Saoirse

Kapitel 3

Nachdem ich meinen Gedanken noch eine Weile freien Lauf gelassen habe, mache ich mich schweren Herzens wieder an den Abstieg.

Der würzige, aromatische Geruch welchen man überall im Wald nach einem Regenschauer wahrnehmen kann, ist für mich einfach unbezahlbar. Es ist wie pure Freiheit zu schnuppern.

Ein Geruchserlebnis mit welchem ich nicht oft in Kontakt komme. Denn auch wenn ich gerade hier im Wald stehe, den Duft der Freiheit in der Nase, ich bin es nicht und war es auch nie.

Einzig und alleine meine Gedanken sind frei und mein Name, Saoirse, was aus dem Irischen übersetzt so viel wie "Freiheit" bedeutet, steht mit diesem Wort und mit dem Ziehen in meiner Brust in Verbindung, denn überall liegen die wachsamen Blicke meiner Eltern und meines Bruders auf mir und scheinen mich erdrücken zu wollen.

Dieses kontrollierte Leben ist mir ein Dorn im Auge und ich habe schon im Gefühl, dass ich in nächster Zeit explodieren werde.

Ich will endlich meine Ketten sprengen und frei sein, unabhängig von allem Leben können.

Mit dem Fuß kicke ich aggressiv einen Stein in das Geäst, ehe ich den Weg zurück zu unserem Rudelhaus einschlage. Das Knacken der Äste, welches der Stein beim Aufprall erzeugt, ist Musik in meinen Ohren und sofort schiebt sich das Bild von mir ,wie ich diesem herzlosen, für mich gesichtslosen Alpha das Genick breche, in meinen Kopf.

Es wäre so leicht und im Grunde genommen würden sich meine Sorgen dann in Luft auflösen. Soweit ich weiß, ist er nämlich der einzige Nachfolger seiner Familie. Dummerweise bin ich aber nicht in der Lage ein Leben zu beenden, das war ich noch nie.

Auch wenn ich eine große Klappe habe, ungestüm und aufbrausend bin, so habe ich dennoch ein an weichen Kern. Bei meiner wölfischen Seite sieht das allerdings komplett anders aus.

Skady wäre sehr wohl in der Lage jemanden umzubringen, vor allem wenn es darum geht, jene zu beschützen die wir lieben.

Unerklärlicherweise besitze ich einen ausgeprägten Beschützer und Gerechtigkeitssinn, auch wenn ich wohl nie in eine Führungsposition aufsteigen werde, für welche diese Eigenschaften eigentlich prägend sind.

Denn auch wenn mein Bruder, der nächste Alpha, sterben würde, so würde der Anführerposten an mir vorbei gehen und sich auf unseren Beta übertragen.

Hätte ich allerdings meinen Mate schon gefunden, so sähe das ganze anders aus.
Mate ist übrigens die Kurzform von Soulmate, was übersetzt Seelenverwandte heißt.

Jeder Werwolf hat einen Seelenverwandten, einen Mate, der entweder menschlicher oder wölfischer Natur ist. Letzteres trifft in den meisten Fällen zu.

Mates sind für einander geschaffen, sie verbindet ein unfassbar starkes, emotionales Band der besonderen Art. Diese Verbundenheit lässt sich schwer in Worte fassen und auch mit dem Begriff „Liebe“ kann man sie nicht vergleichen, da sie weit über die „normale“ Liebe zu einer Person hinausreicht.

Sobald sich das Männchen auf das Weibchen geprägt hat, ist die Verbindung unumgänglich und endgültig besiegelt. Dies geschieht in Form von einem Biss in den Hals und der anschließende Vereinigung auf physischer Ebene, bzw. Sex.

Wo man bis zu diesem Zeitpunkt nur eine gewisse Anziehung zu seinem Seelenverwandten gespürt hat, so entflammen mit einem mal komplett neue Gefühle, die einen komplett für den anderen  einnehmen.

Denn eben dieser Zeitpunkt ist es, indem die beiden Teilstück einer Seele aufeinander treffen und für kurze Zeit erneut verschmelzen.

Im Grunde genommen besteht die Verbindung nämlich daraus, eine Seele, getrennt in zwei Körpern. Unsere inneren Wölfe repräsentieren sozusagen diese gespaltenen Teile der Seele und auch sie sind es, die Einfluss auf uns ausüben, sobald wir in der Nähe unseres  Mates sind.