Kapitel 27

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Wellen der Panik breiten sich rasant in meinem Körper aus und fegen jeden klaren Gedanken aus meinen Kopf.

Es scheint ein Tornado in meinen Inneren zu wüten, der meine Gefühle untrennbar miteinander verwirbelt.

Zu der aufkeimenden Angst und Sorge mischt sich ebenfalls ein Funken Hoffnung, aber auch Wut und für einen Moment denke ich ebenfalls unterschwellig Freude zu empfinden.

Auch wenn mein Herz in der Zwischenzeit wieder seinen Betrieb aufgenommen hat,  schlägt es jedoch völlig aus dem Takt gebracht.

Außerdem droht es sich in meinem Brustkorb zu überschlagen, so überfordert scheint es mit meinen unterschiedlichen und vor allem schnell wechselnden Empfindungen zu sein.

Ich nehme nur am Rande wahr, dass ich wie ferngesteuert Lin hinterher wanke, die sich hastig auf den Weg zu dem verletzten Werwolf macht.

Auch sie scheint aufgewühlt zu sein, weswegen sie nicht weiter auf meine aktuellen Vitalzeichen achtet und somit nicht bemerkt, dass auch ich völlig neben der Spur bin.

Aufgeputscht durch einen Hormoncocktail, bestehend aus den sich ständig abwechselneden Hormonen Adrenalin, Cortisol und Serotonin, muss ich mich mehr als nur beherrschen um nicht an Lin vorbei zu sprinten und somit schneller an unserem Ziel anzukommen.

Die Anspannung nicht zu wissen, wer der Spion aus dem rivalisierenden Rudel, dem Rudel meiner Familie, ist, frisst mich auf.

Schließlich taucht in einiger Entfernung vor uns eine rot angestrichene Blockhütte auf und meine Nerven liegen bei dem Anblick des kleinen Krankenhauses erneut blank.

Mit einem mehr als flatterhaften Puls betrete ich schließlich hinter der brünetten Ärztin, das mir mittlerweile wohlbekannte Gebäude.

Meine aufgeblähten Nasenflügel nehmen sofort den charakteristischen Geruch nach Desinfektionsmittel wahr, der meine Geruchsknospen wie immer schrecklich reizt.

Neben diesem Duft steigt mir heute jedoch auch ein weiterer in die Nase.

Er ist für meine Sinne betörender und ist mit seiner metalleneren Note ebenfalls unverkennbar.

Es handelt sich um Blut und dem Geruch nach zu urteilen, um eine große Menge davon.

Mein Magen fängt im selben Moment an zu rebellieren, in dem sich ein mehr als schlechtes Gefühl, die Erkenntnis darüber wer der Werwolf ist, bleiern um mein Herz legt.

Und auch wenn ich eigentlich schon vor dem Betreten des Behandlungszimmers weiß, wer vor mir liegen wird und sich ein Teil von mir deswegen weigert weiterzugehen, so tue ich es dennoch.

Der Anblick des Werwolfes auf dem Metalltisch in der Mitte des Raumes ist bestialisch. Seine Kleidung ist zerfetzt und unter ihm hat sich eine Blutlache gebildet, die in kleinen Rinnsalen vom Tisch fließt.
Seine sonst zu einem Lächeln verzogenen Lippen sind zu einer schmalen Linie zusammengepresst und seine honigblonden Haare kleben ihm verschwitzt an der Stirn.

Nein das kann nicht sein, das darf einfach nicht sein, schießt es mir durch den Kopf und mein Verstand weigert sich die absolut klare Tatsache zu akzeptieren.

Den absolut klaren Fakt, dass es sich bei dem Schwerverletzen um meinen besten Freund handelte.

Vor mir lag Arn.

Das Gefühl von Taubheit nimmt meinen Körper von einer zur anderen Sekunde ein und meine Organe scheinen ihre Tätigkeiten aufzugeben.

Auch wenn ich eine funktionierende Lunge besaß, so war es mir in dem Moment unmöglich zu atmen.

Auch wenn ich ein funktionierendes Gehirn besaß, so konnte ich in dem Moment nicht denken.

Und auch wenn ich eigentlich ein funktionierendes Herz besitzen sollte, so war es in diesem Moment nicht da und an seiner Stelle befand sich nun ein großes, klaffendes Loch.

Schließlich ist es mein Kreislauf, der aufgrund der fehlenden Organtätigkeit in sich zusammenbricht und mir schwarze Flecken vor den Augen rumtanzen lässt.

Ich krümme mich nach vorne, versuche den auf einmal brennenden Schmerz in meinem Inneren zu ignorieren, aber es ist zu viel.

Nach Atem ringend sinke ich schließlich in mich zusammen und kann nicht mehr tun als aus aufgerissenen Augen den nun schemenhaften Umriss von Arn zu fokussieren, ehe er immer weiter gegen meinen Willen verschwimmt.

Kalter Schweiß bricht auf meiner Stirn aus und auch die Übelkeit in meine Magengegend nimmt zu.

Es ist, wie als würde sich eine zur Faust geballte Hand in sie graben.

Das Einzige was ich schließlich noch sehe ist rot, als ich kraftlos zur Seite falle und mir nichts sehnlichster wünsche, als das ich endlich aus diesem Alptraum erwache.

Doch anstelle davon aufzuwachen, schlafe ich ein.

SaoirseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt