Kapitel 46

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Der Verrat brennt wie Feuer in meinem Herzen und versengt es.

Zurück bleibt ein klaffendes Loch in meinem Brustkorb.

Am liebsten würde ich meine Gefühle in die Welt hinausschreien, doch ich bleibe stumm.

Meine Schultern beben vor Zorn und ich beschleunige meine Schritte um so schnell wie nur möglich mehr Distanz zwischen mich und meinen Seelenverwandten zu bringen.

Ich renne so schnell, dass meine Muskeln anfangen zu brennen und ich schon fast das Gefühl habe, ich würde fliegen.

Tränen laufen ununterbrochen meine Wangen hinunter, Zeichen für meine Schwäche und Naivität.

Wütend wische ich mir mit dem Handrücken das Gesicht trocken.

Wie konnte ich nur so einfältig sein und denken, in Siljan könne mehr stecken, als auf den ersten Blick vermuten lässt.

Ich presse meine Lippen hart aufeinander, als mich eine erneute Welle an Übelkeit bei dem Gedanken an Siljan und Christin zu überrollen droht.

Meine wölfische Seite will immernoch nichts lieber, als umzukehren und den beiden die Hölle heiß zu machen.

Sie befindet sich so dicht an der Oberfläche, dass ich förmlich spüren kann, wie meine Augenfarbe in ein leuchtendes rot übergeht.

Ein animalisches Knurren verlässt meinen Mund und ich widerstehe diesem inneren Drang nur mit großer Beherrschung.

Meine Füße trommeln auf das steinige Ufer des Fjords, als ich dem Verlauf des Meeresarms weiter in Richtung Norden folge.

Erst als das Gefühl meiner brennenden Lunge dem Schmerz in meinem Herzen Konkurrenz macht, kehre ich in die Siedlung zurück.

Vor der Tür des roten Holzhauses, das in der letzten Zeit zu einer Art Zuhause für mich geworden ist, wartet Njal auf mich.

Als er mich kommen sieht, stößt er sich von der Wand in seinem Rücken ab und kommt mir mit langen Schritten entgegen.

Da ich momentan nicht unbedingt in Stimmung bin mit ihm zu reden, versuche ich mich an ihm vorbei zu drängen.

Sehr zu meinem Ärgernis bleibt dieses Unterfangen jedoch erfolglos, da der Brünette mich an der Schulter festhält und mich somit zum stehenbleiben zwingt.

„Was willst du?“, fahre ich ihn schlecht gelaunt an und winde mich unter seinem Griff.

Njal kommentiert meine Gemütslage nur mit einer hochgezogenen Augenbraue, ehe er sich zu mir hinunter beugt und in mein Ohr raunt, „wir müssen es heute machen“.

„Ich verstehe nicht worauf du hinaus willst“, blaffe ich verwirrt und will mich schon von ihm distanzieren, als der Brünette seine Finger fester in meine Schulter gräbt.

„ Lass deine Attitude an jemand anderem aus, die Sache ist ernst“, entgegnet mir Njal leise knurrend.

„Es sei denn, dir liegt doch nicht so viel an deinem besten Freund wie ich immer dachte?“, fügt er nüchtern hinzu und lässt meine Schulter los.

„Was ist mit Arn?“, frage ich sofort und werde hellhörig, da seine Worte mir einen Grund zur Besorgnis liefern.

„Mit ihm ist an sich nichts, aber die anderen werden langsam unruhig, schließlich haben wir Spione hier nicht so gerne, wenn du verstehst“, erklärt mir der Dunkelhaarige leise die Situation.

„Und wenn er noch länger hier bleibt, dann ist sein Leben in ernsthafter Gefahr“, erläutert er betont distanziert die Lage, doch dennoch entgeht mir die Sorge in seiner Stimme nicht.

SaoirseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt