seit wann zeigt Joshua solch ein ausgeprägtes Interesse an den Beiden? Ich habe zwar mitbekommen, dass er sich mit Cash von Beginn an duelliert und sich lachend auf jegliche Raufereien eingelassen hat, aber das entspricht auch seinen persönlichen Interessen. Der Boden ist Lava scheint wohl ebenfalls in sein Interessengebiet zu fallen. Anders kann ich mir diesen morgendlichen Exkurs in die Kindheit zumindest nicht begründen. Ich gehe in die Küche, an dessen Insel Jayden samt Kakao sitzt und verschlafen ins Leere starrt. „Guten Morgen, Schlafmütze." Necke ich ihn und beschließe mir ebenfalls einen heißen Kakao zu machen. Der Dunkelhaarige nickt, macht allerdings keine Anstalten ein morgendliches Gespräch zu eröffnen. Im Gegenteil, er trinkt seinen Kakao hastig aus und verschwindet aus der Küche noch bevor ich mich für ein passendes Thema am Morgen entschieden habe. Was ist nur los mit ihm? Seine abweisende Haltung mir gegenüber war in keinem Augenblick so intensiv, wie jetzt. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich samt Kakao nach draußen begebe um der Ursache auf den Grund zu gehen. Ich finde ihn am Felsvorsprung welcher bereits Schauplatz für unzählige Gespräche gewesen sein muss. Es ist einfach atemberaubend schön von hier oben hinab auf das Meer und den dazugehörigen Strand zu sehen. Bevor ich wieder in Selbstmitleid versinke und an all die Momente mit Zachary denke an die mich der Strand erinnert widme ich mich Jayden, der mich noch immer keines Blickes würdigt. „Du musst nicht hier bleiben. Ich zwinge dich nicht dazu mein verkorkstes Leben zu begleiten. Ich hoffe, das weißt du." Er schaut auf das Meer hinaus und ich nippe an meinem Kakao, um nicht vollkommen verloren zu wirken. „Wie kommst du darauf, dass dein Leben verkorkst ist?" Ich ziehe eine Augenbraue hoch und überlege einen Moment, ob diese Aussage sarkastische Züge in sich trägt. „Nichts an dir ist verkorkst. Das Leben ist eben manchmal schmerzhaft und demütigend, so ist das nun mal." Noch immer schaut er mich nicht an und wirkt dennoch so arrogant in seiner Art, dass ich die Lust verliere mich mit ihm auseinanderzusetzen. „Es wäre einfacher, wenn wir zusammenhalten würden. Wenn ich auf dich zählen könnte." Knurre ich verärgert und nippe gerade an meinem Kakao, als er sich zu mir umdreht und mit lodernden Augen einschüchtert. „Habe ich mich jemals gegen dich gewandt?" Mir bleibt die Luft weg. Zugegeben, ich habe nicht damit gerechnet, dass er sich auf ein vernünftiges Gespräch einlässt und schon gar nicht damit, dass er mich so anfährt. „I..ich..also ich.." Stottere ich, überfordert mit seiner plötzlichen Wut. „Du weißt es nicht. Natürlich nicht. Du lebst in deiner perfekten, kleinen Welt und hast keine Ahnung, wie es ist dort draußen zu leben. Außerhalb dieser winzigen Blase, in der du dich befindest." Ich schnaube. Was fällt ihm ein mich so anzukeifen? Ich habe mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass er so schlecht von mir denkt. Ich und eine perfekte Welt? Das wüsste ich aber. „Was ist denn los mit dir? Jeder von uns hat sein Päckchen mit sich zu tragen, da nehme ich mich nicht aus!" Herrsche ich ihn an und fuchtle mit den Händen herum, sodass ich meinen Kakao verschütte. „Du weißt doch genau, wie es enden wird. Tief im Innern weißt du, dass es ein Happy End geben wird. Du wirst ihm seine unaussprechlichen Absichten verzeihen und mit ihm bis ans Lebensende glücklich werden, oder etwa nicht?" Seine finstere Miene starrt auf mich herab, während ich versuche zu begreifen, was das eigentliche Problem darstellt. „Nein, das werde ich nicht." Bringe ich gerade einmal heraus, da unterbricht mich sein höhnisches Lachen. „Sag sowas nicht, Heather. Wir alle wissen, dass du ihm alles verzeihen würdest. Ganz gleich, wie grausam es auch ist." Ich verdrehe die Augen. Ein neuer Punkt auf meiner Hassliste, urteilende Rudelmitglieder. „Was ist das eigentliche Problem, Jayden? Dass ich mich auf ihn eingelassen habe, obwohl er euch zugrunde gerichtet hat, wann immer es ihm lieb war?" Knurrend fährt er sich durch die Haare. Wann habe ich ihn das letzte Mal so wütend erlebt? Habe ich ihm überhaupt schon einmal in solch einem Moment gegenüber gestanden? „Was das Problem ist? Ich habe es satt mitanzusehen, dass du ihm so bedingungslos verfällst, obwohl er diese eine simple Aufgabe und zwar dich zu beschützen und vor dem Bösen dieser Welt zu wahren komplett in den Sand gesetzt hat! Egal was er tut, du schaust ihn noch immer an als sei er ein Held. Weißt du was das Problem ist? Dass es zwei Formen von Helden gibt. Er ist der Antiheld, der dich auf kurz oder lang zerstören wird, während der wahre Held nicht einmal in deinem Sichtfeld existiert!" Mir fehlen die Worte, weshalb ich bloß mit offenem Mund dastehe und ihn anstarre. „Es geht im Leben nicht darum, was man braucht. Es geht darum, was man will. Ganz gleich was das für einen bedeutet." Seine Stimme bricht, während die Fassade noch immer steht und so finster auf mich hinab schaut, dass ich es nicht wage etwas zu erwidern. „Der Held wird benötigt um dem Antihelden standzuhalten. Für nichts weiter ist er zu gebrauchen." Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe herum. Es geht alles viel zu schnell, um zu begreifen und gleichzeitig das Richtige zu erwidern. Auffordernd schaut Jayden mich an, gewillt auf ihn einzugehen und zu beweisen, dass ich ihn versuche zu verstehen suche ich händeringend nach Worten. „Aber ich brauche dich, für immer. Nicht nur für .. ihn." Flüstere ich, doch der Ausdruck in seinen Augen wandelt sich von Dunkelheit in Leere. Die Leere, die ich einst bei Logan habe ertragen müssen. „Und genau das ist das Problem." Seufzt er, wendet sich von mir ab und lässt mich stehen.

The Alpha And Me -Love The Way You Lie-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt